taunusreiter TAUNUSREITER
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Update 20.Feb. 2006
/ Dez. 2012

Trabtravers Photo: Sadko Solinski (gest. 21.12.2005) im Sattel

Der "richtige Sitz" im Gelände

"LEICHTER SITZ” oder AUSSITZEN ? 

Jetzt da überall in der Freizeitreiterszene über „Versammlung“ debattiert wird, wird von einigen Vertretern angeblich klassischer Schule behauptet, dass nur der ausgesessene (Voll-) Sitz pferdefreundlich sei. Nicht nur der „Leichte Sitz“ sondern alles die Hinterhand entlastende Reiten bringe das Pferd auf die Vorhand, überlaste diese und sei damit pferdequälerisch.
Steinbrecht, dem ja wohl kein Reiter absprechen will, ein Klassiker zu sein, lehrte nur leider etwas ganz anderes:
Einen Normalsitz zu Pferde, wenn man darunter eine auch nur für die Mehrzahl der Fälle richtige Körperhaltung verstehen will, gibt es gar nicht, denn der Reiter sitzt nur dann richtig zu Pferde, wenn der (dynamische; FM) Schwerpunkt oder vielmehr die Schwerpunktlinie seines Körpers mit der seines Pferdes zusammenfällt. Nur dann ist er mit seinem Pferd in vollkommener Harmonie und gleichsam eins mit ihm geworden. Da aber der Schwerpunkt des Pferdes nach dessen verschiedener Haltung und Richtung sehr verschieden verlegt werden kann, so muß sich danach auch die Richtung des Reiters jedes Mal ändern (S.2) (...) Der verständige (...) Bereiter wird es seinem Pferd bald abfühlen, wieviel er die Hinterhand zu belasten hat, um das Gleichgewicht zu gewinnen... (S.56)“
Und Spohr schreibt in der „Logik der Reitkunst“, Teil 3, S.50: „Wesentlich ist beim Zureiten und Korrigieren des Pferdes, dass der Reiter auch durch die Art seiner Sattelbelastung alle Leistungen des Pferdes erleichtert und unterstützt. Wenn daher bei einem annähernd normal gebauten Pferde die gleichmäßige Belastung des Sitzdreiecks bei den Gängen auf gerader Linie genügt, so muß z.B. bei überbauten oder lendenschwachen Pferden das Gewicht vorwiegend auf die Spalte (Spitze des Sitzdreiecks) verlegt werden, um die Tragfähigkeit der Hinterhand und das Untersetzen der Hinterbeine zu erleichtern. (...) Daher ergibt sich dass auch beim normal gebauten Pferde ein leicht vornübergebeugter Spaltsitz dann am Platze ist, wenn es vorzugsweise im Untertreten und im Hankengebrauch geübt werden soll. Die Hankengelenke vorzugsweise oder gar von Hause aus durch starkes Niedersitzen auf die Gesäßknochen biegen zu wollen ist ein großer Fehler

Grundregeln für den „richtigen Sitz“ im Gelände

Das wichtigste (und das gilt für den Geländereiter „deutscher Schule“ unvermindert) ist somit, dass der Sitz ausbalanciert, anschmiegsam, im Gleichgewicht mit der Bewegung des Pferdes ist und dieses nicht in seinen Bewegungen stört, oder zu Widersetzlichkeiten (Kurze abgehackte Gänge, Kopfschlagen, Gehen gegen die Hand oder schlimmeres) reizt. Das klingt nach wenig, ist aber bei manchen Pferden schon gar nicht so einfach umzusetzen. Wer fordert alle Pferde, auch die „schwierigen“, von Anfang an ausgesessen zu reiten, der trifft entweder keine Unterscheidung zwischen Zielen und Mitteln, offenbart einen eklatanten Mangel an reiterlichem Feingefühl und Differenzierungsvermögen, oder war immer in der glücklichen Lage harmonisch gebaute und fehlerfreie Pferde geritten zu haben, aber keine solchen mit langen Rücken, fehlerhafter Hinterhand, überbaute Kruppen, schwache Lenden, Unterhälsen, oder auch kurzem kräftigen, sich versteifenden Rücken zu reiten. Wenn er diese nicht gar für „unreitbar“ oder zu Hundefutter erklärt hat... Aber wie heißt es so schön „Nicht der Gesunde braucht den Arzt sondern der Kranke" - oder besser ausgedrückt, fehlerhaft gebaute Pferde (von denen es viel mehr gibt) brauchen Gymnastizierung noch viel nötiger als perfekte. Diese vermag dann all die genannten Fehler zu beheben oder auszugleichen - wenn der Reiter sie erkannt hat, es versteht auf sie Rücksicht zu nehmen, sie allmählich zu bessern, und durch die Vorzüge anderer Körperteile und geistiger Eigenschaften auszugleichen. Bei Pferden deren Temperament und Leistungsbereitschaft keine Wünsche offen lassen lohnt sich mitunter oft jahrelange geduldige Arbeit in simplen Trabübungen, Biegungen, Seitengängen und Rückwärtsrichten: Das Resultat sind die oft zum Geländereiten besten und leistungsfähigsten Pferde überhaupt, von denen Steinbrecht schreibt: „Es ist ein kleineres Verdienst, ein gut gebautes junges Pferd zu einem vorzüglichen Kampagne- oder Schul-(Dressur)pferd heranzubilden, als ein schwaches, unregelmäßig geformtes, wenn auch nur bedingt (nicht fürs Dressur- sondern fürs Geländereiten), brauchbar zu machen“ (S.57)

