Khorsheet,
die Feine...
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So langsam komme
ich in das Alter, um die Wahrheit des Sprichworts zu erkennen, das
da lautet:
An einem edlen Pferd schätzt man nicht
so sehr die Leistungsfähigkeit, wie den Charakter !
Leistungsfähig, das ist sie. Khorsheet hat mich immer
wieder mit ihrer Stärke überrascht, in welch lässiger Manier sie
mit mir im Sattel steile Berge hinaufstiefelt, oder auf
Distanzritten z.B. bei großer Hitze bis kurz vor den Stop im
entspannten Canter noch an einigen Reitern vorbeizieht, und dann
kommt sie in den Stopp, steckt die Nase tief ins Gras, hat sofort
Puls 60, und die anderen pumpen und keuchen trotz übergeschütteten
Wassers, was sie alles nicht nötig hat. Oder wenn sie auf
Wanderritten auch in der achten Stunde Reiten noch "Zug" hat,
selbst wenn plötzlich alles voller zugewachsener Wege ist. Auf
Mehrtagesritten wird sie mit jedem Tag besser und nimmt dabei noch
zu. Sie ist nie die schnellste, eher von der unauffälligen, aber
sehr konstanten Sorte, bewahrt immer tadellose Haltung und macht
sich überall Freunde. Leistungsmäßig bin ich nie an ihre Grenze
gestoßen.
Elf Jahre ist sie jetzt
bei uns, und in der Zeit 9000 km auf unseren schönen Fahrten, auf
Wander- und Distanzritten gelaufen, und hat nach ihrem zweiten
Fohlen endlich auch die Anerkennung als Leistungs- und
Prämienstute bekommen. Distanzritte gingen wir immer nur wenige
ausgesuchte, mit bestem Geläuf. Besonderes "Training" braucht sie
dafür nicht. Zwischen Tempo 5 und Tempo 6, schön
abwechslungsreich, mit viel Canter, aber auch viel führen wenn es
bergab geht, das ist unser Tempo. Mit Valeria im Sattel auch mal
Tempo 4. Wären die Wege überall und immer so wie auf der "Grastäler",
bräuchte sie das ganze Jahr über keine Eisen, obwohl sie meist
über 250km im Monat geritten wird.
Aber, um wieder auf das Sprichwort zu kommen, charakterlich ist
sie einmalig. Im täglichen Umgang das liebste, feinfühligste und
respektvollste Pferd. Jeder der Gelegenheit hatte, nur einen Tag
mit uns zu reiten, hat es mir bestätigt: "Sie ist etwas ganz
Besonderes". Sozial und aggressionslos. Ihren Namen "Sonne"
trägt sie zu recht, denn sie strahlt selbst an trüben Tagen Glück
und Freude aus. Sie hat das Selbstbewusstsein und die innere Ruhe
einer wahren Königin, und dabei ist (wie man das von einer
wahrhaften Königin auch erwartet) Bescheidenheit ihr zweiter
Vorname. Beim Reiten ist sie das feinfühligste und gehorsamste
Pferd, butterweich am Zügel, und schafft es doch, dass Valeria
sich als tolle Reiterin fühlen und wilde Geschichten von ihren
Bucklern erzählen kann, obwohl das "wilde Pferd" doch eigentlich
kreuzbrav ist.
Wenn wir irgendwo unterwegs sind, kann man sie überall am losen
Strick fressen lassen. Sie liebt es, unterwegs zu sein, ist
absolut unkompliziert, bleibt einfach da, wo man sie stehen lässt,
und läuft nicht weg. Sie ist wahrhaft treu. Wenn man beim Reiten
Pause macht, kann es sein dass der Kopf ins Gras geht und eine
halbe Stunde nicht hoch kommt. Das habe ich bei noch keinem Araber
so bemerkt, und hat nur gute Seiten. Sie ist mir noch auf keinem
längeren Ritt abgemagert, im Gegenteil habe ich immer den Eindruck
dass sie mit mehr Bauch nach Hause kommt als sie vorher hatte, und
am zweiten Tag nach dem Ritt bekommt sie wieder ihre normale
Ration. Deswegen heißt sie auch "das Pony". Aber sonst ist
sie ganz vollblütig. Sie wartet nicht gerne, und Geduld ist nicht
ihre Stärke. Wie eine Königin möchte sie auch gern behandelt
werden. In schwierigem Gelände bringt sie sich nie in Gefahr, dank
ihrer Ruhe, Vorsicht und Überlegung.
