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 Neu  19. Februar 2006, update Nov. 2011

AndarraShareef

AUSDAUERTRAINING  MIT  MODERNEN TECHNIKEN

copyright by Frank Mechelhoff

Hinweis: Dies ist Teil 3 meiner Folge über das Training für Distanzpferde (speziell für Fortgeschrittene), zu den Grundlagen/ Teil 1 und 2 kommen Sie hier und hier

Die Herzfrequenz beim menschlichen oder equiden Athleten spiegelt die Belastung des Herz-Kreislaufsystems und der arbeitenden Muskulatur wieder. Beim Pferd entspricht sie im weiten Bereich zwischen Puls 60 bis etwa 160-180 pro Minute proportional der geleisteten Arbeit. Bei höheren Herzfrequenzen steigt die Leistung überproportional an weil ein wachsender Teil der benötigten Energie über anaerobe, also ohne Sauerstoff stattfindende Prozesse verbraucht wird.
Als wichtigstes Werkzeug zur Leistungsdiagnostik im Basisausdauer- und aeroben Leistungstraining für Pferde hat sich der Herzfrequenzmesser, oder Heartrate-Monitor (HRM) etabliert. Er erlaubt dem Reiter sein Pferd gezielter, kontrollierbarer und letztlich sicherer zu trainieren und Schwierigkeiten zu vermeiden, und ist damit wichtiges Instrument zur Prävention von Überforderung und Übertraining. Für den Belastungsbereich in dem Geländereiter ihre Pferde trainieren ist mit dem HRM ein brauchbarer Leistungsmesser verfügbar - wie der Drehzahlmesser im Auto.
Dies setzt voraus, daß er einwandfrei funktioniert, und Daten liefert. Die Funktionalität der Heartrate-Monitore basiert auf geringfügigen elektrischen Spannungsdifferenzen der Hautoberfläche, hervorgerufen durch den Herzschlag, hat also elektrische und nicht etwa akustische Grundlagen wie beim Pulsmessen mit dem Stethoskop. Dasselbe Verfahren wie beim EKG. Die praktischen Schwierigkeiten bei der Herzfrequenzmessung am Pferd im Felde resultieren aus den Unterschieden zum Menschen. Pferde haben ein Fell das im Normalfall die elektrischen Spannungen isoliert. Die Pferde um die uns zu tun ist, bewegen sich rasch, was die Messung für unterschiedliche Störfaktoren anfällig macht (z.B. mangelhaften Kontakt der Elektroden, Bewegungsartifakte). Das Pferdeherz hat, bedingt durch seine Konstruktion mit voluminösen Vorkammern, einen ausgeprägten Doppelschlag (“lubb--dupp”) was nicht nur unerfahrene Tierärzte sondern auch die Elektronik verwirren kann. Selbst Interferenzen mit anderen Heartrate-Monitoren, Kleinelektronik, oder Stromleitungen (auch Erdkabel) können vorkommen. All diese Schwierigkeiten in der Praxis vermeidbar, auch wenn eine systematische Fehlersuche manchmal Mühe bereiten kann. Anleitungen dazu gibt das Handbuch des verwendeten Heartrate-Monitors. Mit manchen Satteldecken oder Gurten funktioniert das ganze aber nie zufriedenstellend. Alle Lösungen am Markt basieren auf der Technik die im humanen Bereich verwendet wird, und ist mehr oder weniger geschickt für den equiden Bereich modifiziert. Ich empfehle deshalb, Geräte zu kaufen, die schon lange erprobt, technisch überlegen, und ihren höheren Preis wert sind.
Reiter sind häufig konservativ, und ich verstehe die, denen diese Technik am Pferd zuviel ist. Aber soweit es den Sport betrifft, ist wie im sonstigen Leben Weiterentwicklung ohne Einsatz moderner Technologie undenkbar. Was auch für Bereiche wie z.B. Ernährung, Hufschutz und sonstige Ausrüstung gilt - ob uns das nun paßt oder nicht. Fortschritt findet statt, wie überall, und wenn ich einfach auf meinem Hintern sitzenbleibe und alles so mache wie ich es schon immer gemacht habe, wird mich bald einer überholen, der cleverer ist. Forschung schafft Überlegenheit – zumindest auf lange Sicht.
Für einen Erholungs- oder Wanderritt werde ich, und das ist gut so, auch weiterhin keine komplizierte Technik brauchen. Hier ist der Blickwinkel ein anderer. Wenn es darum geht, sein Pferd so gut und so sicher wie möglich zu trainieren, ist es intelligent sich aller Mittel zu bedienen, die mir als Reiter zur Verfügung stehen. Und wer einen Leistungssport betreibt, hat sogar die ethische Verpflichtung, sein Pferd nach dem “Stand der Technik” zu behandeln und zu trainieren – seinem Partner Pferd gegenüber!

