Hessisches Waldgesetz -
Was wollen die Reiter? (FAQ)
1. Was wollen die Reiter?
Wir Geländereiter wollen weiterhin auf denselben
Wegen reiten, die wir schon jahrzehntelang legal benutzen
dürfen. Der Staat braucht für uns weder neue
Wege zu bauen, noch sonst Geld auszugeben; das brauchen
wir alles nicht! Alles was wir wollen ist, dass diese Wege
erhalten bleiben und als Biotope geschützt werden.
Hessen ist zu über 40% mit Wald bedeckt. Wir wollen
auch weiterhin über Land reiten können: Nach
Feierabend oder im Urlaub, ohne dass der Wald überall
zugesperrt oder verboten ist. Geländereiten ist eine
Form des sanften Tourismus, vielleicht die
umweltfreundlichste von allen, denn ein Auto wird nicht
benötigt. Verschlechtert man die Bedingungen
hierfür, schadet man Gasthöfen, Reitstationen
und der Landwirtschaft. Das Pferd ist nicht
Fremdkörper, sondern Teil der Natur! Dieselben Wege,
die man jetzt für Reiter sperren will, sind vor
Jahrhunderten mit Hilfe der Pferde angelegt worden. Noch
nie musste ein Weg wegen Schäden, die durch's Reiten
entstanden sind, ausgebessert werden.
Anstatt Regulierungen und Lenkungen der Erholungssuchenden
durch Verbote, brauchen wir alle mehr Toleranz und
Rücksichtnahme im Wald, dann klappt es auch mit dem
Miteinander. Auch ein noch so gut gemeintes Gesetz kann
das nicht schaffen. Regulierungen schaffen eher noch mehr
Gedränge und damit mehr Konflikte.
2. Wo genau liegt das Problem?
Es sind genau genommen drei Probleme.
Erstens werden immer mehr Waldwege als
Pisten für Forst-LKW geschottert, meist auf eine Art,
die den Weg für alle Erholungssuchenden
unattraktiv macht (Wanderer, Jogger, Radfahrer, Reiter).
Es wird dann behauptet, dies sei für die moderne
Forstwirtschaft notwendig. Das trifft aber nicht zu. Seit
ca. 30 Jahren sind die Wälder Hessens durch
Forststraßen ausreichend erschlossen. Es muss nicht
der LKW bis zu jeder Baumfällung anrücken
können.
Zweitens werden die verbleibenden
natürlichen Wege, wenn Forstbetriebe Arbeiten in den
Waldstücken beendet haben, nicht mehr in den
vorherigen, begehbaren Zustand gebracht. Häufig
werden sie auch von Jägern rechtswidrig verrammelt,
damit die sich auf dem Ansitz nicht "gestört"
fühlen (der Wald ist aber für alle da). Die
unbefestigten Waldwege werden so immer weniger.
Diese beiden Probleme haben sich seit der Zusammenlegung
und Einsparung von Forstämtern verschlimmert. Seitdem
geht es im Wald bloß noch um die Einsparung von
Arbeitskosten; die nachhaltige Waldbewirtschaftung bleibt
auf der Strecke.
Und nun sollen, drittens, (nach dem Waldgesetz-Entwurf
vom 25. Juni 2012) die noch verbleibenden Wege
gesperrt werden, es sei denn sie wären durch
normale Kleinwagen ganzjährig befahrbar. Das
ist in den Hessischen Mittelgebirgen bei 75-90% der
Waldwegen nicht der Fall. Die wenigsten sind auch nur
im Sommer und bei Trockenheit befahrbar, außer
durch Jeeps und Traktoren.
3. Warum ist der Wald gerade für
Euch Reiter so ein wichtiges Thema?
Der Wald ist für jeden wichtig, der
viel Zeit zur Erholung in ihm verbringt. Nur das, was man
kennt, kann man schützen (Horst Stern). Und was man
liebt, das will man auch schützen.
Wir Geländereiter verbringen mit unseren Pferden viel
Zeit im Wald; mehr als die meisten anderen. Das gibt uns
nicht mehr Rechte, erklärt aber unser
leidenschaftliches Engagement für das freie
Betretungsrecht des Waldes.
