taunusreiter TAUNUSREITER
(c) Frank Mechelhoff 2003-2014 - Kopien speichern nur zum privaten Gebrauch zulässig
Siehe Copyright-und Kontakt-Hinweise


NEU 19. Juni 2016


Araberzucht und Leistungsprüfung

Gedanken zur Araberzucht (III)

Araberstute auf der Weide
Bild: Muyah, 4 j. ägyptische VA Stute, noch ungeritten

Als Reiter, der nur für den Eigen- und Familienbedarf züchtet, hat man ja leicht reden. Da interessiert einen weder der Preisverfall für arabische Pferde (eher profitiert man davon im positiven Sinne), noch die Nöte tatsächlicher oder vermeintlicher Berufszüchter. Oder die Tatsache dass zunehmend Züchter mit ihren AV-Stuten Halbblüter und Schecken züchten, um noch auf ihre Kosten zu kommen. Diese, man kann ruhig sagen zwangsläufigen Erscheinungen, resultieren aus einem Überangebot an Arabischen Pferden. Der Arabische Vollblüter ist nicht mehr selten, wie vor 30 Jahren. Darüber kann man sich auch freuen. Anstatt von einer Krise zu reden, wegen gesunkener Einnahmen. Wir stehen einem gesättigten Markt gegenüber. Die meisten, die gerne einen Araber hätten, können sich heute einen leisten, und da die Pferde, gottlob, ganz gut haltbar sind, davon abgesehen dass sie sich im Fall von Stuten auch noch selbst reproduzieren können (worüber sich dann zumindest die Deckhengsthalter freuen), braucht man dann lange keinen "neuen". Nur ungewöhnlich hohe Qualität rechtfertigt noch hohe Preise. Wobei die Züchter ja alle von sich behaupten, diese hohe Qualität im Angebot zu haben. Jeder hält ja seine eigenen Pferde für die besten und schönsten. Das ist ja auch legitim.

Gesundschrumpfung ist die Kur jedes aufgeblähten Marktes. Vielleicht ist es auch gut, wenn manche Züchter, weil sie ihre Zuchtprodukte so besser loswerden, in die Halbblüter Szene abwandern. Die hochwertigsten Stuten werden der Vollblutaraberzucht damit schon nicht verloren gehen. Das andere Regulativ wäre die Eigenleistungsprüfung. Wir kommen nicht darum herum, die behauptete hohe Reitpferdequalität des Arabers für jedes Individuum, mit dem gezüchtet wird, nachzuweisen. Andere Zuchtverbände haben es vorgemacht, und halten so Preis und Qualität hoch. Fohlen von nicht nachgewiesen leistungsgeprüfte Eltern sollten nur noch Stutbuch-B-Papiere bekommen, mit einer Aussicht dieses 5 Jahre lang in ein Stutbuch-A-Papier umzutauschen wenn deren Leistungsprüfungen nachgereicht werden. Natürlich soll es auch eine Leistungsprüfung "Schau" geben. Die Art der Leistungsprüfung ist für jedes Pferd öffentlich nachvollziehbar zu vermerken. Die Eintragung von sonderzugelassenen Hengsten muss dafür entfallen. Erst damit wird das Arabische Vollblut wieder zum Elitepferd, das auch einen Elitepreis rechtfertigt. Das wird spätestens kommen, wenn es nur noch einen Araber-Verband geben wird (wovon ich auf lange Sicht ausgehe). Solange man sich vor diesem (bei vielen natürlich unbeliebten) Schritt drückt, und lieber weiter Fohlen en masse produziert, kann die Abwärtstendenz des Marktes nicht gestoppt werden.

Damit verbessern wir die Rasse, von der jetzt viele sagen, dass deren Qualität, besonders die Reit- und Leistungspferdequalität immer mehr nachlässt (was ich persönlich nicht erkennen kann: man findet die sehr guten Pferde in der Masse bloß schwieriger). Und erkennen gleichzeitig die Realität an, dass heute entweder auf (Reit-) Leistung oder auf Schautyp gezüchtet wird, was die Zucht des Arabers, mindestens manchmal, in unterschiedliche Richtungen treiben, aber die Einheit der Rasse nicht zerreißen darf.  Die Zuchtwertschätzung kann dabei kein Ersatz für die Leistungsprüfung sein, allenfalls eine Übergangslösung. Sie ist es schon deshalb nicht, weil sie niemals objektiv ist.

