RUFFIAN war eine muskulöse, große,
nahezu schwarze, hoffnungsvolle Vollblutstute. Sie gewann jedes
ihrer 10 Rennen, im
Durchschnitt mit 8 1/2 Längen, deklassierte und brach das Herz ihrer
Konkurrentinnen, brach oder egalisierte bei jedem Start den
Bahnrekord. Sie lag auf jedem Rennen immer vorn und stob der
Konkurrenz einfach davon, und es sah auch noch unglaublich
leicht aus. Viele die sie rennen sahen, sind auch heute noch
überzeugt, dass sie das schnellste Pferd in der Geschichte des
Rennsports war. Ganz sicher war sie die Vollblutstute des
Jahrhunderts -- Bis zu jenem tragischen, letzten Rennen am 6.
Juli 1975, dem Duell gegen den Kentucky Derby Sieger Hengst
FOOLISH PLEASURE, betitelt als "Great Match", "Race of the
Champions" oder gar "Battle of the Sexes". Noch auf der
Gegengeraden, nach nur 600 Metern (3 Furlongs), eine halbe Länge
in Führung liegend, brach sie sich das rechte Vorderbein. Sie
blieb auf den Beinen und ihr Jockey kämpfte um die Stute zum
Stehen zu bringen. Nach stundenlanger Not-OP wurde sie nach dem
Aufwachen aus der Narkose panisch und brach den Gips, und das
andere, gesunde Vorderbein. Die ganze amerikanische Nation
trauerte. RUFFIAN war nur drei Jahre alt.
Nein, es war nicht Pearl Habour 1941, nicht Dallas der 22.
November 1963, auch nicht 9/11, aber viele Amerikaner können
sich noch heute erinnern, was sie taten oder wo sie waren, als
sie die Nachricht im Radio hörten, dass RUFFIAN eingeschläfert
worden war. Es war die tiefste,
traurigste Stunde des Pferderennsports.
Her story is told in this
song and video by Gerry Lukacik :
"...And she showed the whole world that Girls can be
ruffians too..!"
Dass
sie nicht nur die schnellste aller Stuten war, sondern
womöglich schneller gewesen wäre als SECRETARIAT, gab
auch dessen Trainer als Möglichkeit zu -- "BIG RED", dem
Wunderpferd, dessen Triple-Crown-Sieg im Belmont Stakes 1973
über 1 1/2 Meilen mit 31 Längen Vorsprung auf den Zweiten den
noch heute stehenden Rekord von 2:24,0 (das sind 60,3 km/h
Durchschnittstempo) einhämmerte..!
Aber
es gab einen großen, wichtigen Unterschied zwischen den
beiden: SECRETARIAT war einSteher. Er,
der als Fohlen eher tolpatschig und langsam war, musste auf
seinen ersten Rennen erstmal lernen, schnell aus der Startbox zu
kommen und zu beschleunigen. War er am Laufen, war er dank
seiner Athletik und Ausdauer schier unbesiegbar. Auf den Belmont
Stakes war das deutlich zu sehen, seine
Viertelmeilen-Zwischenzeiten wurden kaum langsamer: 23,6 - 22,6
- 23,6 - 24,4 - 24,8 - 25. Aber selbst die
Ausdauer dieser "gewaltigen Maschine" war nicht
unermüdlich. Er war schließlich doch ein Pferd von dieser Welt.
Andere gewannen noch nach ihm die Triple Crown (wer kennt noch
SEATTLE SLEW?). Vermutlich hatte sich sein Rivale SHAM beim
Rennen verletzt und war deswegen auf dem letzten Drittel so
eingebrochen. RUFFIAN
dagegen, mit 510,3 kg gewichtsmäßig nur wenig leichter als
SECRETARIAT (524 kg) und deutlich schwerer als ihr
Match-Race-Rivale FOOLISH PLEASURE mit 481,3 kg hatte eine mit
Secretariat vergleichbare Figur und war noch ein Inch größer,
aber eine Sprinterin. Sie kam schnell aus der Startbox
und schüchterte ihre (meist schon körperlich viel schwächeren)
Gegnerinnen dadurch ein, dass sie sofort an die Spitze ging und
losfegte. Sie lief immer vorn und war gewöhnt, jedes andere
Pferd abzuhängen.
