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29. August 2012

Hessisches Waldgesetz - Was wollen die Reiter? (FAQ)

Unbefestigter Waldweg

1. Was wollen die Reiter?

Wir Geländereiter wollen weiterhin auf denselben Wegen reiten, die wir schon jahrzehntelang legal benutzen dürfen. Der Staat braucht für uns weder neue Wege zu bauen, noch sonst Geld auszugeben; das brauchen wir alles nicht! Alles was wir wollen ist, dass diese Wege erhalten bleiben und als Biotope geschützt werden. Hessen ist zu über 40% mit Wald bedeckt. Wir wollen auch weiterhin über Land reiten können: Nach Feierabend oder im Urlaub, ohne dass der Wald überall zugesperrt oder verboten ist. Geländereiten ist eine Form des sanften Tourismus, vielleicht die umweltfreundlichste von allen, denn ein Auto wird nicht benötigt. Verschlechtert man die Bedingungen hierfür, schadet man Gasthöfen, Reitstationen und der Landwirtschaft. Das Pferd ist nicht Fremdkörper, sondern Teil der Natur! Dieselben Wege, die man jetzt für Reiter sperren will, sind vor Jahrhunderten mit Hilfe der Pferde angelegt worden. Noch nie musste ein Weg wegen Schäden, die durch's Reiten entstanden sind, ausgebessert werden.
Anstatt Regulierungen und Lenkungen der Erholungssuchenden durch Verbote, brauchen wir alle mehr Toleranz und Rücksichtnahme im Wald, dann klappt es auch mit dem Miteinander. Auch ein noch so gut gemeintes Gesetz kann das nicht schaffen. Regulierungen schaffen eher noch mehr Gedränge und damit mehr Konflikte.

2. Wo genau liegt das Problem?

Es sind genau genommen drei Probleme.
Erstens werden immer mehr Waldwege als Pisten für Forst-LKW geschottert, meist auf eine Art, die den Weg für alle Erholungssuchenden unattraktiv macht (Wanderer, Jogger, Radfahrer, Reiter). Es wird dann behauptet, dies sei für die moderne Forstwirtschaft notwendig. Das trifft aber nicht zu. Seit ca. 30 Jahren sind die Wälder Hessens durch Forststraßen ausreichend erschlossen. Es muss nicht der LKW bis zu jeder Baumfällung anrücken können.
Zweitens werden die verbleibenden natürlichen Wege, wenn Forstbetriebe Arbeiten in den Waldstücken beendet haben, nicht mehr in den vorherigen, begehbaren Zustand gebracht. Häufig werden sie auch von Jägern rechtswidrig verrammelt, damit die sich auf dem Ansitz nicht "gestört" fühlen (der Wald ist aber für alle da). Die unbefestigten Waldwege werden so immer weniger.
Diese beiden Probleme haben sich seit der Zusammenlegung und Einsparung von Forstämtern verschlimmert. Seitdem geht es im Wald bloß noch um die Einsparung von Arbeitskosten; die nachhaltige Waldbewirtschaftung bleibt auf der Strecke.
Und nun sollen, drittens, (nach dem Waldgesetz-Entwurf vom 25. Juni 2012) die noch verbleibenden Wege gesperrt werden, es sei denn sie wären durch normale Kleinwagen ganzjährig befahrbar. Das ist in den Hessischen Mittelgebirgen bei 75-90% der Waldwegen nicht der Fall. Die wenigsten sind auch nur im Sommer und bei Trockenheit befahrbar, außer durch Jeeps und Traktoren.