Was kann der Heartrate-Monitor nicht leisten ?

Einige wenden gegen den HRM ein, daß er nur einen kleinen Ausschnitt dessen anzeigt, was den equiden Athleten ausmacht, und es gefährlich ist, sich auf Messungen zu verlassen. Das ist korrekt, aber in anderen Bereichen wo Technik eine Rolle spielt ist das nicht anders. Der Tachometer mißt nur die Geschwindigkeit und nicht den Reifenluftdruck. Der Drehzahlmesser mißt die Kurbelwellenumdrehungen und nicht, wieviel Öl im Motorblock ist. Wenn ich wegen Reifenluftmangel aus der Kurve fliege, oder wegen zuwenig Öl den Motor ruiniere, sind nicht die Instrumente schuld. Hier hilft nur das Wissen um die unterschiedlichen Systeme, aus denen sich ein Auto zusammensetzt (Antriebssystem, Fahrwerk, Radaufhängung, Kraftstoffsystem, etc.), und die präzise Beachtung deren unterschiedlicher Erfordernisse weiter. Das “Gefühl fürs Auto” allein hilft mir nur solange der Wagen neu ist und ich nur kürzere Strecken damit fahre. Will ich dagegen durch die Sahara (oder über ein Gebirge mit Pferdehänger) genügt es nicht mehr.

Genauso ist es beim Pferd: Gefühl fürs Pferd, oder Horsemanship, ist wichtig, ersetzt aber das Wissen nicht. Genauso ist das Umgekehrte richtig. Wenn ich bei 40°C im Schatten reite, hilft es nichts, den Blick nur auf den Heartrate-Monitor zu richten. Der sagt nämlich nicht, wann das Pferd wegen Hitzschlag oder Dehydration zusammenklappt... Wenn ich auf hartem Boden vollspeed bergabtrabe, kann ich am nächsten Stop wegen Lahmheit rausfliegen auch wenn der HRM “nur” 110 angezeigt hat... Wenn das Pferd nach 50km seine Glykogenvorräte in den Muskeln aufgebraucht hat und kein Nachschub da ist, weil es vor dem Ritt schlecht gefüttert wurde, wird es den Dienst quittieren egal was 5 Min vorher der Tacho angezeigt hat...

Wenn solche Dinge wirklich passieren sollten, sind sie nicht dem HRM anzulasten. Hier hilft es nur zu beachten, daß der equide Athlet eben nicht nur aus Herz, Lungen, Adern und Muskeln (cardiovasculares System) besteht. Ein anderes wichtiges System ist das Wärmeabführungssystem, das aus Haut, Schweißdrüsen, oberflächlichen Blutadern und Lungen besteht. Mit jedem dieser Mittel ist das Pferd in der Lage Wärme abzuführen, was recht wichtig ist, weil 70% der von Muskeln verbrauchten Energie in Wärme umgesetzt werden (und nur 30% in Vorwärtsbewegung). Diese 70% müssen raus aus dem Pferd, koste es was es wolle -- und je nachdem, wie warm es außerhalb des Systems Pferd ist, kann das ein echtes Problem darstellen.

Eins der Systeme beim Pferd die überzustrapazieren die langwierigsten Folgen nach sich ziehen kann, ist das Gangwerk, also das Zusammenspiel von Muskulatur, Sehnen, Bänder, Gelenke, Knochen und Hufen zur Vorwärtsbewegung. Der HRM ersetzt also nicht das Wissen um, und die Beachtung der Erfordernisse dieser Systeme. Richtig eingesetzt, führt der HRM dazu bewußter und vorsichtiger zu reiten. Er liefert nur einen bescheidenen weiteren Meßwert, oder Anhaltspunkt reiterlichen Urteils. Er vermindert die Subjektivität.

