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Neu 8. Dezember 2024

 

Kandare verbieten im Reitsport?

Araber

Ausgangspunkt: Der Gesetzgeber (zumindest in Holland, Dänemark...) sieht aktuell (Dez. 2024) die Notwendigkeit, etwas per Verbot zu regulieren, was die nationalen Sportverbände offenbar nicht konnten oder wollten. Wie immer, wird dann über- und nicht unbedingt mit bester Sachkunde reagiert, u/o. es trifft dann die Falschen.

Notwendigkeit: Hässliche Bilder in den Medien mit zugeschnürten Mäulern und blaugequetschten Zungen im Hochleistungssport, die den Tatbestand der Tierquälerei erfüllen, aber nicht (obwohl sich die Möglichkeit böte) ad-hoc abgestellt u/o. sanktioniert werden. Sicherlich handelt es sich bei diesen Bildern um Momentaufnahmen und keine dauerhaften Zustände (da die Zungen sonst absterben würden), und die betreffenden Reiter wissen auch genau, was sie da tun (wären also nicht durch Schulungen u.dergl. davon abzubringen, sondern nur durch strengere Regeln und deren strikte Anwendung). Ihr Antrieb dabei: Sportlicher Ehrgeiz und Geld, hier stärker als die Tierliebe.

Objektiver Sachverhalt: Es ist fraglich, ob die komplizierten Zäumungen (Trense, Kandare, Sperriemen) nötig sind, um ein Pferd bei solchen Leistungen zu kontrollieren. Zunächst die Sperriemen: diese werden oft hauptsächlich eingesetzt, um ein Aufreißen des Mauls (Abwehrreflex) zu verhindern bzw. (für Beobachter, Richter...) zu kaschieren. Fragwürdig ist auch die Kombination von zwei Gebissen im (dafür schlicht zu kleinen) Pferdemaul. Im Working Equitation werden oft Kandaren ohne Sperriemen/Unterlegtrensen benutzt, aber die dort verwendeten Kandaren haben bewegliche Schenkel, womit die Pferde seitlich gestellt werden können, was mit historisch tradierten "starren" Kandaren nicht möglich ist. Die Frage ist, ob die abverlangte Führung auf 4 Zügel wirklich viel über die Fähigkeit des Reiters aussagt, wie geglaubt wird. In der klassischen Reitkunst am höchsten bewertet wurde immer die Führung "auf blanker Kandare" mit 2 Zügeln.

Wen betrifft es? Alle die kandarenartige Zäumungen benutzen (also auch die Pellhams, Snaffle with Shanks, Isländische Kandaren) insbesondere die Westernreiter, Klassische (barocke) Reitkunst, Freizeitreiter, Distanz- und Wanderreiter.

Notwendigkeit: Die Kandare ist sicherlich nicht "mißbrauchssicher", gehört nicht in Anfängerhände oder in ein nicht entsprechend vorgeschultes Pferdemaul. Notwendige Grundvoraussetzung beim Reiter ist vor allem ein zügelunabhängiger Sitz. Früher hat man die Anfänger vor der gefährlichen Wirkung abgeschreckt: Zu hart eingesetzt, könne man mit ihr den Unterkiefer brechen (Kinnkette), ähnliches wurde der Hackamore angedichtet. Viele Reiter haben aber erlebt, dass ihre Pferde die Kandaren (hauptsächlich Western- bzw. iberische Stangen) lieber nehmen, eine bessere Anlehnung und insgesamt eine entspanntere Haltung zeigen als mit Trense oder gebisslos gezäumt (was gegen Schmerzen oder Unwohlgefühle spricht), dabei vom Reiter ohne größere Zügeleinwirkung scheinbar mühelos kontrolliert werden können. Erfunden wurde die Kandare in erster Linie als Notwendigkeit die Pferde einhändig zu reiten, d.h. in erster Linie bewaffnet. Aber auch heute ist das im alltäglichen Reiten oftmals nötig, oder schlicht sicherer, etwa im Straßenverkehr, wo man oft Handzeichen geben muss, beim Reiten mit Handpferd, oder wenn der Reiter auf die Karte schauen muss.

Konsequenz: Die Kandarenzäumung ist weder "tierquälerisch" noch gesundheitsschädlich oder besonders "gefährlich" fürs Pferd, sondern ein zuverlässiges, unschädliches und dabei schonendes, minimales Mittel zum Reiten eines entsprechend ausgebildeten Pferdes, und es gibt kein anderes, das sie vollständig ersetzen kann. Daher darf sie nicht verboten werden. Vielmehr sind die Sportverbände gefordert ihre Gebissregeln gründlich zu überarbeiten, vor allem in Bezug auf kombinierte Zäumungen, und zwar sowohl die Wettbewerbe betreffend, wie das Training. Die Kombination aus Trense, Kandare und Sperriemen erscheint heute unphysiologisch und für das Pferd belastend (was auch die oftmals hohe Speichelproduktion erklärt). Es sollten daher, wie im Working Equitation, nur noch Kandaren mit beweglichen Schenkeln zugelassen werden, und zwar ohne jeden Sperriemen. Es wäre zu überlegen, in den höchstdotierten Klassen (Springen, Dressur) nur noch Prüfungen für gebisslose Zäumungen anzusetzen, ausgenommen die Geländeprüfung beim Vielseitigkeitsreiten, auch wenn oft eingewandt wird, dass eine dauerhafte "leichte" Anlehnung beim Reiten ausschliesslich auf gebissloser Zäumung kaum geschult oder erhalten werden kann.

Quelle/n:
Dänischer Tierethikrat: Empfehlungen an den Reichstag vom 05.12.2024, u.a. zum gesetzlichen Verbot von Kandaren, s.S.5 (pdf)
 
(Kopie auf taunusreiter.de)

Kandare Typ Greg Darnell (Copy)
        mit kurzen Anzügen

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