taunusreiter TAUNUSREITER
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Update 13. Jan. 2007
  August 2015

Piaffe

Geländereiten und Versammlung

Verschleißt „Freizeitreiten“ die Pferde?

Es mag immer noch Leute geben, die glauben, Geländereiten bedeute nur sich von einem Pferd herumtragen zu lassen. Viele Freizeitreiter haben aber, nach Jahren, in denen sie ohne jeden „dressurmässigen“ Anspruch geritten sind, gemerkt, dass Ihr Pferd immer härter und unbequemer zu reiten geworden ist. Manche haben, nachdem ihr altes Pferd in Rente ging, festgestellt, dass ihr neues, jüngeres Pferd nicht auf dieselbe Art zu reiten ist wie das alte. Andere haben an ihrem Pferd Rücken- oder Beinprobleme festgestellt, die vielleicht (oder zusätzlich zu anderen Ursachen?) auf schlechtes Reiten zurückzuführen sind. Manche haben, oder hatten im Anschluß daran ein schlechtes Gewissen, und Bedarf an reiterlicher Weiterbildung.
Vor etwa 15 Jahren kam es zu einer Gegenbewegung zur "völlig ahnungslosen" Variante des Freizeitreitens, einer Wiederentdeckung des "Schön-Reitens", der Barrockrassen und Alten Meister.
Manche sind heutzutage über das, was beim Reiten und Pferdeumgang richtig ist, gar so verunsichert, dass sie sich scheuen die Pferde überhaupt noch zu reiten, und dies schließlich ganz einstellen, was der Gesundheit des Bewegungstieres Pferdes in Verein mit insgesamt geringer Bewegung und zu reichlicher Fütterung ebenso schlecht, oder noch übler bekommt als das schlechteste gutgemeinte Reiten.
Jedenfalls, ganz vergessen waren die Alten Meister in all der Zeit nicht, und direkt ins 18. Jh. zurückzurutschen, alles was seither von Pferdeausbildern gesagt wurde, zu Pferdetypen die den heutigen oft eher entsprechen, zu ignorieren wäre vielleicht nicht ganz klug. Zumal man heute ja auch zu Physiologie des Pferdekörpers, schonendem Hufschutz und -beschlag, Sätteln u.v.m. heutzutage viel mehr weiß als ein höfischer Reitmeister des 18. Jahrhunderts. Auch Pferde von Freizeitreitern bleiben oft 10-20 Jahre gesund und reitbar, was nicht dafür spricht dass sie schlecht geritten werden - insbesondere nicht schlechter als die Pferde der Reiter vor 100 Jahren, die nur selten ein hohes Alter erreichten.

Klassisch reitende Freizeitreiter – es gab sie immer

Die FN gibt es erst seit 1968, aber Freizeitreiter, die Turnieren wenig abgewinnen konnten, aber an ihr Reiten auch einen gewissen Anspruch hatten und die Klassiker selbstverständlich kannten, hat es im deutschen Sprachgebiet immer gegeben. Und sie hatten “deutsche” Vorbilder, aus der Zeit vor dem ersten, und zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg. Sie ritten in der besten Tradition der deutschen Reitmeister - nicht die Olympiasieger, nicht die Kraftreiter, nicht die Verfechter des “German hang and bang system”, nicht der Rollkur. Freizeitreiter mit Anspruch an ihr Tun werden hier viel äußerst interessantes finden, wirken doch viele von Steinbrecht karikierte Fehler wie letzte Woche in der Reithalle bei den “Englischreitern” beobachtet. Und sogar ihm, der sich heute so modern liest, wurde vor mehr als 100 Jahren von Kritikern vorgeworfen, seine Schule hätte die Beizäumung zum wichtigsten Prinzip erhoben salonfähig gemacht. Wen würde es also wundern wenn sich dort noch viel interessanteres fände - gerade weil das von unserer “offiziellen” Reiterei in den letzten 50 Jahren nicht mehr zur Kenntnis genommen wurde. Wie auch immer! Wir haben nun wieder den Typ Reitpferd der nach Flucht und Vetreibung hinter dem eisernen Vorhang entschwand, für den die alten deutschen Meister schrieben. Machen wir uns dran ihn nach den alten Quellen auszubilden und zu reiten!