Die Grundlagen

Ein Meßgerät, das der Techniker neu einsetzt, muß er zunächst kalibrieren, d.h. einmessen. Das ist beim HRM nicht anders. Ohne Einmessen liefert er nur nichtssagende Ziffern. In der menschlichen Trainingslehre werden die Trainingsbereiche nicht durch konkrete Herzfrequenzzahlen sondern Prozentsätze individueller Maximalleistung (oder maximaler Sauerstoffaufnahme) bestimmt. Denn die maximale Herzfrequenz variiert je nach Individuum, Fitnessgrad und Alter. Ausdauer-, aerobes und anaerobes Training jedoch funktioniert bei allen Säugetieren, also auch beim Pferd, nach den gleichen Gesetzen. Nur wo sich Mensch und Pferd physiologisch unterscheiden gibt es Differenzen.

Das Herz des Pferdes ist beträchtlich größer als das menschliche (ca. 7-faches Volumen), dennoch ist die Maximalfrequenz (HRmax.) in der Regel höher als beim Menschen, und ändert sich bei mittelalten Pferden kaum. Die individuelle Schwankungsbreite ist beträchtlich, im Falle des Herzfrequenz-Maximums zwischen 190-240. Von Vollblütern wird berichtet, daß die meisten eine HRmax. von 210-220 erreichen. Niedrigere HRmax. als 200 bedingt meist ein Verlust an absoluter Schnelligkeit. Das mag für Freizeit- oder Distanzpferde wenig relevant sein, deutet aber häufig auf einen Herzfehler hin. Hohe HRmax. ist, genau wie Schnelligkeit insgesamt (mit der es häufig korreliert) ein gutes Zeichen. Araber und hochgezogene Partbreds erreichen häufig 230-240. Eventuell ist es eine Erklärung für die häufig enormen Leistungen kleinerer Pferde, daß deren kleinere Herzen schneller zu schlagen in der Lage sind (aufgrund niedrigerer Strömungsdrücke in kleineren Herzen bei extrem verkürzter Diastolendauer). Höhere Herzfrequenzen als 240 kommen (außer bei Fehlmessungen, oder Herzflimmern) so gut wie nie vor, es scheint hier also tatsächlich eine echte physiologische Grenze zu geben. In der Tat passiert es manchmal daß bei Rennpferden – vermutlich vor allem bei ungenügend trainierten - die Aorta bei Höchstbelastung einfach abreißt, was den sofortigen Tod verursacht. Kein menschlicher Athlet muß fürchten auf diese Weise umzukommen, ganz einfach weil kein menschliches Herz stark genug ist um solche Blutdrücke hervorzurufen.

Hier ist also, wo wir ansetzen können: Das eine Pferd vermag, entsprechend trainiert, mit Puls 180 “stundenlang” zu gehen, weil es erst bei 3/4 seiner Belastungsfähigkeit ist (Maximalpuls 240) - das andere ist mit 180 kurz vorm Anschlag und bleibt nach 2 Minuten stehen, oder fällt um (Maximalpuls 190). -- Wer aber jetzt motiviert mit seinem Pferd hinausgeht, um dessen HRmax. festzustellen, soll gut aufpassen, das Fahrwerk nicht zu ruinieren, während er die Motordrehzahl testet - oder sein Pferd auch nur im Kopf irre zu machen. Wirklich schnelle Pferde sind in der Ebene nur unter größten Verletzungsrisiken zu testen, selbst auf idealen Rennbahn-Geläuf. Besser man prüft es an einer mäßigen (7-10%) Steigung, etwa 1000m lang, mit gutem Geläuf, nach gutem Aufwärmen, und gewöhnt sein Pferd langsam an die Geschwindigkeit. Die Meßwerte sollten valide sein, d.h. nachvollziehbar und für ca. 15-30 Sekunden durchzuhalten. Wer meint Grund zur Vorsicht zu haben, kann natürlich auch hochrechnen und auf das Ausrennen des letzten Quentchens Speed verzichten. Sicher kein falscher Ansatz denn absolute Geschwindigkeit hat für Distanz- und Vielseitigkeitspferde nur sehr begrenzten Wert. Besser also man wartet auf eine ideale Gelegenheit HRmax. festzustellen, auch wenn es ein paar Jahre dauert. 