Der Sitz: harmonisch und im Gleichgewicht

Im Unterschied dazu wurde der „Leichte Sitz“, vornübergeneigt und mit kurzen Bügeln, von Caprili erfunden um leichtgewichtigen Kavalleristen einen sicheren, schnell erlernbaren Sitz für das Springen relativ hoher Hindernisse auf großen Vollblütern beizubringen, wo das Übergewicht nach vorn unschädlich ist. Kleinere Pferde mit kräftigeren Reitern bringt dieser Sitz hoffnungslos auf die Vorhand. Allenfalls für leichtgewichtige Reiter(innen) und Distanzritte mag dieser Sitz vom Standpunkt der Pferdegesundheit akzeptierbar sein. Aber nur wenn als Korrektur ausgleichend regelmäßig Dressur geritten wird. „Leicht“ ist dieser Sitz in erster Linie nicht fürs Pferd, sondern eher für Reitanfänger, untrainierte Hintern und Oberschenkelinnenseiten. Wenn diese am nächsten Tag beim Treppensteigen gut fühlbar sind ist man zumindest nicht ganz falsch geritten. Dennoch ist der „Leichte Sitz“ nicht völlig zu verwerfen, zumindest im Galopp (ab Jagdtempo) und über Hindernisse hat er seinen Wert. Reiter die den „Leichten Sitz“ bevorzugen sind nicht ganz auf dem Holzweg, was Geschmeidigkeit betrifft: Zumindest verfügen sie soviel körperliche Gewandtheit und Sensibilität, ihrem Pferd nicht mit schwerärschigem Im-Sattel-Herumfallen wehzutun, wie man das bei Vertretern der „Aussitz-Fraktion“ leider manchmal sieht -- die auf diese Weise leider nie ein Pferd zur „Versammlung“ bringen werden. Weil es die ohne Gelöstheit des Pferdes nämlich nie geben könnte, und um ihr Pferd zu lösen müssten sie erst mal lernen dezent mit ihrem Gewicht umzugehen.