„Barockreiten“ – eine Modeerscheinung?

Dennoch ist jetzt eine Mode daraus entstanden, und ein Haufen Ausbilder, viele davon selbsternannte, beklagen mit ernster Miene den schlechten Stand der Freizeitreiterei, das "Reiten auf der Vorhand" -- für ihren Vorwand der Jagd auf Kunden oder dem Durchsetzen ihrer alleinseligmachenden Theorien, die bei näherer Beleuchtung wesentlich schlechter begründet, weniger durch lange eigene Erfahrung überzeugend, weniger durch wissenschaftliche Erklärungen erklärt und leider auch weniger frei von Werturteilen sind als manch ältere von vor 100 oder mehr Jahren! Von den unumstrittenen Meistern (Branderup, Hinrichs, Jänisch - um nur drei zu nennen) hört man dergleichen schrille Töne nicht. Sie haben das nicht nötig, und wichtigeres zu tun: zeigen, wie man’s besser macht...

Wo liegt der Schwerpunkt?

Also wozu, bitteschön, dieses neumodische Zeugs lesen, oder bei diesen Schreihälsen in die Reitstunde gehen, die nicht den Unterschied zwischen statischer (in den stark versammelten Gängen) und dynamischer Gewichtsverteilung (in schnelleren Gangarten im Gelände) begriffen haben? Steinbrecht kannte sie, deshalb schrieb er sein „Reite Dein Pferd vorwärts“... Nur weil die echten „Quellen“ zu lesen sich in der heutigen verflachten Zeit, wo man für jedes Problem und Problemchen sofort ein „Rezept“ haben möchte, am liebsten jetzt und sofort aus FB oder einer Internet-Newsgroup, sich kaum noch einer die Mühe macht?? Das ist das eigentliche Problem. Freizeitreiter die nicht völlig illiterat und geschichtslos sind schütteln über den jetzigen Boom jedenfalls verwirrt und verständnislos die Köpfe, obwohl sie „im Prinzip“ gar nicht uneinverstanden sind: Alles schon mal dagewesen!

Wie kann ein Pferd mit aufgewölbtem Rücken laufen?

Als nächstes wird dann gefordert, das Pferd müsse mit "aufgewölbten Rücken" laufen, schließlich muß es ja das Reitergewicht tragen, wozu man es natürlich, am besten mit Hilfszügel, beim Laufen in eine Art Schraubstock einspannen müsse. Immer verbunden mit der gutwirksamen Drohung "Und wenn Du nicht tust was ich Dir sage, wird Dein Pferd auf die Vorhand kommen und früher oder später lahm gehen". Dagegen hat Knebusch schon 1911 (und vor ihm, Spohr) argumentiert, dass dies in einer unnatürlich ge- und verspannten Haltung resultiere, in der sich das Pferd nur auf den Zügel läge, steif und schief werde. Plinzners Kampf mit der Schiefe hätte hauptsächlich damit zu tun gehabt dass er die Pferde stehts zusammengezogen, von vorne nach hinten und unter Spannung geritten habe. (Hätte er gesehen in welch Dauerverspannung die Pferde 100 Jahre später in Dressurprüfungen vorgestellt würden, wären ihm vielleicht die Tränen gekommen)

Versammlung – Ja, aber wie, und wozu?

Für den Geländereiter ist es daher weniger eine Frage des „ob“ als des „wie“, mit welchen Mitteln nämlich versucht wird Versammlung zu erreichen, und vielleicht besteht eher Einigkeit darüber, mit welchen Mitteln Versammlung nicht anzustreben ist, und die man – leider – bei den Modereitstilen ebenso häufig sieht wie in schlechten Dressurställen. Kein Geländereiter hat etwas gegen Versammlung einzuwenden, die aus dem Sitz heraus, nicht von vorn nach hinten geritten, das Pferd im Gleichgewicht aus der Mittel- und Hinterhand heraus, erritten werden kann -- weil sie dem freien Vorwärtsreiten keine Beschränkungen einträgt. Nur: Bis man auf diesem Wege zur Versammlung kommt, ist es mit den meisten Pferden ein ganz schönes Stück, und um sich selbst und sein Pferd auf dem Weg dahin nicht zu verkrampfen trägt der Reiter gut daran, nie zu vergessen dass alles bewusste „Streben und Wollen“ und Reiten mit den Zügeln das Ziel Versammlung in unerreichbare Ferne rückt....