Mit acht Jahren ersteigerte ich sie ungeritten. Nach einem halben
Jahr Handpferdetraining begann ich sie anzureiten.
Unerwarteterweise erwiesen sich ihre bis dahin kaum geforderten
Hufe als hart wie Feuerstein. Beim Anreiten machte sie nicht die
mindesten Probleme, davon abgesehen dass sie etwas guckig war und
die ersten 3 Monate kein Gebiss tragen wollte. Von Anfang an lief
sie, egal ob mit oder ohne Reiter, in wunderbar lockerer
Selbsthaltung, immer leicht am Zügel und gut am Schenkel. Wie
dankbar sie war endlich richtig beschäftigt zu werden, und für die
Weidehaltung!
Vollblutaraber reite ich nun seit 1991. In dieser Qualität waren
sie damals selten, klein, meist 1.47-1.52m, meist polnischer oder
spanischer Abstammung. Khorsheet hat ehrliche 1.54m ohne Eisen,
und viel Fundament. "Nicht so gakelig wie die meisten Araber"
(Jürgen Zell). Sie hat keine "Ecken", alles an ihr ist rund.
Für Stuten dieser Qualität hätte man damals sehr hohe Preise
bezahlt, wahrscheinlich nur auf den Auktionen von Janow Podlaski
bekommen, und diese Zuchtqualität dann schwerlich auf Ritten "aufs
Spiel gesetzt". Khorsheet ist von amerikanischer (Distanz-)
Abstammung, aus Crabbet- (Kuheilan) Linien. Für sie noch Papiere
zu erhalten, 10 Jahre nach dem Import "in utero", war
Abenteuer für sich, gelang aber dank der DNA-Nachweise ihrer
amerikanischen Eltern.
Nachdem ich sie ungefähr drei Jahre hatte, wurde mir klar, was für
einen Glücksgriff ich mit ihr getan habe, und sie genau die Sorte
Pferd ist, die man auch (falls überhaupt) als alter Mann noch gut
reiten kann und reiten möchte -- und dass ich ein solches
Pferd, wenn sie mal alt sein wird, vermutlich für alles Geld der
Welt nie mehr finden werde, es sei denn: ich züchte
mindestens ein Fohlen mit ihr. So kam es dann zur Fohlenpause 2016
(in der sie "nur" 2200km geritten wurde, nicht gerechnet die drei
Wanderfahrten mit 660km im tragenden Zustand 2015). Mit ihrem
Charakter hat sie sich auch, wenig überraschend, als tolle Mutter
erwiesen, und ihrem Fohlen Cimia all
ihre guten Eigenschaften vererbt, insbesondere ihre Ruhe, Klugheit
und Verfressenheit...

Kleine Geschichtchen
So toll sie ohne Eisen läuft (8
von 12 Monaten im Jahr), eigentlich so gut wie mein Isländer Alex
vor 30 Jahren, manchmal sind Hufschuhe schon eine feine
Sache. Besonders wenn wir schon viele KM geritten sind, aber ich
mit dem Beschlag aus Gründen von Ritt-Planungen noch etwas warten
will. Da lagen mal auf einem Reiterflohmarkt vor 10 Jahren diese Swisshorse-Boots
herum, wenig gebraucht. Leider für Ligeira und Natascha etwas zu
klein, für Alex (damals schon Rentner und kein Beschlagträger
mehr) zu groß -- eher für Araber angepasst, das sah ich auf einen
Blick. Ich kaufte sie, obwohl kein passendes Pferd da war,
trotzdem für 15 Euro,
einfach aus Freude aus allem was mit dem Pferdehuf zu tun hat.