Was die Gestaltung der Leistungsprüfungen selbst angeht, die, wenn man sie auch für die Stuten verpflichtend macht, dringend einer Überarbeitung bedürfen, müssen sich wohl manche von der, aus dem 19.Jh. herrührenden, theoretischen und naiven Vorstellung befreien, dass diese in jedem Fall "vergleichbar" sein könnte. Denn wir prüfen Individuen, und keine Zugpferde mit auf Kilo und Gramm messbarer Last. Die Leistungsprüfung sei grundlegend fürs A-Zuchtbuch, darüber hinaus gibt es genügend individualisierte Auszeichnungen für Prämien- und Elitepferde. Bei den Reit-Leistungsprüfungen sei allerdings das getragene Gewicht angegeben.

Dann dürfen wir, nun bezogen auf die Distanzleistungsprüfung, auch nicht die X-Fach-Schleifenkurse gegenüber den Kartenritten und Ritten von A nach B höher bewerten oder letzte diskriminieren, denn laut Distanz-Reglement müssen auch bei letzteren die in den Ergebnislisten angegebenen Strecken stimmen. Und die schweren, bergigen Distanzritte diskriminieren wir mit unserer Bewertung (Punkte= Streckenlänge geteilt durch Reittempo) ja ohnehin schon. Sonst suchen die Araber-Reiter die Ritte auf, die am leichtesten sind, was eine Umkehrung des Leistungsgedankens ist, und am Ende steht die Leistungsprüfung, bei der 100 oder 200 Runden auf der 400m-Aschebahn zurückzulegen sind, um ja gut "vergleichbar" zu sein... Wenn nicht die Forderung nach "Vergleichbarkeit" der Leistungsprüfung verwendet wird, weil man eigentlich gegen sie ist. Wohlgemerkt: Das soll jetzt nicht als Argument gegen (recht gut) vergleichende Leistungsprüfungen wie den 30-Tage-Test verstanden sein.

Vor allem müssen wir damit aufhören, die mehrtägigen Distanzprüfungen zu diskriminieren, denn sie sind, bezogen auf die Leistungsaussage, die wertvollsten überhaupt, und die Leistungsprüfung für das Ausdauerpferd schlechthin. Ein übermäßig ehrgeiziger Reiter kann ein gutes Pferd schon mal einen ganzen Tag lang overpacen, vielleicht sogar über 80km -- doch niemals über mehrere Tage hintereinander weg. Tun wir also etwas dafür, dass die (von einigen ungeliebte) Distanzleistungsprüfung, und überhaupt die Leistungsprüfungen für das Arabische Pferd, ihren Namen wirklich wert sind. Wir werden in Zukunft mehr denn je auf sie angewiesen sein, um das Arabische Pferd zu erhalten. Rückwärtsbesinnung und Stillstand sind offenkundig nicht die Antwort auf die Herausforderungen der Gegenwart.

In Bezug auf das Deckgeschäft kann ich nicht umhin zu bemerken, dass die Araberzucht zu Serviceorientierung, Lebendfohlengarantie und zum "Natursprung" zurück muss, womit ich das meine, was die Welt unter "Natursprung" versteht, dem Decken in der Stuten-Hengst-Herde, nicht den Sprung an der Hand (schon gar nicht verwende man den Begriff bei Anwendung von Zwangsmaßnahmen gegen die Stute). Nicht nur, weil diese Art der Bedeckung die effektivste (bezogen auf das Trächtigkeitsergebnis) und arbeitstechnisch günstigste ist. Nicht nur weil sie hilft, Enttäuschungen, nutzlose Kosten und überflüssige Transporte zu ersparen. Sondern vor allem, weil nur sie dem Zuchtziel sanfter, charakterlich einwandfreier Pferde mit natürlichem, instinktsicheren Verhalten maximal Rechnung trägt. Denn nur "behaupten", charakterlich einwandfreie Pferde zu haben, kann jeder. Es kommt drauf an, es nachvollziehbar zu machen.

Weide-Deckbescheinigung
Zur Erläuterung: Original amerikanischer Deckschein meiner VA Stute Khorsheet. Statt eines Decktermins steht da, "Stute stand mit dem Hengst auf der Weide, 20.Juni - 15. Juli 2002".
Großes Erstaunen - wie machen die Amis das, ohne dass es zu Mord und Totschlag kommt? Vermutlich große, gut eingezäunte Weiden, mehrere Stuten mit dem Hengst zusammen, professionelles Hengstmanagement und "weniger Geschiß"!

Gedanken eines Reiters zur Araberzucht (I)
Besuch bei einem "imitierten Zuchtbetrieb" (Araber II)

zurück zur Homepage