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Neu September 2013
 

Wanderreiten - Wo ist die Grenze?

Eine Pressemeldung und mein Kommentar hierzu
Tierdrama in der Haslachschlucht - Badische Zeitung Drucken
Dienstag, 13. August 2013 um 20:52

Behörde: Der genutzte Klettersteig ist für das Reiten tabu

Der Reitunfall in der Haslachschlucht, der mit dem Tod des Pferdes endete, hat für den Reiter womöglich ein Nachspiel. Er hätte dort nicht unterwegs sein dürfen, sagt das Landeswaldgesetz.

Pfad, Steg und Treppe liegen hoch über der Haslach, das Gelände fällt steil ab. Foto: Peter Stellmach

Diese Treppe hätte das Pferd hinauf sollen. Foto: Peter Stellmach

Die Warntafel für Wanderer Foto: Peter Stellmach


"Direkt an der wildromantischen Haslachschlucht, findet dort Reithungrige gute Bedingungen vor, um weitläufige Touren in der Natur zu unternehmen."
http://www.badische-zeitung.de/lenzkirch/naturgenuss-hoch-zu-ross--17473095.html

Da hat wohl einer die Presseverlautbarungen zu wörtlich genommen!

Das schlimmste, was passieren kann, ist dass man in solche Fallen unvorbereitet hineinstolpert.

Wanderreiter brauchen von Ortskundigen Reitern erstellte Hinweise, wo man noch reiten kann und wo nicht. Das heisst solchen, die öfters als 3-4 x im Jahr selbst im schwierigen Gelände mit dem Pferd unterweg sind. Es gibt Grenzsituationen, denn Pferd ist nicht gleich Pferd. Es gibt welche die klettern sehr gut, andere geraten leicht in Panik. Mit dem richtigen Beschlag kann man sehr viel machen, ich sah sogar bei einem Reiter der im alpinen Bereich reitet, extrahohe Gamaschen. Manches das bei Trockenheit machbar ist, wird bei Nässe zum unkalkulierbaren Risiko. Letztlich liegt die Verantwortung immer beim Reiter. Ich denke, das wesentliche, was hier zu tun ist, ist den entsprechenden Steig auf OPENSTREETMAP entsprechend zu markieren. Wobei ich selber schon mit meinen Pferden (400kg-Klasse) da geritten bin, bzw. sie geführt habe (und mich sicher gefühlt habe) wo wahrscheinlich 99% der Reiter die Haare zu Berge stehen. Ich habe allerdings auch schon früher von abgestürzten Pferden gehört, auf Wegen wo ich (mindestens in der Nähe) auch schon geritten bin, z.B. bei Manderscheid (Lieserpfad).

Einen "Klettersteig" sehe ich auf den Bildern - man wird ja wohl das "dramatischste" Stück aufgenommen haben - nicht, nur einen Wanderpfad mit Steg und steiler Treppe. Ich muss sagen, auf solchen Wegen auch schon geritten zu sein, oder geführt zu haben, wo sie plötzlich auftauchten, es keine Alternative gab, und vielleicht günstige Bedingungen (Trockenheit, Hufbeschlag) bestanden. Aber: "Ausgesucht" hätte ich sie mir nicht! Mit einem 600kg Warmblut kommt man hier nicht durch, soviel steht fest... aber mit einem Isländer oder Welshpony?

Es ist ein Unfall passiert, ein unnötiger. Ein schlimmer Unfall mit Todesfolge für das Pferd. Das Pferd ist nicht aufgrund des Absturzes oder tödlicher Verletzungen gestorben, sondern es war offenbar eingeklemmt und die Helfer haben sich entschieden es einzuschläfern, weil sie es nicht befreien konnten. - Auch bergwandernde Menschen stürzen manchmal tödlich ab. Dass sich Pferde diese Gefahren nicht selbst aussuchen, im Gegensatz zu Wanderern, wird oft stimmen, aber nicht immer: Ich hatte zumindest ein Pferd, dass sich sehenden Auges, mutig und selbstbewusst in Gefahr begab (und werde vermutlich nie wieder so ein gutes bekommen). Richtiger ist der Hinweis, dass man als Reiter den klügeren Kopf hat, und von diesem auch Gebrauch machen sollte. Wanderreiten ist wohl der Pferdesport mit den wenigsten Unfällen und ernsthaften Gesundheitsrisiken für das Pferd. Es ist weit schwieriger, ein zu dauerhaftem Stillstehen im Stall verurteiltes Pferd gesund zu erhalten. Bloss aufgrund dieser Bilder, nach denen ich die Situation nicht einschätzen kann, kann ich dem betreffenden Reiter keinen Leichtsinn vorwerfen. Wenn er (wie es jetzt scheint) den Einsatz von Feuerwehr und Hilfskräften zu bezahlen hat, wird er daran noch lange zahlen haben, und das ist ja vielleicht auch gut so. Die Feuerwehr befreit im übrigen auch genügend Pferde aus Gräben und Wasserläufen, über die jemand versucht hat zu springen. Da regt sich selten jemand über "Leichtsinn" auf.

Oft sind errichtete Kunstbauten an schwierigen Geländestellen eine Gefahr für die Pferde und nicht einmal wirklich eine Hilfe für Fußwanderer. Gebaut werden sie meistens von Freiwilligen der Wandervereine, Gemeinde- oder Forstarbeitern, die sich sehr wenig vorstellen können dass hier, vielleicht auch bloß 1x im Jahr, auch Reiter entlang kommen, und daher nicht wissen, oder nicht interessiert, wie man solche Bauten so gestaltet dass sie keine Gefahr für Pferde bedeuten. Nach diesen Fotos ist nicht der spektakuläre Steg, sondern die eher unauffällige Treppe die gefährlichste Stelle hier. Da muss das Pferd mit Schwung und Kraft hoch, und wenn dann ein Huf einklemmt..! Da das Pferd an dieser Stelle gestürzt ist, ist vermutlich genau das passiert. Ohne Treppe wäre bei entsprechend rutschfestem Beschlag das Pferd hier vielleicht gefahrlos hoch gekommen.