Relativ wenig aussagekräftig was die Trainingsfähigkeit betrifft (wenn auch vergleichsweise leicht feststellbar) ist die Ruhe-Herzfrequenz, die bei den meisten trainierten Pferden zwischen 24-32 liegt, und nur bei absoluter Entspannung erreicht wird. Im Unterschied zum Menschen, sinkt sie im Training nur wenig ab, wenn überhaupt (Trainingsbradykardie). Stattdessen kommen Arythmien wie Aussetzen einzelner Schläge (AV-blocks) bei trainierten Pferden im Ruhezustand sehr häufig vor, was unerfahrene Tierärzte oft beunruhigt. Werden die Pferde ein wenig bewegt, verschwinden die Arythmien. Es gab und gibt Distanzreiter die auf niedrigen Ruhepuls bei der Pferdeauswahl höchsten Wert legen, aber eine spezielle Notwendigkeit dafür ist nicht zu sehen.

Eine Besonderheit scheint die von allen Distanzreglements der Welt gesetzte Grenze für Erholungswerte von 60-64 vor Überlastung zu sein. Man hat es eben ganz pragmatisch herausgefunden, über Jahrzehnte - ohne sich groß Gedanken darüber zu machen, warum es funktioniert. Eine starre, die Individualität nicht berücksichtigende Grenze scheint im Prinzip Pferde mit hohen Maximal- oder Ruhepuls zu benachteiligen, hat aber dennoch ihre Berechtigung. In der Tat scheinen alle Pferde, die mit Pulswerten um 70-80 hängen, irgendwelche Probleme zu haben (Kreislauf, Überhitzung, diverse Mangel- und Erschöpfungszustände). Umgekehrt ist schnelle Regeneration nach Belastung auf unter 64 immer ein gutes Zeichen, und von fast 100% Relevanz, wenn auch die übrigen Zeichen stimmen. Nur macht es wenig Sinn, im Training nach jeder Belastungsstufe immer erst bis Puls 64 zu warten, da hier die Erholung ja fast vollständig ist. Aber wenn man nach längeren Etappen (2 Std. oder 20km) Rast macht, oder gegen Ende eines anspruchsvollen Rittes, ersetzt der HRM die Beobachtung schneller Regeneration unter 64 keineswegs.

Wie sehr die Trainingszonen individuell differieren können, zeigt die folgende Tabelle.


Pferd A

Pferd B

Pferd C

Ruhepuls  (HRmin)

25

30

30

Maximalpuls  (HRmax)

240

210

180

Herzfrequenz-Reserve

215

180

150

(HRmax - HRmin)




Geringfügige Belastung

132,5

120

105

bis 50% HF-Reserve




Basisausdauer

164,75

147

127,5

(50-65% HF-Reserve)




Aerobes Training

197

174

150

(65-80% HF-Reserve)




Anaerobes Training

218,5

192

165

(80-90% HF-Reserve)




Maximaltraining

240

210

180

(90-100% HF-Reserve)




Wie in der humanen Sportphysiologie werden die Belastungsstufen als Prozentwerte der Herzfrequenz-Reserve  *) (HRmax. minus Ruhepuls) definiert.

-       *) Belastungsstufen werden strenggenommen nicht anhand von Herzfrequenzen sondern von erbrachter Leistung, z.B. in Prozentsätzen der Basisgeschwindigkeit Vmax.O² (=Geschwindigkeit bei maximaler Sauerstoffaufnahme) festgelegt. Diese beim Pferd zu ermitteln, verlangt aber einigen apparativen Aufwand (Laufband, Gasanalysegerät). Zudem ist im Gelände selbst die Geschwindigkeit über kurze Abschnitte schwer messbar. Aber wie oben erwähnt, verhält sich die Herzfrequenz innerhalb des aeroben Bereichs, unter sonst gleichen Bedingungen (Steigung, Bodenbeschaffenheit), proportional zur Geschwindigkeit – kann also als Meßeinheit dienen.

Die Belastungszonen für ein spezielles, schon trainiertes Pferd (in diesem Fall mit hoher HRmax.) könnten konkret und leicht handhabbar wie folgt schematisiert werden:

DR01

Der HRM im praktischen Einsatz

Mit einem HRM reitet man zunächst wie bisher und beobachtet nur, wie sich die Werte verhalten. Das  wichtigste ist, daß die gemessenen Werte korrekt sind, also der Leistung entsprechen. Erratische Ergebnisse wie z.B. “120”, “164”, “110”, “240” zeigen an, daß etwas nicht funktioniert, ebenso wie längeres Feststecken bei einer bestimmten Zahl. Alle 5-7 Sekunden muß eine neue Zahl im Display erscheinen, bei gleichbleibender Belastung oft nur um 1-2 Schläge verschieden von der vorherigen. Wird die Belastung erhöht, soll sie 7-15 Sekunden später im Display sichtbar werden. Wenn z.B. trotz angezogenen Tempo im Handgalopp die Pulswerte immer noch um 110-120 pendeln, kann man sicher sein daß etwas nicht stimmt. Dann wird statt der Herzfrequenz die Schrittfrequenz angezeigt.