Den einfachen Leuten wird immer mehr weggenommen, und wir
werden immer mehr zur Kasse gebeten. Eine Menge davon
nehmen wir zähneknirschend hin, aber es gibt Grenzen:
wenn man uns und auch noch den Wald wegnehmen will, dann
ist das Maß endgültig voll! Wir haben die
Natur, und damit den Wald, nur von unseren Kindern
geborgt! Der Wald dient in erster Hinsicht der
Erholung der Menschen, und nicht dem Mammon!
4. Warum reichen Euch die anderen
(pkw-befahrbaren) Wege nicht zum Reiten aus? Ihr
dramatisiert doch das Problem!
Schotter ist ein für die Gelenke des Pferdes
gesundheitsschädlicher Bodenbelag, und zwingt
überdies zu dauerhaftem Hufbeschlag. Das wird
von den meisten Reitern und Tierärzten heutzutage
abgelehnt, wo Pferde bloß noch der Erholung dienen
und keine Nutztiere mehr sind. Pferde müssen aber
auch bewegt werden, um sie gesund zu erhalten, selbst wenn
die Reitumgebung schlecht ist. Wenn nur noch auf befestigten
Wegen geritten und Rad gefahren werden darf - davon
abgesehen dass auch von diesen die meisten
nicht "ganzjährig pkw-befahrbar" sind - wird auf
diesen ein, mit echter Erholung unvereinbares,
Gedrängel von Erholungssuchenden entstehen. Und dann
drohen erst recht Konflikte unter den Erholungssuchenden.
Reiter, Fußgänger und Radfahrer suchen sich
sich, wo sie können, in der Natur ihre bestgeeigneten
Wege selbst aus und sorgen für die notwendige
"Entmischung" ohne bürokratische Anleitung. Die
"Entmischung der Waldbesuchergruppen" ist in Hessen
längst möglich, wurde aber nur in
Einzelfällen - Frankfurter Stadtwald -
durchgeführt, weil der Nutzen in keinem
Verhältnis zum Verwaltungs- und Kostenaufwand steht:
Stichwort Schilderwald!
Bevor man etwas verbietet, muss man doch nach dem Sinn
des Verbots fragen. Das Argument des
Fußgängerschutzes taugt nicht zur Sperrung
unbefestigter Wege, weil auf unbefestigten Wegen kaum noch
Fußgänger anzutreffen sind. 99% von diesen
bevorzugen doch die ihnen bequemeren Wege mit
wassergebundener Decke. Kommt es doch einmal zu einer
Begegung, haben Reiter keine Probleme damit, den
Fußgängern Vorrang einzuräumen und
Rücksicht zu üben.
Die unbefestigten Wege sind nun einmal da -
aber sie werden bloß da bleiben, solange sie auch benutzt
werden. Sonst wachsen sie zu, der Wald holt sie sich
zurück (Sukzession). Sie sind wichtige Kleinbiotope
und auch Wildfutterquelle. Deswegen stehen an ihnen oft
auch soviele Hochsitze. Was aber nicht heisst, dass die
Jäger sie auch allein als Wege erhalten können.
Brief zur
Reiter-Demo am 1.9. an die Hessische Ministerin für
Umwelt etc., Frau Lucia Puttrich (29.8.2012)
Sehr geehrte Frau Ministerin,
ich möchte Ihnen heute mitteilen dass wir Reiter am
jetzt kommenden Samstag, den 1.9., zur Wiesbadener
Staatskanzlei geritten kommen.
Uns treibt die Sorge um das künftige Betretungsrecht
für Erholungssuchende in Hessens Wäldern
um, das nach dem Gesetzesentwurf aus Ihrem Hause (25. Juni)
auch für Reiter in sehr ungünstiger Weise
verändert werden soll. Die seither aus Ihrem Haus
gekommenen Erklärungen (FAQ und Pressemitteilungen;
Interview in CAVALLO) waren nicht geeignet
diesbezügliche Fragen und Zweifel zu zerstreuen. Meine
Mail mit entsprechenden Fragen an Herrn Neels vom 18.7.
blieb unbeantwortet.
