HONDA NTV Erfahrungsbericht nach 100.000km

So sieht der Motor einer Honda NTV aus:

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Viele NTV-Fahrer (vielleicht die meisten) haben ihn noch nie aufgemacht und wissen gar nicht wie der von innen ausschaut.
Aber, selbst bei einem unverwüstlichen Bike wie diesem sollte man ab und zu (so alle 50.000 km) nach dem Ventilspiel schauen.
BMW-Fahrer werden da vor Neid erblassen, außer sie fahren eine neuere Maschine mit automatischem Ventilspielausgleich.

Nur damit Ihr's wisst... Gruß Frank

NTV Joe

Erfahrungen....

Ich habe meine NTV 650 (Bj.'93) 2002 mit km-Stand 62.000 gekauft (schon länger abgemeldet gewesen), fahre sie jetzt 14 Jahre und habe knapp 100.000km zurückgelegt. Das will schon etwas heißen.
Ich fahre fast ausschließlich Landstraße, und erledige im Sommerhalbjahr damit viele Fahrten, solange das Wetter mitspielt. Außer der Wartung alle 10-15.000km und gelegentliches Putzen gibt es nichts daran zu tun. Der Motor verbraucht keinerlei Öl und es gibt keinerlei Anzeichen von beginnendem Verschleiß - für NTV's scheint das noch keine ungewöhnlich hohe KM-Leistung zu sein..
Der Verbrauch beträgt 4.76l/100km (N) bei zügiger aber nicht übertrieben schneller Fahrweise. Mit E10 Kraftstoff habe ich eigentlich gute Erfahrung gemacht, auch bei Fahrzeugen die eher selten bewegt werden gab es keine "Ablagerungen". Diese scheinen vom Ethanol eher gelöst zu werden als bei älteren Kraftstoffsorten. Die NTV verträgt bleifrei und benötigt keine Zusätze. So alt ist sie dann doch noch nicht. Sie hat keinen Kat und eine einfache kontaktlose Zündbox, an der nichts einzustellen ist. Sie "geht" (und dann zündet die Honda optimal) oder "geht nicht" (keine Defekte bei mir).
Die Kosten betragen 19 ct/km.  Pro Monat (bei einer Saisonfahrleistung von 8.000km und einer Zulassung von 7 Monaten pro Jahr) 192,- EUR. Darin sind alle Kosten enthalten einschl. Steuer, Versicherung und ein realistischer Betrag für Abschreibung. Wer damit einen Kleinwagen bewegen will, muß an allem sparen!

Reifen....