3. Warum ist der Wald gerade für Euch Reiter so ein wichtiges Thema?

Der Wald ist für jeden wichtig, der viel Zeit zur Erholung in ihm verbringt. Nur das, was man kennt, kann man schützen (Horst Stern). Und was man liebt, das will man auch schützen. Wir Geländereiter verbringen mit unseren Pferden viel Zeit im Wald; mehr als die meisten anderen. Das gibt uns nicht mehr Rechte, erklärt aber unser leidenschaftliches Engagement für das freie Betretungsrecht des Waldes.
Den einfachen Leuten wird immer mehr weggenommen, und wir werden immer mehr zur Kasse gebeten. Eine Menge davon nehmen wir zähneknirschend hin, aber es gibt Grenzen: wenn man uns und auch noch den Wald wegnehmen will, dann ist das Maß endgültig voll! Wir haben die Natur, und damit den Wald, nur von unseren Kindern geborgt! Der Wald dient in erster Hinsicht der Erholung der Menschen, und nicht dem Mammon!

4. Warum reichen Euch die anderen (pkw-befahrbaren) Wege nicht zum Reiten aus? Ihr dramatisiert doch das Problem!

Schotter ist ein für die Gelenke des Pferdes gesundheitsschädlicher Bodenbelag, und zwingt überdies zu dauerhaftem Hufbeschlag. Das wird von den meisten Reitern und Tierärzten heutzutage abgelehnt, wo Pferde bloß noch der Erholung dienen und keine Nutztiere mehr sind. Pferde müssen aber auch bewegt werden, um sie gesund zu erhalten, selbst wenn die Reitumgebung schlecht ist. Wenn nur noch auf befestigten Wegen geritten und Rad gefahren werden darf - davon abgesehen dass auch von diesen die meisten nicht "ganzjährig pkw-befahrbar" sind - wird auf diesen ein, mit echter Erholung unvereinbares, Gedrängel von Erholungssuchenden entstehen. Und dann drohen erst recht Konflikte unter den Erholungssuchenden.
Reiter, Fußgänger und Radfahrer suchen sich sich, wo sie können, in der Natur ihre bestgeeigneten Wege selbst aus und sorgen für die notwendige "Entmischung" ohne bürokratische Anleitung. Die "Entmischung der Waldbesuchergruppen" ist in Hessen längst möglich, wurde aber nur in Einzelfällen - Frankfurter Stadtwald - durchgeführt, weil der Nutzen in keinem Verhältnis zum Verwaltungs- und Kostenaufwand steht: Stichwort Schilderwald!
Bevor man etwas verbietet, muss man doch nach dem Sinn des Verbots fragen. Das Argument des Fußgängerschutzes taugt nicht zur Sperrung unbefestigter Wege, weil auf unbefestigten Wegen kaum noch Fußgänger anzutreffen sind. 99% von diesen bevorzugen doch die ihnen bequemeren Wege mit wassergebundener Decke. Kommt es doch einmal zu einer Begegung, haben Reiter keine Probleme damit, den Fußgängern Vorrang einzuräumen und Rücksicht zu üben.
Die unbefestigten Wege sind nun einmal da - aber sie werden bloß da bleiben, solange sie auch benutzt werden. Sonst wachsen sie zu, der Wald holt sie sich zurück (Sukzession). Sie sind wichtige Kleinbiotope und auch Wildfutterquelle. Deswegen stehen an ihnen oft auch soviele Hochsitze. Was aber nicht heisst, dass die Jäger sie auch allein als Wege erhalten können.



Brief zur Reiter-Demo am 1.9. an die Hessische Ministerin für Umwelt etc., Frau Lucia Puttrich (29.8.2012)

Sehr geehrte Frau Ministerin,

ich möchte Ihnen heute mitteilen dass wir Reiter am jetzt kommenden Samstag, den 1.9., zur Wiesbadener Staatskanzlei geritten kommen.

Uns treibt die Sorge um das künftige Betretungsrecht für Erholungssuchende in Hessens Wäldern um, das nach dem Gesetzesentwurf aus Ihrem Hause (25. Juni) auch für Reiter in sehr ungünstiger Weise verändert werden soll. Die seither aus Ihrem Haus gekommenen Erklärungen (FAQ und Pressemitteilungen; Interview in CAVALLO) waren nicht geeignet diesbezügliche Fragen und Zweifel zu zerstreuen. Meine Mail mit entsprechenden Fragen an Herrn Neels vom 18.7. blieb unbeantwortet.
In der Zwischenzeit hatten wir eine Online-Petition erstellt, die über 7.000 Unterschriften erhielt.