Bei Openstreetmap hat der betreffende Weg (wohl http://www.openstreetmap.org/browse/way/34127426) keine Hinweise (Tags) für Reiter. Allerdings ist er laut Karte auch nicht "alternativlos" - insofern besteht keine echte "Notwendigkeit" hier zu reiten. Ein Reiter kann sein Pferd anbinden, die schöne Stelle zu Fuß erkunden, und nachher die einfachere Alternative reiten. Das ist überhaupt das wichtigste, wenn ich das Gelände nicht kenne und es schmal und absturzgefährdet wird: Nie soweit reiten, dass man nicht mehr umkehren kann!

Vorausgesetzt, dass dies Schild überhaupt da steht (denn Wutach- und Haslach-Schlucht sind zweie, und liegen einige Kilometer auseinander):
Viele "Hinweisschilder" stehen völlig überflüssig herum und sind für Reiter nicht zu gebrauchen - weil diejenigen, die sie aufgestellt haben, entweder keine Ahnung vom Reiten hatten, oder ganz einfach Reiter von bestimmten Wegen verbannen wollen, weil sie andere Interessen wahrnehmen (Wanderverbände, Jagd...). Es stehen sogar viele Reitverbotsschilder, wo kein amtliches (rechtsgültiges) Reitverbot besteht. Deswegen kann man sie als Wanderreiter leider kaum ernst nehmen. Es ist für die Reiter eine ähnliche Situation, als wenn die Verkehrszeichen im Straßenverkehr von Leuten aufgestellt wären, die keine Ahnung vom Autofahren hätten. (Oft hat man auch hier diesen Eindruck)
Der Schilderwald nimmt durch neumodische "Erlebnispfade"/Kurzwanderwege leider noch zu, denn die privaten Firmen, die für diese Form "touristischer Erschliessung" bezahlt werden (fast immer sind die Wege schon vorher vorhanden und werden nicht neu angelegt, oft werden sie auf diese Art für Reiter oder Mountainbiker sogar unzugänglich), dokumentieren ihr Tätigwerden hauptsächlich durch das Aufstellen möglichst aufwendiger Schilder und Tafeln.
 
Ich verstehe wenn Reiter sagen: "Wo ein Weg ist, da möchte ich auch weiterkommen". Erst dann, wenn es klare Hinweise gibt, von fachkundiger Stelle "Da oben sind Kletterseile, das geht nur mit einem Esel. Ich hab's versucht, vergiss es!" dann lass ich's. Ich frage mich aber auch nicht bei "beliebigen" Reitern durch. Manche haben nämlich wirklich Pferde die 2m Wegbreite und 1 to Traglast brauchen. Meine Pferdeauswahl ist demgegenüber eine bewusst andere. Wenn ich die Pferde der anderen nicht kenne gebe ich meinerseits auch keine Ratschläge und mache mich damit mitverantwortlich. Mountainbiker haben ein System zur Klassifizierung von Schwierigkeitsgraden, so etwas bräuchten wir Reiter auch - ich hab es mal vor Jahren versucht auf meiner website
unter "Reiten im Rheingau" vorzustellen. Ich denke, es gibt nicht mehr als eine Handvoll Reiter die Auskunft darüber geben kann, welche Wege z.B. an den Hängen von Mittelrhein, Lahn- und Moselseitentälern (ein Fläche von rd. 6000 qkm, mit ca. 10-20 "kritischen" Wegstrecken) wirklich bereitbar sind und welche nicht -- um eine Gegend zu nennen wo ich häufig zu Pferd unterwegs bin (den Schwarzwald kenne ich als Reiter nicht). Es wäre auch Aufgabe der Wanderreiter-Organisationen solche Informationen verfügbar zu machen oder die Weitergabe zu koordinieren - die haben anscheinend aber alle an erster Linie Interesse dass ihre Mitgliedsbetriebe gutes Geld verdienen, gleich danach kommen publikumswirksame Aktionen für Vorstandsmitglieder, und danach kommt lange nichts.

Versuch einer Klassifizierung (Schwierigkeitsgrade von Reitpfaden)

SG
Kennzeichen im Gelände
Openstreetmap hose-tag


0
Keine Probleme
-


1
Vorsicht sowie ruhiges und geschicktes Pferd notwendig
horse=attention


2
Weg schmal und ausgesetzt, für Großpferd schwierig. Kann meist noch geritten werden.
horse=difficult


3
Weg beträchtlich schmal und ausgesetzt, auch für Kleinpferd schwierig. Üblicherweise muss am Langzügel geführt werden
horse=critical


4
Weg schwierig, verwinkelt, ausgesetzt und gefährlich. Nur unter günstigen Witterungsbedingungen und mit rutschfestem Beschlag abgesessen machbar, nur in Ausnahmefällen noch aufgesessen. Pferd braucht freien Aktionspielraum
horse=dangerous


5
Weg auch für sehr erfahrene, geschickte und mutige Pferde mit perfektem Beschlag, unter besten Bedingungen, und einer die freie Aktion nicht behindernden Führperson normalerweise unpassierbar
horse=unsuitable








(dazu gibt es Abstufungen, z.B. 3-4) nach individueller Einschätzung









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