Der zweite Unterschied ist, dass sie auf Beinen dünn
wie Streichhölzer lief. Mit ihrer, auf kurzen Rennen auf Sprint
trainierten Muskulatur war sie gebäudemäßig ein Disaster waiting
to happen. Die gesundheitlichen Schwächen ihrer Zuchtrichtung
waren bekannt, und ihrem Trainer, Frank Whiteley, sicherlich
bewusst. Er setzte sie, wie man anerkennen muss, vorsichtig ein,
und nur gegen Stuten. Bis auf HOT N NASTY und vielleicht
COPERNICA hatte sie niemals echte Konkurrenz. Deshalb brauchte
ihr Jockey Jacinto Vásquez auch nur bei einem Rennen
die Gerte. Ihre phänomenale Performance brachte ihn natürlich
unter Druck, sie auch gegen Hengste laufen zu lassen, was er,
Whiteley, ihr erst mit 4 zumuten wollte.
Von ihren 10 Rennen war sie erst zweimal länger als 1 Meile
gelaufen. Ihr einziges Rennen über 1 1/2 Meilen lief sie am
21.06.75, kaum mehr als zwei Wochen vor dem Match Race.
Sie gewann in 2:27,8 (und damit die Filly Triple Crown), und
blieb damit 3,8 Sekunden langsamer als Secretariat zwei Jahre
zuvor in Belmont. Nicht weil sie nicht schneller konnte,
sondern weil sie nicht schneller laufen
brauchte um zu siegen. Sie war jedenfalls
taktisch klug geritten worden, und die Basis, auch längere
Distanzen zu laufen, war da.
SECRETARIAT lief zwei Saisons auf der Rennbahn, also nicht
wesentlich länger als RUFFIAN, davon aber zwölf Rennen
länger als 1 Meile. Danach wurde er in die Zucht verkauft, aber
er hätte die gesundheitliche Substanz gehabt, um länger
zu laufen. Er hätte es den guten jüngeren Hengsten, die nach ihm
kamen, sehr schwer oder fast unmöglich gemacht zu siegen.
RUFFIAN dagegen hätte auf Ausdauer trainiert werden müssen,
in der vagen Hoffnung, ihr Fundament stärker zu machen. Das
Match Race kam demzufolge zu früh für sie, und mit zu geringer
Ruhepause zu ihrem letzten, längstem Rennen.
FOOLISH
PLEASURE hatte sein letztes Rennen vor dem Match Race,
sein sechstes über mehr als eine Meile, einen Monat
vorher gelaufen, also mit ausreichender Pause. Es war Belmont
Stakes, das er knapp gegen AVATAR in 2:28,2 verlor (und
damit die Triple-Crown). D.h. er war langsamer als
RUFFIAN gelaufen, obwohl er sicher alles gegeben hatte um zu
gewinnen. Während RUFFIAN bis auf das Finish, in ihrem Renen
nicht auf Geschwindigkeit geritten worden war, sondern um die
Distanz durchzustehen. So durfte FOOLISH's Jockey Baeza wohl
annehmen, dass taktisches Reiten im Match Race für ihn nichts
bringen würde, zumal die vereinbarte Distanz nur 1 1/4 Meilen
war. Es kam also zu einem schrecklichen, entsetzlich langen
Sprint, und RUFFIAN lief im fatalen Selbstvertrauen noch nie
einen verloren zu haben.
Die erste Viertelmeile wurde tatsächlch in sehr schnellen 22,2
gelaufen, obwohl sich RUFFIAN in der Startbox hart an
der linken Schulter angeschlagen hatte, weshalb Foolish auf den
ersten Metern tatsächlich die Nase vorn hatte. Und
wahrscheinlich war genau dies der Grund für ihren
Fehltritt beim Galoppwechsel. Es waren jedenfalls bestimmt nicht
die von der Bahn auffliegenden Tauben gewesen, die hatte sie
sicher schon oft gesehen, und sie wirkten nur durch die
Perspektive des Teleobjektivs so nah. Bei dem Tempo hätte sie
sicher nicht mal vor einem Löwen auf der Bahn gescheut. Nein,
sie hetzte sich, angetrieben von Foolish Pleasure, dem ersten
wirklichen Konkurrenten, buchstäblich selbst zu Tode, und ihr
Jockey konnte nichts dagegen tun als sie laufen zu lassen. Ihr
Trainer (oder die Besitzer) hätten etwas tun können. Eine
längere Distanz z.B. - wenn sie entsprechend vorher gewusst
haben könnten(!), dass RUFFIAN die 1 1/2 Meilen gut schafft,
bzw. besser als Foolish. Eine lange Distanz hätte man taktisch,
"ruhig" angehen müssen und das Finish dann
vielleicht auf den letzten beiden Furlongs herausreiten können.