In der Zwischenzeit hatten wir eine Online-Petition
erstellt, die über 7.000 Unterschriften erhielt.
Mittlerweile hört man, aufgrund der ziemlich laut
gewordenen Kritik, nicht nur von Radlern und Reitern,
sondern auch von Naturschützern,
Tourismusverbänden und sogar Ihres Koalitionspartners,
dass der Gesetzentwurf überarbeitet werden soll. Das
wird konterkarriert durch Äußerungen aus Ihrem
Hause und die noch immer online stehende FAQ. Hier
wäre, wenn eine Verschlechterung des Betretungsrechts
für die Waldbesucher nicht beabsichtigt wäre, ein
deutliches Zeichen durch die Ministerin vielleicht
angebracht. Der im Umlauf befindliche Gesetzentwurf spricht
leider eine deutlich andere Sprache und sieht den
Erholungssuchenden im Wald als Störfaktor.
Uns Reitern liegt besonders am Erhalt der naturbelassenen
Waldwege, und der legalen Möglichkeit auf diesen
zu reiten. Geländereiten ist ein Natursport,
der vorzugsweise mit unbeschlagenen Pferden und Ponies
ausgeübt wird, was für deren Gesundheit im
Normalfall am zuträglichsten ist. Forststraßen
werden nur dann aufgesucht wenn sich keine andere
Möglichkeit bietet. Diese Form der Erholung, oder des
Breitensports auszuüben wird immer schwieriger: Obwohl
bereits seit rund 1980 die Waldgebiete alle ausreichend mit
Forststraßen erschlossen sind, gehen die Schotterungen
von Wegen immer weiter. Die meisten Reiter müssen
deswegen heute ihre Pferde dauerhaft beschlagen wenn sie
mehrmals wöchentlich reiten. In manchen Gebieten werden
alte unbefestigte Verbindungswege durch den Wald, die seit
Jahrhunderten bestehen, von der Jagd ohne Rechtsgrundlage zu
"Wildäsungsstreifen" umgewidmet und für
Erholungssuchende verbarrikadiert. Das Desinteresse von
HessenForst an solchen Übergriffen ist häufig
erschreckend. Wir verstehen die Interessen der Jäger an
"ungestörter" Jagd, aber solche Dinge gehen zu weit.
Wenn im Wald gearbeitet worden ist, werden unbefestigte Wege
häufig verwüstet und unbetretbar
zurückgelassen: Klar, das spart Kosten fürs
Aufräumen. Aber wie will man in den Wald kommen wenn es
hier einmal brennt? Im benachbarten Rheinland-Pfalz
(Naturpark Nassau) kommen derlei Dinge nicht vor. Hier
werden die unbefestigten Waldwege von den Forstbetrieben
deutlich besser in Stand gehalten. Dies konnte ich zuletzt
vor weniger als einem Monat auf einem 5-tägigen
Urlaubsritt durch Taunus, Rheingau und Westerwald
feststellen.
Rheinland-Pfalz ist deswegen für Erholungssuchende zu
Pferd das Reiterland Nr. 1, und Hessen wird immer mehr
abgehängt.
Geländereiten ist nachhaltiger, sanfter Tourismus. Wer
diesen fördern will, muß die Bedingungen für
diesen verbessern, und darf die Möglichkeiten legal zu
reiten nicht weiter einschränken. Objektiv gesehen,
gibt es keinerlei Grund dafür, an den seit rund 30
Jahren geltenden Betretungsvorschriften für Reiter
etwas zu ändern. Auch für Breitensportveranstaltungen
wie Reiterrallyes, Fuchsjagden usw. ist es erforderlich
daran festzuhalten. Als ehemaliger Veranstalter kenne ich
die Diskussionen mit Forstamtsleitern, was noch, oder was
nicht mehr ein "fester Weg" ist. Hier müssen
Gestaltungsspielräume erhalten bleiben, sonst gibt es
künftig in Hessen keine
Breitensport-Reitveranstaltungen mehr. Wir Deutschen neigen
leider dazu, alles totreglementieren zu wollen, aber jede
neue Definition wirft nur weitere Fragen und Probleme auf,
und die Gesetze werden für die Bürger so
völlig unverständlich. Ich denke, dies hat die
jetzige Diskussion über "ganzjährig von nicht
geländegängigen PKW befahrbaren Wegen" zu
Genüge gezeigt. Dieser Satz kann getrost ersatzlos
gestrichen werden (dann ist man wieder bei der Regelung
von 1980). Wenn ein Forstamtsleiter aus Königstein in
seinem Bezirk mit Mountainbikern ein Problem hat, braucht er
eigentlich nur das bestehende Gesetz anzuwenden.