Was folgt aus dem gesagten für den „normalen“ Sitz des Geländereiters „deutscher Schule“, der sein Pferd nicht in natürlichen Gängen „verbrauchen“ (?), sondern wie ein guter Reiter es anstrebt bis zum körperlich maximal möglichen ausbilden und mindestens 10-20 Jahre leistungsfähig erhalten will? Um Untersetzen und Lastaufnahme der Hinterbeine zu erleichtern, sind neben den Gewichts- die Schenkelhilfen am wichtigsten, weil durch das Zusammenziehen der Bauchmuskulatur das Vorsetzen der Hinterbeine direkt veranlasst wird. Mit den Bauchmuskeln trägt das Pferd den Reiter. Der Rücken wirkt nur passiv mit, wenn er freischwingend und losgelassen ist. Ein festgehaltener Rücken schadet nur. Er bringt das Pferd nicht vorwärts, wie man besonders beim zum ersten Mal angerittenen Pferd sehen kann, dass einen Katzenbuckel macht. Das bockende Pferd das seinen Reiter aus dem Sattel wirft, ist ein Musterbeispiel für einen „aufgewölbten Rücken“ woraus man sehen kann dass dieser nicht anstrebenswert ist.
Den besten und geschmeidigsten Sitz lernt man bekanntlich beim Reiten ohne Sattel und Bügel. Es ist der einzige bei dem der Oberkörper ungezwungen aufrecht gehalten und kein einziger Muskel bewusst angespannt, oder festgehalten, noch mit Knieschluß geritten wird (außer kurzzeitig und unterstützend: beim Landen nach Sprüngen, Vermeiden des Vorüberbeugens bei Stops, bremsenden Bergabreiten oder ähnlichem). Paraden werden durch Zurückkippen des Beckens unterstützt und nicht durch das in manch älteren Reitlehren verlangte „Kreuzanziehen“ weil das immer so beschrieben wird dass sich dabei die Wirbelsäule in einen Besenstil verwandeln muss. Das ist natürlich gar nicht anders möglich ohne Reiter wie Pferd zu verkrampfen.
Schenkelhilfen werden gegeben mit Oberschenkeln (besonders im Schritt, taktweise rechts und links mit dem Gang des Pferdes, häufig sogar unbewusst), Kniedruck, Unterschenkeln, Ferse, Sporn und Bügeltritt. Um all diese Arten von Schenkelhilfen gleich leicht geben zu können, müssen die Bügel lang geschnallt sein, wie fürs Dressurreiten, oder noch länger - aber nicht so lang dass sich die Unterschenkel unschön vom Pferd entfernen, sondern dieses „einrahmen“. Der Reiter muß sich in den Bügeln aufstellen können ohne mit dem Gesäß den Sattel bei leicht gesenkter Fersenhaltung zu verlassen.
Pferde die noch nicht perfekt durchgearbeitet sind, werden in höheren Trabtempi nicht ausgesessen sondern kontaktnah geritten: Gesäß im Sattel, Unterstützung mit Oberschenkeln und Abfedern der gröbsten Stöße mit den Fußgelenken. Die Fersen sind dabei nicht gesenkt sondern waagrecht mit den Fußspitzen zu halten, damit das ruhig gehaltene Fußgelenk federn kann und der Unterschenkel nicht versteift wird, was Schenkelhilfen unmöglich machen würde. Aus dieser Art Sitz ist, als Unterstützung zum Treiben und bei nachlassender Energie des Pferdes, sogar ein fast unsichtbares Leichttraben möglich - wie man es häufig praktiziert sieht als überdeutliches „Aufstehen und wieder Hinsetzen“ ist es als beinschädlich fürs Pferd abzulehnen.

Habe ich schon etwas über die Zügelhilfen gesagt? Richtig, sie sind in dem Zusammenhang die unwichtigsten - vor allem dienen sie nicht dazu das Pferd zu versammeln.  Die eigentlichen Manöver werden mit Schenkel- und Gewichtshilfen geritten, die Zügel geben ihm nur den Bewegungsrahmen vor. Bei entsprechend feinen Pferden kann dieser dabei sogar durchhängen, ohne jegliche Gewichtsaufnahme. Die Frage des Gebisses ist dabei ebenfalls von nachrangiger Bedeutung.

Auf diese Weise reitend sitzt man zugleich harmonisch und mit dem Pferd im Gleichgewicht, demzufolge wirklich „entlastend“ soweit das nämlich möglich ist ohne abzusteigen, hat zugleich das Pferd immer vor dem Schenkel, hält die Hinterhand zu kräftigem Untersetzen an, reitet es aktiv vorwärts, bietet einen aufrechten und zumindest optisch nicht abstoßenden Eindruck im Sattel, und vermeidet das Vor-die-Bewegung-kommen im Sitz, was der größte Reitmeister aller Zeiten, François Robichon de la Guérinière den „größten aller Fehler“ genannt hat.

Wie kann man richtig sitzen, wenn der Sattel falsch ist?

In diesem Zusammenhang stelle ich hier aus meiner Sattelsammlung denjenigen Sattel vor, der den besten und direktesten Reitsitz erlaubt. Ich mache das umso lieber, weil es den Sattel, oder solche die ihm auch nur ähnlich sind, auf dem Markt nicht mehr gibt und es keine Werbung für eine bestimmte Sattlerei ist. Er ist von ca. 1978 und war jahrelang Ligeira's Alltags- und Wettkampfsattel: Der Sattelmacher war u.a. erfolgreich beim Great American Horse Race 1976, bei dem er mit seinen 2 Pferden (1 arabischer Hengst, 1 Stute, abwechselnd geritten) auch lange an der Spitze lag. Zum Schrittreiten ist dieser Sattel nicht sonderlich bequem, aber sobald man in ihm trabt oder cantert, spürt man sofort dass diesen Sattel ein echte Geländereiter gebaut hat. Auf dem europäischen Kontinent gibt es vermutlich nicht mehr als 5 Stück dieser Sättel in der Hand alter (eventuell schon "pensionierter") Distanzreiter.