Stefan Zöller hat sie vor 20 Jahren mir gegenüber in höchsten
Tönen gelobt, und auf dessen Wort kann man zählen. Ihre simple,
stabile Machart gefiel mir schon immer. Wenn Hufschuhe, dann
solche. Und siehe da, 10 Jahre später, Khorsheet mit ihren
wunderbar regelmäßig geformten Hufen passen sie wie angegossen.
Doch nach etwa 20 Ritten damit geht einer der Fesselriemen an der
Schnalle kaputt (wahrscheinlich hatte ich einmal den rechten und
linken vertauscht, und die normalerweise außen liegenden Schnallen
schlugen gegeneinander). Ich hatte noch nicht verstanden, dass
diese Fesselbeugen-Riemen nicht einfach Zierde oder
Festhalteriemen für Notfälle sind, denk mir nichts dabei und lasse
ich locker. Aber danach beginnt der betreffende Hufschuh alle ca.
10km abzufallen. Ich finde ihn immer recht schnell wieder, bloß an
einem Abend nicht. Wir sind vorher durch ein Stück mit Matsch und
Pfützen geritten, und im aufkommenden Dunkel muß ich die
schmutzige Suche bald abbrechen.
Bis zuhause sind es noch 5km. Als ich dann vor dem letzten
Bergabstück zur Koppel absteige und noch einmal auf alle Hufe
schaue, muss ich zwei mal hinschauen, erst dann glaub ich es, und
werfe mich fast auf den Boden vor Lachen : Der verloren geglaubte
Hufschuh sitzt doch tatsächlich am diagonalen Hinterhuf,
sie muss vorne raus und direkt hinten reingeschlüpft sein. Jetzt
weiß ich, warum mein Pferd bei meiner Suche mit so einer
Engelsgeduld die ganze Zeit neben mir stand... Wenn ich nun noch
erzähle, dass mir dasselbe einige Monate später noch einmal
passierte (ich dann aber gleich am betreffenden Hinterbein
nachgeschaut habe) glaubt mir das wahrscheinlich keiner mehr.
Irgendwann später tauschte ich dann tatsächlich die
Riemchenschnalle aus, die den Riemen damit wieder sicherte, und
seitdem sind die Verluste nicht mehr aufgetreten. Der Riemen ist,
obwohl im Normalfall nicht eng an die Fesselbeuge geschnallt und
damit fast überflüssig aussehend, doch erforderlich, um das
"Halb-Ausziehen" des Hufschuhs zu verhindern und ihn sicher zu
halten. Fehlt er, oder schließt nicht sicher, wird der Hufschuh
auf saugenden Böden erst locker und geht 1-2 Schritt später
verloren.
Distanzritt im Hunsrück, zweiter Tag. Auf dem Weg zum
ersten Stop wartet meine Frau mit dem Wassereimer. Ich bin mit
einer zügig, aber nicht schnell reitenden Vierergruppe unterwegs,
die Spitzenreiterin ist schon ausgerissen. Die anderen Reiter
gehen am Eimer vorbei, Khorsheet reite ich an den Eimer heran. Der
letzte Weg ging ein ganzes Stück das Tal hoch, der Stop ist in 2km
Entfernung, die Sonne scheint bereits kräftig, Wasser ist jetzt
nicht schlecht. Ob sie wohl saufen mag wenn die anderen weiter
gehen? Khorsheet säuft in langen Zügen den ganzen Eimer leer, als
wäre sie schon 40km gegangen, es sind aber erst 20, in aller Ruhe.
Die anderen sind längst weitergetrabt. Steht nach dem Saufen noch
am langen Zügel da. Prima. Ich hab es auch nicht eilig. Und als
ich die Zügel endlich aufnehme, setzt sie sich in gemütlichen
Canter und galoppiert ohne besondere Hilfe auf der halben
Hinterbacke hinterher. Weiß genau "Die können mir gar nicht
weglaufen, die krieg ich wieder", und 500m später haben wir
sie auch wieder. Sowas selbstbewusstes!