Reifen bin ich die folgenden gefahren:
1x Bridgestone BT45 (ca. 12.000km): Der für die NTV hochgelobte. Fahrverhalten ganz gut, wenn neu. Leider "Sägezahnbildung" beim Vorderreifen und nach 2/3 der Lebensdauer setzt eine starke Pendelneigung ein. Die Maschine muß dann auch in Kurven auf Kurse gezwungen werden, was sich zwar "sportlich" anfühlt, und in Arbeit ausartet, aber nicht sonderlich schnell oder sicher ist, denn mit den Avon Radial kann man völlig entspannt hinterhertouren ohne Blutdruck. Nicht billig der Reifen (270 Euro in 2003)
1x Metzeler ME33(?) (nach 5.500km vor der Zeit getauscht): Fürchterlicher Holzreifen, egal mit wieviel Luftdruck man fährt. Laut und unbequem, wie auf einem 50'er Jahre Motorrad. Nach 5.500km hinten ein Defekt (Nagel), mein einziger, wofür der Reifen aber wohl nichts konnte, der zum Austausch zwang. Zum Glück! Für die schlechte Qualität viel zu teuer (195 Euro in 2006). Nie wieder.
5x Avon Radialreifen (2x Azaro/ST45, 3x Storm). Die besten Reifen: laufruhig, schnell, komfortabel (an der Grenze zur "Behäbigkeit"), langlebig, dabei ein sehr feines Gespür für die Straße vermittelnd. Zwischen 15.000 und 17.000km gefahren. Die Preise lagen dabei immer bei rd. 240 Euro fürs Pärchen, damit waren sie günstiger als die Bridgestones, besonders je KM. Am wichtigsten aber, sie fahren bis zum letzten mm Profil genauso bequem und sicher wie zu Anfang. Die vorderen waren immer eher "fertig" wie die hinteren, verschleissen sich noch schneller, wenn zuwenig Luft drauf ist. Bei Nässe muss man mit ihnen etwas langsamer fahren (ob langsamer als mit Bridgestones, kann ich nocht sagen), ich empfand ihr leichtes Wegrutschen im Grenzbereich bei Nässe aber nie als bedrohlich sondern eher als gutmütige Warnung. Hingelegt hat es mich nie. Und bei Dauerregen lasse ich das Motorrad auch stehen und fahre PKW.
1x Avon Roadrider Nachdem es jetzt anscheinend keine Freigaben mehr für Radialreifen für die NTV mehr gibt, bin ich zu den preiswerteren Diagonalreifen zurückgekehrt. Im Vergleich zum Superbike-Radialreifen fehlt mir eine Menge Komfort und Ruhe.
Übrigens: Nachdem ich 1x mit angesehen habe, wie der Reifenmonteur an den Gabelklemmschrauben rummurkst, beschloss ich, die Räder dann nur noch selbst auszubauen und dem Reifenhändler lose mit dem PKW anzuliefern. Sonst hätte ich vermutlich die ein oder andere neue Telegabel gebraucht, oder das ein oder andere Rad verloren... :-(

Fahrverhalten....

Mit dem Fahrwerk der Maschine bin ich sehr zufrieden, selbst mit vollgeladenem Topcase beim Einkaufen im Sommer liegt die Maschine absolut sicher. Auch mit der gabelfesten Frontscheibe hat man bei 180 km/h auf der Autobahn - was ich nur alle paar Jahre einmal kurz mache "um den Motor zu prüfen" - ein absolut sicheres Gefühl. Zusammen mit dem Hepco-Becker-Träger ist sie das einzige Zubehör. Allerdings stört mich auf langen Fahrten, dass ich die Knie recht stark anwinkeln muss (bin ca. 1.80 groß). Ich habe die Sitzbank jetzt 2cm höher gepolstert und damit es etwas besser. Die NTV ist mein drittes (und bestes) Motorrad, und meine zweite Honda (nach einer Pause von 8 Jahren). Für das wenige Geld was sie gekostet hat, ist sie ein unglaublich gutes Motorrad. Die Verarbeitungsqualität ist einfach superb. Natürlich sind 57 PS heutzutage ein bißchen wenig, um moderne PKWs mit der Souveränität zu überholen, wie es ratsam ist, aber man kommt zurecht. Und sicherlich gibt es bessere zum "Kurven-Räubern". Aber sie ist auch ganz sicher keine lahme Ente, und mit ca. 200kg noch nicht zu schwer. Der Motor bietet ein vorzügliches Drehmoment, und lässt sich zwischen 2.000-5.000 U/min fast vibrationsfrei fahren (dann liegen 110km/h im V.Gang an). Auch Autobahnetappen mit 150 bis zu den genannten 180 km/h bewältigt sie lässig und ohne warm zu werden, jedoch mit "nur" 57 PS ist das nicht Domäne. Mit zwei Personen, naja, liegt sie immer noch sicher auf der Straße, spielt geduldig den Packesel, aber "motorradfahren" ist etwas anderes, jedenfalls für mich... Eine Person mit Reisegepäck "auf alte Art" (schwere Sachen in den Tankrucksack), das geht super. Zu zweit (d.h. auf zwei Maschinen) sind wir 2008 nach Nordjütland gefahren, 2 Tage jeweils für die Hin- und Rückfahrt (1100km Landstraße), mit Campingausrüstung. Und waren dabei nicht wie die Schnecken unterwegs sondern überholten täglich mindestens 50 Autos auf Landstraße.
Die Bremsen sind nicht übertrieben bissig: Die vordere einzelne Scheibe empfinde ich als gut ausreichend, denn wenn man fest zupackt, blockiert sie schon. Die hintere ist etwas zaghafter, aber im Alltagsbetrieb oder auf feuchter Straße eine gute Hilfe, oder beim faulen Dahintouren auch als Hauptbremse geeignet. Harley Davidson lehnte ja auch Vorderradbremsen in Motorrädern lange ab, wegen der Sturzgefahr auf den damalig sandigen Straßen. Viele Fahrer haben Stahlflex-Bremsleitungen nachgerüstet; ich weiß nicht wofür. Testbericht

Langlebigkeit...