Mittlerweile hört man, aufgrund der ziemlich laut gewordenen Kritik, nicht nur von Radlern und Reitern, sondern auch von Naturschützern, Tourismusverbänden und sogar Ihres Koalitionspartners, dass der Gesetzentwurf überarbeitet werden soll. Das wird konterkarriert durch Äußerungen aus Ihrem Hause und die noch immer online stehende FAQ. Hier wäre, wenn eine Verschlechterung des Betretungsrechts für die Waldbesucher nicht beabsichtigt wäre, ein deutliches Zeichen durch die Ministerin vielleicht angebracht. Der im Umlauf befindliche Gesetzentwurf spricht leider eine deutlich andere Sprache und sieht den Erholungssuchenden im Wald als Störfaktor.

Uns Reitern liegt besonders am Erhalt der naturbelassenen Waldwege, und der legalen Möglichkeit auf diesen zu reiten. Geländereiten ist ein Natursport, der vorzugsweise mit unbeschlagenen Pferden und Ponies ausgeübt wird, was für deren Gesundheit im Normalfall am zuträglichsten ist. Forststraßen werden nur dann aufgesucht wenn sich keine andere Möglichkeit bietet. Diese Form der Erholung, oder des Breitensports auszuüben wird immer schwieriger: Obwohl bereits seit rund 1980 die Waldgebiete alle ausreichend mit Forststraßen erschlossen sind, gehen die Schotterungen von Wegen immer weiter. Die meisten Reiter müssen deswegen heute ihre Pferde dauerhaft beschlagen wenn sie mehrmals wöchentlich reiten. In manchen Gebieten werden alte unbefestigte Verbindungswege durch den Wald, die seit Jahrhunderten bestehen, von der Jagd ohne Rechtsgrundlage zu "Wildäsungsstreifen" umgewidmet und für Erholungssuchende verbarrikadiert. Das Desinteresse von HessenForst an solchen Übergriffen ist häufig erschreckend. Wir verstehen die Interessen der Jäger an "ungestörter" Jagd, aber solche Dinge gehen zu weit. Wenn im Wald gearbeitet worden ist, werden unbefestigte Wege häufig verwüstet und unbetretbar zurückgelassen: Klar, das spart Kosten fürs Aufräumen. Aber wie will man in den Wald kommen wenn es hier einmal brennt? Im benachbarten Rheinland-Pfalz (Naturpark Nassau) kommen derlei Dinge nicht vor. Hier werden die unbefestigten Waldwege von den Forstbetrieben deutlich besser in Stand gehalten. Dies konnte ich zuletzt vor weniger als einem Monat auf einem 5-tägigen Urlaubsritt durch Taunus, Rheingau und Westerwald feststellen.
Rheinland-Pfalz ist deswegen für Erholungssuchende zu Pferd das Reiterland Nr. 1, und Hessen wird immer mehr abgehängt.