Schlechte Bekanntschaft mit einem unsichtbaren, mit
Forstschleppern (unverantwortlicher Weise) in den Boden
eingearbeiteten Drahtgitterzaun erleben wir auf unserer
ersten Wanderfahrt mit Zahra. Zahra geht vorne, verhängt sich mit
zwei Hufeisen zugleich in einem Drahtgitter, und geht auf der
Stelle zu Boden (der ist zum Glück weich). Khorsheet bleibt
gleichfalls hängen, nur mit einem Huf, reisst sich - Glückspilz
wie immer - das schon etwas ältere Eisen mit einem Schwung los und
weicht etwas zurück. Kein bißchen Panik. Ich springe
augenblicklich aus dem Sattel, erfasse erst mal gar nicht was los
ist, lasse aber mein Pferdchen los, stürze auf Zahra zu (Andrea
ist schon auf den Beinen) und helfe sie befreien. Seit diesem
Erlebnis markiert Khorsheet, jetzt noch, Jahre später, alle an
Wegrändern aufgestapelte Drahtrollen, abgestellte Armierungsgitter
u.ä. durch Schnauben und Ausweichen, und ist überzeugt, für unsere
Sicherheit zu sorgen. "Die Drahtdinger können sehr gefährlich
für Pferde sein, weißt Du das!"
Auf unser ersten Alleinfahrt, in den Pfälzerwald,
schwitzte sie auf der Hinfahrt noch im Hänger am ganzen Körper vor
Aufregung und Angst. Wir sind 5 Tage unterwegs, und fast jeden Tag
verlegen wir unser Lager um 10-15km und fahren ein Stückchen mit
dem Hänger, wobei sie immer ohne Zeichen von Unruhe und
Widerwillen, tapfer einsteigt. Keinerlei Druck, ruhigstes
Verladen, Mohrrüben, Plane hoch, Plane runter - ich unternehm
alles, um ihr die Angst zu nehmen. Auf der Rückfahrt schwitzt sie
dann nicht mehr und frisst das ganze Heunetz leer. -- Das letzte
Lager vor einem ehemaligen kleinen Gutshof, nun längst ohne
Landwirtschaft, auf der kleinen Wiese vor dem Haus, wo ich das
Gespann hinstellen durfte, in Straßennähe. Nicht ganz optimale
Lage, aber sehr schön, der beste Platz in der Umgebung. Ich bin am
Morgen noch 3 Stündchen geritten, will jetzt eigentlich
heimfahren, aber vorher mich noch von meinem Gastgeber
verabschieden und Danke sagen. Die Sonne ist herausgekommen an
diesem Sonntag mittag. Khorsheet grast ruhig am Laufseil, ich gehe
in den Vierseithof, klingel nach dem Besitzer. Der zeigt mir in
der Garage noch seine 60 Jahre alte Citroen Limusine im
unrestaurierten Originalzustand, schwarz natürlich, rostfrei,
leichte Lackschäden mit dem Pinsel ausgebessert. Dann will er sich
das Pferd anschauen. Wir stehen herum und ich erkläre es ihm.
Khorsheet grast und lauscht mit den Ohren, scheint zu spüren dass
über sie gesprochen wird. Da reiten vier Reiter in 50m Entfernung
vorbei. Khorsheet schaut kurz hin und widmet sich dann wieder dem
Gras. Da sagt mein Gastgeber, wirklich kein Landwirt oder
Pferdekenner: "Das ist auch so etwas, was mir an ihrem Pferd
gefällt, neben der praktischen Größe : Man kennt es doch, dass
Pferde mit anderen Pferden mitlaufen wollen. Aber Ihres guckt
bloß einmal genau hin und bleibt dann ungerührt stehen".
Mich hat diese Szene ebenso, oder noch mehr beeindruckt als ihn,
und meine Antwort ist "- Die weiß eben genau wo sie hin
gehört"

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