Nur wären dabei Foolish's Aussichten auf Sieg minimal gewesen,
deshalb hätten sich seine Besitzer/Trainer kaum darauf
eingelassen. Besser noch, das Match-Race ganz abzulehnen, zu
verschieben, vielleicht eine Verletzung vorzutäuschen, der Stute
einfach mehr Zeit zu lassen und sie auf Ausdauer zu trainieren.
Falls dies mit ihren streichholzdünnen Beinchen überhaupt
machbar gewesen wäre...
DAS GESCHÄFT PFERDERENNEN
Es
hat nicht sollen sein..! Und wir Menschen sind so beschaffen,
dass wir Heldengeschichten und auch vierbeinige Helden lieben,
und Rennpferdegeschichten gehören zu den besten. Aber dahinter
steckt ein Geschäft, das viele Leute beschäftigt, in dem aber
kaum einer reich wird, auch nicht Eigentümer und Trainer, nicht
einmal die Tierärzte. Tausende Rennpferde mussten mit
Verletzungen Rennen laufen, viele davon mit Medikamenten
"normalisiert", was ein unglaublicher, himmelschreiender Skandal
ist (und mir persönlich genügt um auf keine Rennbahn zu gehen
oder zu wetten). Viele sterben mit Verletzungen, aber die
allermeisten im Hintergrund und nur ganz wenige so spektakulär
und vor laufenden Cameras wie RUFFIAN - oder EIGHT BELLES (am 3.
Mai 2008 im Kentucky Derby 200 Meter nach ihrem Zieleinlauf als
Zweitplazierte).
An solch traurigen Tagen wird es für alle
deutlich: Pferderennen ist ein Geschäft, mit Pferden und
auf deren Kosten. Wäre es ein Sport, wie seine Fans es
erklären und gerne hätten, wären wissenschaftliche
Trainingsmethoden, wie in menschlichen Athletikdiszpiplinen
üblich, erfolgversprechend, lukrativ und würden deshalb
angewendet. In welchen athletischen Diszplinen haben Rekorde 50
Jahre Bestand gehabt? Und anders als beim Menschen, kann man die
Tiere ja sogar noch auf Leistungsvermögen züchten, genau
wie auf schnelles Wachstum, Fettansatz und zusätzliche Rippen
für Steaks. Und die meisten Züchter behaupten genau dies im Sinn
zu haben. Aber mit welchen Ergebnissen, wo ist der Beweis? Auf
der Rennbahn wären sie doch kinderleicht zu messen. Training
und Zucht, wo seid Ihr??
Rennen für Zweijährige sind eins der Grundübel. Und
zwar hauptsächlich, weil man Babies rennen lässt, sie deshalb kurz
sein müssen, und die Pferde hier etwas falsches lernen,
nämlich zu sprinten. Geschwindigkeit ist aber das einfachste,
was man einem Pferd beibringen kann, und das gefährlichste!
Babies lieben Geschwindigkeit! Man kann aber die Sprints nicht
beliebig verlängern, obwohl nach dieser Methodik hauptsächlich
trainiert wird, was ein weiteres Hauptübel ist. Müde Pferde auf
dem letzten Viertel der Distanz sind am gefährdetsten. Wenn die
Muskeln ermüden, bleiben allein Sehnen und Bänder um die Stöße
bei 60 km/h abzufedern.
Die bestdotierten Rennen sollten für 5-Jährige und ältere Pferde
sein!
Ich weiß, es sind nicht alle gleich. Bestimmt haben die
allermeisten Trainer auch im Galopprennsport nur das Beste für
die ihnen anvertrauten Tiere im Sinn. Auch von Frank Whiteley
nehme ich das an. Möge er im Himmel dabei zusehen, wie
Secretariat und Ruffian auf der Weide spielerisch erproben, wer
von ihnen beiden schneller ist. Mehr als in der Vergangenheit,
werden heute viele Rennpferde auch ganz normal im Gelände
geritten und dabei fit gemacht.
Wir
müssen alle unsere Pferde zu Stehern machen, nicht zu
Sprintern, damit sie lange gesund bleiben...