Geländereiten ist nachhaltiger, sanfter Tourismus. Wer diesen fördern will, muß die Bedingungen für diesen verbessern, und darf die Möglichkeiten legal zu reiten nicht weiter einschränken. Objektiv gesehen, gibt es keinerlei Grund dafür, an den seit rund 30 Jahren geltenden Betretungsvorschriften für Reiter etwas zu ändern. Auch für Breitensportveranstaltungen wie Reiterrallyes, Fuchsjagden usw. ist es erforderlich daran festzuhalten. Als ehemaliger Veranstalter kenne ich die Diskussionen mit Forstamtsleitern, was noch, oder was nicht mehr ein "fester Weg" ist. Hier müssen Gestaltungsspielräume erhalten bleiben, sonst gibt es künftig in Hessen keine Breitensport-Reitveranstaltungen mehr. Wir Deutschen neigen leider dazu, alles totreglementieren zu wollen, aber jede neue Definition wirft nur weitere Fragen und Probleme auf, und die Gesetze werden für die Bürger so völlig unverständlich. Ich denke, dies hat die jetzige Diskussion über "ganzjährig von nicht geländegängigen PKW befahrbaren Wegen" zu Genüge gezeigt. Dieser Satz kann getrost ersatzlos gestrichen werden (dann ist man wieder bei der Regelung von 1980). Wenn ein Forstamtsleiter aus Königstein in seinem Bezirk mit Mountainbikern ein Problem hat, braucht er eigentlich nur das bestehende Gesetz anzuwenden. Leider fehlt es überall an der Durchsetzbarkeit, wozu auch entsprechende personelle Ausstattung gehört. Neue Gesetze werden daran wenig ändern. Die Mountainbiker als "störend" zu empfinden, ist wohl eher Ausdruck eines Generationskonflikts: Traditionelle Wanderer gibt es immer weniger (und diese werden immer älter), aber diese müssen akzeptieren dass jüngere Leute heute andere Formen der Erholung im Wald bevorzugen. Das neue Gesetz muss das Miteinander im Wald und die Rücksicht auf die Schwächeren betonen, anstatt Verbote auszusprechen. Starre Regelungen anhand von Wegbreiten (die niemand messen kann) sind nicht zielführend.

Wir einfachen Bürger haben oft nichts anderes mehr, wo wir uns erholen können, als den Wald! Deswegen wird die Debatte auch so emotional geführt. Bitte lassen Sie nicht zu, Frau Ministerin, dass der Wald und das Betretungsrecht zu Erholzwecken Klientel-Interessen geopfert wird (Jagd, Waldbesitzer, Holzindustrie, Windenergieanlagenbetreiber). Die privaten Waldbesitzer haben in Hessen nur einen Anteil von 24% am Wald, mit durchschnittlich 3,5 ha Besitzgröße. Für Eigenjagd erforderlich sind 75 ha. Die meisten privaten Waldbesitzer werden wohl so gut wie nie Mountainbiker oder Reiter in ihrem Wald antreffen. Es ist richtig, die privaten Waldbesitzer haben oft wirtschaftliche Probleme, schon aufgrund der Kleinheit ihrer Besitzungen, für die aber Reiter oder Radler nicht verantwortlich zu machen sind.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Frank Mechelhoff, Weilrod


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Antwort der Frau Ministerin:
 
Sehr geehrter Herr Mechelhoff,
 
ich bedanke mich für Ihre E-Mail vom heutigen Tage. Die Definition der Wege im Entwurf für ein Hessisches Waldgesetz hat für Diskussionen gesorgt. Wie Sie wissen, befinden wir uns derzeit in der Regierungsanhörung. Während dieser Anhörung hatten die betroffenen Verbände Gelegenheit, zum Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Selbstverständlich werden wir die Anhörung zum Anlass nehmen, hier nachzuarbeiten. Ich habe bereits angekündigt, einen Runden Tisch einzuberufen, um mit allen Beteiligten die Ergebnisse der Verbändeanhörung zu besprechen und einen ausgewogenen Interessensausgleich zu finden. Die Einladung wird in den nächsten Tagen verschickt. Selbstverständlich werden sowohl die Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland, Landesverband Hessen e.V. als auch der Hessische Reiterverband eine Einladung zum Runden Tisch erhalten. Ich kann Ihnen jedoch im Vorfeld versichern, dass das Reiten und Kutschfahren wie bisher auf den befestigten und naturfesten Wegen gestattet sein wird. Desweiteren werden den Reitern die bestehenden Reitpfade zur Verfügung stehen. Die Neuanlage von Reitpfaden wird sogar erleichtert, da hierfür keine forstbehördliche Genehmigung mehr benötigt wird, sondern die Zustimmung des Waldbesitzers ausreicht.
 
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Lucia Puttrich



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