Spitze der Ausbildungsskala, "Heilige Kuh" und höchster Zweck des Reitens ist nicht die Versammlung. Sie ist, wie schon General Sigmund v. Josipovich (1951) schreibt, "Mittel zum Zweck". Höchster Zweck des Geländereitens ist vielmehr, dass das Pferd eine Strecke im Gelände mit Leichtigkeit, ermüdungsfrei für sich selbst und den Reiter und ohne schädliche Auswirkungen für seine Gesundheit bewältigt, und dabei lange durchhält, wie O.D.v. Monteton fordert, "mindestens 11 Jahre gesund, leistungsfähig und voll kriegstauglich" bleibt (denn solange hatten Preußens Kavalleriepferde etatmässig bis zur Ausmusterung durchzuhalten, und selbst im Anschluß daran wollte man tunlichst keine "Ruinen" ausmustern, sondern Pferde für die sich noch solvente Käufer für eine Nachfolgenutzung fanden). Dazu kann eine korrekte, leichte, mehr mit Gesäß- und Schenkel- als mit Zügelhilfen gerittene leichte Versammlung, unter Vermeidung schädlicher Spannung, gar nicht schädlich, sondern nur fördernd und nützlich sein!

Anm.:
Ich hab es schon gehört: Eine perfekte Piaffe wie die oben gezeigte könne man mit unseren (nicht perfekt gebauten) Warmblut- oder Freizeitpferden gar nicht reiten!
Wie "praktisch", wenn man da so sicher sein kann, das erspart einem einen womöglich unerquicklich arbeitsreichen Versuch!
Nun, ganz sicher kann es in der Tat nicht
jeder. Aber es gibt welche die es können, oder zumindest gab es solche die es konnten:

Piaffe
Muß man so ein Bild (gefunden in Phillipe Karl: Irrwege der modernen Dressur - Die Suche nach einer "klassischen Alternative") eigentlich kommentieren, sieht man nicht alles auf einen Blick? Vielleicht sehen es viele, aber doch nicht alle, deswegen versuche ich's mal:
Der Reiter (Richard Wätjen) sitzt ruhig und gelassen, in schlicht idealer Haltung, tiefer Sitz, lange Bügel. Er muß, um diese schwere Übung zu reiten, nicht groß mit den Schenkeln einwirken, die deswegen ruhig an ihrem Platz liegen, und hat sichtbar wenig in der Hand. Das Pferd in idealer, hoher Aufrichtung, am Zügel, die Nase eine Spur vor der Senkrechten, das Genick ist (eben noch) der höchste Punkt. Es tritt mit soweit wie ihm das möglich ist gebeugten Hanken, ans Gebiß heran, das nicht am Boden befindliche Vorderbein hoch erhoben, das stützende nur ganz leicht zurückgestellt. Besser wäre es senkrecht, aber mehr Gewichtsübernahme der Hinterhand wäre für ein langrechteckiges Pferd wie dieses (in einem Moment fast völliger Ruhe - beim Passagieren mag es anders aussehen) schlicht unmöglich. Nicht zusammengekrochen, wird man glauben dass es (wie die Definition der Piaffe es verlangt), sobald durch den Reiter vorgelassen, mühelos in Passage-Tritten davonschweben könnte.
Zugegeben, es sieht nicht ganz so prachtvoll und mühelos aus wie bei dem Lusitanier oben -- aber es um Welten besser, zwangloser und leichter, als was man auf jedem Dressur Grand-Prix mit Sternen zu sehen bekommt..!


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