Es ist zunächst wichtig, Daten zu sammeln, also die Werte zu notieren, in ein Notizbuch oder ein Diktaphon während des Rittes, und in einer Kartei oder computergestützten Datenbank zu sammeln und auszuwerten, um eine Grundlage zu haben, Konditionsänderungen festzustellen.

Beobachtung:  Ligeira, Fjord-Araber, 11 Jahre, 1,47m,

400 kg, Reiter 75kg, Winterfell (März 1996):

Ruhepuls

34

Schritt, ohne Belastung (bergab)

70-80

Schritt, entspannt, 5 km/h

80-90

Schritt, 6-7 km/h

90-100

Schritt, angestrengt bergauf

110-140

Trab, Jog, 10-12 km/h

100-120

Trab, Arbeitstrab, 12-15 km/h

110-140

Trab, Starker Trab, 15-18 km/h

150-170

Trab, Jog bergauf

150-180

Galopp, Canter, 15 km/h flach

120-140

Galopp, 18-20 km/h flach

140-170

Galopp, 15 km/h, bergauf

170-210

Maximum, schneller Galopp bergauf

235

Folgende Auffälligkeiten können ganz allgemein beim Reiten mit HRM beobachtet werden:

  • Bei konstanter Geschwindigkeit und Steigung, steigen Pulswerte meist etwas über das angegebene Niveau, sinken dann leicht ab und pendeln sich dann relativ konstant ein (steady state). Das ist bei fitten Pferden so. Bei Pferden die nicht fit sind, steigt die Pulsfrequenz dagegen kontinuierlich an, bis der Reiter die Belastung reduzieren muß.
  • Der Einfluß von Steigungen ist, wie das Beispiel zeigt, ganz erheblich. Wir bilden die Pferde dahingehend aus, an Steigungen weder in Schrittlänge noch Geschwindigkeit nachzulassen. Das heißt nicht daß sie den Berg nicht mehr spüren. Das gilt auch für Pferde die wirklich fit sind und es lieben jeden Berg anzugreifen.
  • Der Einfluß der gerittenen Gangart Trab oder Galopp, ist wesentlich geringer als der von Steigungen, jedenfalls bei Pferden mit den Vorzügen eines ausgebildeten, fließenden und mühelosen Galopps
  • Wird die Anforderung vermindert (z.B. Temporeduzierung oder Flacherwerden einer Steigung), sinken die Werte beim fitten Pferd fast unmittelbar, und erheblich. Auch wenn die Belastung vorher auf hohen Niveau war und nur geringfügig vermindert wird. Bei einem weniger fitten Pferd vergeht hierfür deutlich mehr Zeit, oder sie sinken deutlich langsamer;
  • Demgegenüber haben viele fitte Pferde ähnlich hohe Herzfrequenzen, wenn die Belastung hoch ist, z.B. an steilen Steigungen, oder bei Sprints, als weniger fitte – ja sogar höhere. Die Werte steigen und sinken schneller. Viele Ausdauerathleten sind schlechte Sprinter, oder entbehren der Kraft am Berg;
  • Viele Pferde haben bei derselben Geschwindigkeit im langsamen Galopp (Canter) eine niedrigere Pulsfrequenz als im Trab;
  • Das Pferd zeigt im entspannten Zustand das Bestreben, im effizientesten Pulsbereich bei 120-150 zu laufen, und die Gangarten Trab und Galopp entsprechend wechseln zu wollen;
  • Nach längerer Zeit (mehrere Stunden; je nach Fitneß) oder mehreren Höchstbelastungen (Peaks) steigen die Pulswerte höher und sinken langsamer;  
  • Bei Erregung des Pferdes sind die Werte 10-20 Schläge höher, die Erholung ist definitiv schlechter;
  • Bei starken Erregungszuständen (Angst, Erschrecken, Scheuen) steigt der Puls auch ohne Belastung auf 140 und mehr. Das heißt nicht daß sie auch stärker beansprucht sind. Nur der Herzmuskel selbst arbeitet stärker;
  • Äußere Faktoren, wie Witterung, Jahreszeit und Felldicke haben relativ wenig Einfluss auf die Pulsfrequenz. Die Ausnahme sind ausgesprochen warme oder heiße Temperaturen, oder tiefe Böden. Schneebedeckte Böden ebenso wie starker Regen vermindern die Lauf-Pulsfrequenzen leicht. Sturmwind animiert die Pferde und erhöht hauptsächlich die Pulsfrequenz beim Schrittreiten.