Man kann sie vererben. Die NTV ist ein Muster an Langlebigkeit (Langzeitmotorrad) und sieht so gut wie nie eine Werkstatt. Deswegen hat HONDA nur 1x mit ihr Geschäft gemacht, beim Neuverkauf. Das muss Honda irgendwann gemerkt haben, und so bauen sie solche Motorräder heute nicht mehr. Niemand der sie neu gekauft hat, "braucht" in seinem Leben je noch ein neues Mopped, es sei denn, er schmeisst sie hin und beschädigt sie sehr ernsthaft. Dann wird er aber vielleicht auch selber das Motorradfahren aufgeben. Demzufolge kauft man sie gut aus Nachlässen, von Erben, die nicht zu schätzen wissen wie toll motorradfahren sein kann. Oder motorradfahren nur chic finden wenn man alle 4 Jahre eine Maschine nach der neusten "Mode" hat.
Die Langlebigkeit liegt an der sehr gelungenen, überaus ausgereiften Konstruktion (alle Teile auf Übermaß gebaut), und der effektiven Wasserkühlung (jeder luftgekühlte Motor verschleisst wesentlich stärker). Man muss schon außerordentlich lang im Stau feststecken bis der Ventilator mal angeht - ich hab das jetzt jahrelang nicht mehr erlebt. Zudem fährt man mit der NTV am bequemsten und mit bestem Drehmoment im Bereich zwischen 2.000-4.500 U/min. Ich schalte fast immer schon bei 4.000 U/min hoch. Ab 5.000 U/min fangen Vibrationen an (der 60°-Twin ist ohne Gummilagerung eingebaut und hat auch keine Ausgleichswellen). Ab 6.000 U/min wird der Ton richtig autoritär, aber weiterzudrehen bringt jetzt (außer beim Überholen) kaum noch was. Überholvorgänge mit PKWs oder Kleintransportern (sic!) die "Widerstand leisten" sind die einzige Gelegenheit wo meine NTV mal für Sekunden höhere Drehzahlen sieht.
Die aufrechte Sitzposition mit den angewinkelten Knien wird unbequem bei Geschwindigkeiten über 120km/h. Die NTV ist ein ideales, schnelles Landstraßenmotorrad. Man kann kultiviert und sehr zügig damit unterwegs sein, ohne dass es irgendwie schnell aussieht, oder sich "sportlich" anfühlt. Ich vermute mal, die meisten Besitzer fahren wie ich den Motor immer nur zu 50-60% aus. Wenn man das immer so macht, und dann noch ein Mindestmaß an Wartung nicht vergisst, dankt die Maschine das mit langer Lebensdauer.

Neuer und alter Motor
(alt links dunkler Motor, neu rechts in silber)

Die folgenden Reparaturen habe ich gemacht:

71.500 km
Luftfilter gegen K&M getauscht (Dauerluftfilter). Eigentlich ein Inspektionsposten und keine Reparatur. Als dasselbe sehe ich die Bremsbelagwechsel (unproblematisch im Doing). Ca. alle 10.000km muss man H4-Birnen tauschen, trotz des sehr großen gummigelagerten Scheinwerfers (Lichtausbeute: Gut)
98.000 km
Tank. Ein Kleintransporter schmiss mir das Motorrad um, sie fiel auf den Bordstein und schlug eine üble Knaufe in den Tank (Tank bliebt dicht). Vom Unfallgegner bezahlt. Ich suchte einen Gebrauchttank in der richtigen Farbe (R110) mit möglichst wenig Beulen (Lenkeranschlägen). Das ist echt ein Problem bei dem Motorrad, aber nur ein kosmetisches. Dafür gibt es die Tupfer-Farbstifte. Der Tank selbst ist aus dickem Blech und hält etliches aus (siehe oben).
100.000 km Lenkkopflager (Kegelrollen)
103.000 km Leerlaufschalter
124.000 km Blinkgeber (Louis-Teil, das nach 30.000km auch schon wieder unzuverlässig zu werden begann)
140.000 km
Neue Bremsscheibe vorn und hinten (hinten Gebrauchtteil mit Schwinge und Kardan, 250,-, dieser wurde "auf Lager" gelegt)
145.000 km
Neue Gabelsimmerringe: links, d.h. Bremsscheiben-Seite begann zu ölen. Hier fing das Leiden an!  2x getauscht (immer Teile aus dem freien Handel, die nach maximal 10.000km wieder undicht waren). Einmal den ganzen Gabelholm getauscht (äußerlich gutes Gebrauchtteil) der dann aber auch gleich das Ölen anfing. Jetzt habe ich Simmerringe von Honda die ich einbauen will. Eigentlich dürfte das Ganze nicht sein, denn die Gabel ist stark dimensioniert (44mm). Aber wird leider durch die einfache Bremsscheibe immer verzogen. Beim Fahren spürt man dabei nichts, und empfindet die Bremsleistung als ausreichend.
161.000 km
Austauschmotor! (150,- bei ebay Kleinanzeigen). Nach Undichtigkeit Schaltwellendichtring und Öldruckgeberanschluss brach mir bei der Montage des neuen Öldruckgeber der Gehäuseanschluss! Kann man kleben, ist aber nicht schön. Der Motor tropfte weiter, deshalb getauscht. Beim Austauschmotor waren minimale Korrekturen des Ventilspiels notwendig: beide Auslass um 0,02-0,03mm zu weit (Soll 0,20). Die vier Einlass waren im Soll (0,15). Ansonsten hat der alte Motor bis zum Schluß kein Öl verbraucht, Kolben und Welle müssten picobello sein. Desgleichen sah der Kardananschluss (Kreuzgelenk mit doppelseitiger Keilnutverzahnung) beim Motortausch sehr gut aus - es läuft nicht in Öl und ist einfach nur lose draufgesteckt, und sorgt dann für den Längenausgleich. Der Motortausch an sich ist unproblematisch, sofern das Motorrad einen Hauptständer hat. Bis auf das hohe Gewicht des Motors (ca. 65kg). Mit ausgebautem Hinterrad geht es einfacher, der Wasserkühler ist im Nu demontiert. Auspuffmontage ist etwas knifflig. Noch niemals hatte ich an einer Honda eine wirklich festsitzende oder weggegammelte Schraube.
Der Neue hat lt. Verkäufer angeblich 60.000km runter, aber wer kann das schon genau wissen. Er fährt sich wie mein alter, inklusive der typischen "Mucken" beim Schalten, sogar das Kupplungsseilspiel habe ich unverändert gelassen. Einbauen, anschließen, fährt - Honda. Ohne Drehmomentschlüssel und "Spezial"werkzeug: 8er, 10er, 12er, 14er, 27er (Hinterachsklemmutter), Kreuzschlitz, Inbus. Davon abgesehen dass er etwas besser startet, was vermutlich eher daran liegt dass ich die Vergaser äußerlich etwas gereinigt habe, da sammelt sich nämlich auch etwas Dreck an in 90.000km. Und ich hab jetzt den "silbernen" drin, den ich immer schöner fand (aber schon die richtige Version ab 1992 ohne außenliegende Ölleitungen).
 

Winterpause....

winterruhe
Wir zwei ruhen uns jetzt bis März hier aus... sonst sind wir im Taunus, Rheingau, Westerwald
und den angrenzenden Gebieten unterwegs  (vorne Andreas, Bj.'96 - hinten Franks, Bj.'93)


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