Sattel
Der Sattel hat einen ziemlich kurzen Sitz, nicht länger als nötig, ich schätze 14". Dadurch wird auch der Sattel selbst nicht länger als nötig, ca. 52,5cm (das Pferd, das ihn trägt, ist eine kurze Araberstute mit einer Rücken/Deckenlänge von 125cm). Der Sattel hat einen Semi-Quarter-Baum mit mittlerer Widerristfreiheit und leichtem (für das Pferd mit sehr geradem Rücken eher zuviel) "Schwung", sowie V-Gurtung. Man sieht den Gurtungsknoten hinten unter dem langen Strap, damit stört er nicht unterm Oberschenkel.
Der Sitz ist vorne geschlitzt und offen wie bei einem McClellan oder Malibaud Radoneé und hat hinten eine dünnere Polsterung,auf der man mit dem Steißbein sitzt. Die Stufe spürt man beim Sitzen kaum.
Das zusammen ist schon ungewöhnlich, aber nun das für den Reitsitz wichtigste: der Schwerpunkt liegt genau in der Mitte, etwa 1-2" hinter der Aufhängung der Steigbügel. Mit diesem Sattel kann man den Trab perfekt aussitzen oder auch leicht in den Bügeln stehend kontaktnah reiten. Niemand wird auf die Idee kommen in ihm leichtzutraben. Auch im Galopp/Canter ist die Schwerpunktlage besser als in jedem anderen Sattel den ich kenne.
Alle Reiter denen ich diesen Sattel gegeben habe um meine Pferde zu reiten, waren trotz anfangs großer Skepsis über die befürchtete "große Härte" des Sattels hinterher voll des Lobes über den guten Sitz und die feinen Einwirkungsmöglichkeiten aufs Pferd.
Der Sattel wird nun von mir nun neue Skirts bekommen, denn um ihn als "Museumsstück" verstauben zu lassen, müsste man erstmal einen ähnlich guten neuen finden!

Das "Anti-Beispiel" eines Distanzsattels habe ich hier:
endurance saddle
Dieser Distanz-Westernsattel einer sehr renommierten Deutschen Sattlerei, in bester Verarbeitung, handwerklich um Längen besser als mein Sattel, oder fast alles was man auf dem Markt kaufen kann. Was ist trotzdem falsch an dem Sattel?
Die Schwerpunktlage. Der tiefste Punkt "texanisch" (anstatt "altcalifornisch") ganz weit hinten, kurz vor der Cantle. Auf den ersten Blick erkennt man dass, wenn in diesem Sattel ein Reiter Platz nimmt, das Hauptgewicht weit hinten, auf den Trachten liegen wird. Obwohl die Trachten/Skirts hinten kürzer sind, ist der Sattel 7,5cm (3") länger als der oben abgebildete, weil der Sattel vorn zu lang ist und auf die Schultern drückt.
Das für den Reitsitz ungünstigste ist: Der Reiter kann keinen tiefen Sitz mit geradem Oberkörper einnehmen, sondern in diesem Sattel nicht anders als mit nach hinten rausgedrückten Gesäss, Hohlkreuz und vorgeneigten Oberkörper (also richtig schlecht distanzmässig) oder im Stuhlsitz reiten. Die Steigbügelaufhängung ist 4-6" vor dem tiefsten Sitzpunkt und somit "ewig" weit weg vorne.
Korrigieren kann man an diesem Sattel nichts, weil schon das Herz des Sattels, der Baum falsch ist.
Der hier abgebildete Sattel ist schon älter, aber die neueren von dieser Sattlerei gebauten Sättel haben immer noch dieselbe Bauweise. Wer hier einen korrekt gebauten Sattel mit tiefem Schwerpunkt sucht muss wohl zu einem "Oldtimer" Sattel greifen.
Die aus den USA kommenden, nicht maßgefertigten Distanzsättel von der Stange zeigen diesen Fehler übrigens in gleicher, häufig noch üblerer Weise!

Sättel mit nahezu idealer Schwerpunktlage sind übrigens die (von Sadko Solinski initiierten) Malibaud-Sättel. Aufgrund ihrer besonderen Kürze und Kleinheit der Auflageflächen, und Fehlen jeder Polsterung zum Pferd hin eignen sie sich nach meinen Erfahrungen nur für leichtgewichtige Reiter. Ab 75kg wird's hier kritisch.

 Interessant: Link zur Geschichte des Reitsitzes (Eberhard Hübener)

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