Leider fehlt es überall an der Durchsetzbarkeit, wozu
auch entsprechende personelle Ausstattung gehört. Neue
Gesetze werden daran wenig ändern. Die Mountainbiker
als "störend" zu empfinden, ist wohl eher Ausdruck
eines Generationskonflikts: Traditionelle Wanderer gibt es
immer weniger (und diese werden immer älter), aber
diese müssen akzeptieren dass jüngere Leute heute
andere Formen der Erholung im Wald bevorzugen. Das neue
Gesetz muss das Miteinander im Wald und die Rücksicht
auf die Schwächeren betonen, anstatt Verbote
auszusprechen. Starre Regelungen anhand von Wegbreiten (die
niemand messen kann) sind nicht zielführend.
Wir einfachen Bürger haben oft nichts anderes mehr,
wo wir uns erholen können, als den Wald! Deswegen
wird die Debatte auch so emotional geführt. Bitte
lassen Sie nicht zu, Frau Ministerin, dass der Wald und das
Betretungsrecht zu Erholzwecken Klientel-Interessen
geopfert wird (Jagd, Waldbesitzer, Holzindustrie,
Windenergieanlagenbetreiber). Die privaten Waldbesitzer
haben in Hessen nur einen Anteil von 24% am Wald, mit
durchschnittlich 3,5 ha Besitzgröße. Für
Eigenjagd erforderlich sind 75 ha. Die meisten privaten
Waldbesitzer werden wohl so gut wie nie Mountainbiker oder
Reiter in ihrem Wald antreffen. Es ist richtig, die privaten
Waldbesitzer haben oft wirtschaftliche Probleme, schon
aufgrund der Kleinheit ihrer Besitzungen, für die aber
Reiter oder Radler nicht verantwortlich zu machen sind.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Frank Mechelhoff, Weilrod
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Antwort der Frau Ministerin:
Sehr geehrter
Herr Mechelhoff,
ich bedanke
mich für Ihre E-Mail vom heutigen Tage. Die
Definition der Wege im Entwurf für ein
Hessisches Waldgesetz hat für Diskussionen
gesorgt. Wie Sie wissen, befinden wir uns derzeit in
der Regierungsanhörung. Während dieser
Anhörung hatten die betroffenen Verbände
Gelegenheit, zum Gesetzentwurf Stellung zu nehmen.
Selbstverständlich werden wir die Anhörung
zum Anlass nehmen, hier nachzuarbeiten. Ich habe
bereits angekündigt, einen Runden Tisch
einzuberufen, um mit allen Beteiligten die
Ergebnisse der Verbändeanhörung zu
besprechen und einen ausgewogenen
Interessensausgleich zu finden. Die Einladung wird
in den nächsten Tagen verschickt. Selbstverständlich
werden sowohl die Vereinigung der Freizeitreiter
und -fahrer in Deutschland, Landesverband Hessen
e.V. als auch der Hessische Reiterverband eine
Einladung zum Runden Tisch erhalten. Ich kann
Ihnen jedoch im Vorfeld versichern, dass das
Reiten und Kutschfahren wie bisher auf den
befestigten und naturfesten Wegen gestattet sein
wird. Desweiteren werden den Reitern die
bestehenden Reitpfade zur Verfügung stehen.
Die Neuanlage von Reitpfaden wird sogar erleichtert,
da hierfür keine forstbehördliche
Genehmigung mehr benötigt wird, sondern die
Zustimmung des Waldbesitzers ausreicht.
Mit
freundlichen Grüßen
Lucia Puttrich
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