FEINE  ALARMZEICHEN BEACHTEN / PRÄVENTION

Wer bergab trabt stellt fest daß die Pulsfrequenz erheblich absinkt, je nach Pferd 20 Schläge und mehr gegenüber dem Wert in der Ebene. Wenn man das feststellt, wird man den Bergabtrab bald ziemlich aus dem Trainingsprogramm verbannen, weil er, was das cardiovasculare Training betrifft, kaum Nutzen hat. Wenn aber beim Bergabtraben die Werte einmal nicht wie üblich fallen, ist das ein ziemlich sicheres Zeichen für Schmerzen in den Vorderbeinen, und beginnenden oder chronischen Problemen . (Selbst bei gutem Reiten trägt die Vorderhand beim Bergabreiten ein Großteil des Gewichts - das ist eine Sache der Physik woran wir relativ wenig ändern können.)

Der Reiter tut gut daran, solch feine Alarmzeichen zu beachten, und Tempo zurückzunehmen, bevor ein größeres Problem daraus entsteht. Zwar ist es in gewissen Rahmen höchst individuell bedingt, aber stark abfallende Pulswerte scheinen fast ein Indiz gesunder Vorderbeine sind. Das Gegenteil mag nicht immer richtig sein, aber oft.

Auch sonst sind erhöhte Pulswerte oft ein Zeichen von Unwohlsein oder Schmerzen. Der Reiter tut gut daran, zunächst langsam zu machen, und die Ursache festzustellen. Einige Pferde vertragen es nicht gut vor dem Reiten gefüttert zu werden und es gibt keinerlei andere Anzeichen, als einen um 10 Schläge erhöhten Puls. Der Reiter tut gut, seine Fütterungsroutinen zu überdenken, und nichts besonderes vom Pferd zu verlangen, bis es seine Normalwerte wieder erreicht hat. Es gibt Schmerzen bei denen die Pulswerte nicht hochgehen, und bei manchen Pferden gehen sie mehr hoch als bei anderen. Aber es ist immer klug festzustellen wenn etwas ausser der Norm ist.

An einem bestimmten Tag komme ich extra früher aus dem Büro, die Sonne scheint und ich möchte einen richtig langen und schwierigen Trainingsritt machen. Das Pferd läuft gut, aber während des Warmreitens stelle ich fest daß die Pulswerte 10 Schläge höher als normal sind. Wird jetzt der intelligente Reiter am ursprünglichen Plan festhalten? Wohl kaum. Steigt er ab und führt sein Pferd nachhause? Auch nicht, es sei denn, es will nicht vorwärtsgehen wie sonst, und es gibt noch andere Anzeichen. Stattdessen biegt er auf eine kürzere Strecke ab, oder macht einen Bummelritt, und achtet in den nächsten Tagen auf Anzeichen einer Infektion, oder Erkältung.

Genauso sind schlechte Reiter, oder unpassende Ausrüstung (Sättel) Grund für Erhöhung der Pulswerte. Wenn ich mein Pferd einem anderen Reiter gebe, damit er es einen Teil der Woche trainiert, würde ich ihm auferlegen mit HRM zu reiten und die Daten aufzuzeichnen. Es ist ein mächtiges Tool zur Kontrolle. Unbemerkte Überforderung wird damit ein ganzes Stück unwahrscheinlicher. Die Voraussetzung ist, daß man es mit Verstand  gebraucht, wie mit allen Dingen.

Ich gebe zu, daß auch ich anfangs skeptisch gegenüber dem HRM eingestellt war, aus ähnlichen Gründen wie zu Anfang des Artikels beschrieben. Skepsis ist nie eine verkehrte Eigenschaft für einen Reiter. Mittlerweile habe ich meine Meinung zum HRM geändert. Seitdem ich ihn konsequent im Training verwende (ca. 5 Jahre), habe ich alle größeren Trainingsverletzungen vermieden (kleinere sind nicht immer zu vermeiden). Fehler sind unvermeidlich, aber die Chance zur Fehler-Früherkennung ist mit Heartrate-Monitor deutlich verbessert. Wir müssen uns darüber klar sein, daß das Risiko steigt, je mehr KM, und je schneller wir reiten, und sich Fehler in ihren Auswirkungen mit KM-Leistung und Geschwindigkeit potenzieren. Einige ziehen daraus den Schluss so wenig wie nötig zu trainieren, aber dieser Weg bringt das Pferd ungenügend vorbereitet auf den Wettkampf, mit den entsprechenden Verletzungsrisiken. “No surprises” und “Train hard, win easy” sind weit intelligentere Ansätze zum Training von Athleten - erfordern aber auch mehr Arbeit (im geistigen Sinne, wie in Punkto Sitzfleisch als Reiter). In manchen Kreisen sind sie deshalb unbeliebt... Wie auch immer: Der HRM soll dazu führen, bewußter und vorsichtiger zu reiten, dann hat er seinen Zweck erfüllt. Oft hat das im Gefolge, seiner reiterlichen Intuition wieder mehr zu trauen (was leicht ins Hintertreffen gerät im Bewußtsein des “Leistungstrainings”!), oder diese zu verfeinern.

HERZFREQUENZ - EFFIZIENZINDEX

Um Trainingsfortschritte im aeroben Bereich für ein bestimmtes Pferd festzustellen gibt es eine relativ einfache Methode: Man mißt eine ebene Geländestrecke mit gutem Geläuf von 800-1500m ab (auch nach der Karte), reitet sie im Trab oder Galopp nach gutem Warmreiten mit möglichst gleichmäßiger Geschwindigkeit und Herzfreuenz (z.B. 140) und stoppt die Zeit. Anschließend dividiert man die Geschwindigkeit (in Meter/ Min) durch die Herzfrequenz. Je mehr Meter das Pferd mit jedem Herzschlag zurücklegt desto größer die aerobe Fitneß. IVERS gibt an daß trainierte Vollblüter im Canter auf 14 ft/bt kommen während untrainierte Vollblüter nur 7 ft/bt erreichen (1m = 3.281 ft). Voll vergleichbar sind nur Werte die in derselben Gangart und im gleichen Pulsbereich genommen wurden. Bei Pferden die sich im langsamen Galopp aufregen, sind die Indexzahlen bei niedrigen Bereichen wie 140 eventuell verfälscht (emotionale Artifakte). Man kann das ab und zu machen um Trainingsfortschritt festzustellen, sollte aber beachten daß witterungs- und geläufbedingte Unterschiede erhebliche Meßdifferenzen hervorrufen.


ECHTE  ATHLETEN

Wenn man zwei Pferde auf einer ebenen Strecke von vielleicht 2-3000m mit hohem Tempo, vielleicht 18-20 km/h laufen läßt, werden die Laufwerte selbst wenig Anhalt bieten welches gut und welches mittelmäßig konditioniert ist. Das eine läuft bei hoher Belastung mit Puls 180, das andere -  vielleicht sogar das bessere von beiden - mit 185. Anschließend wird zu Trab (12km/h) durchpariert. Das fitte Pferd erreicht nun schneller seine bei 12 km/h “übliche” Trabfrequenz  als das weniger fitte, d.h. die belastungsbedingte Pulserhöhung verschwindet schnell. Dasselbe geschieht auch wenn zu Schritt durchpariert wird. SCHNELLE ERHOLUNG ist das beste Kriterium für Kondition. Viele notieren daher die Erholungswerte die 60-90 Sekunden nach Beendigung einer Höchstbelastung anfallen. Am besten geeignet hierfür ist die Aufzeichnung der Pulswerte im 5-Sek.-Rhythmus und graphische Analyse, wie sie technisch führende Heartrate-Monitore erlauben.

Praktische Reiter-Regel: Kenne den Puls Deines Pferdes im normalgerittenen Schritt. Bei einigen fällt er unter 100, bei anderen unter 90, bei manchen mag er unter 80 fallen. Nach stärkeren Belastungen muß der Puls – im Ausdauer- und aeroben Training -  rasch unter diese magische Normalmarke fallen. Tut er das nicht und atmet das Pferd stark, halte ich kurz an, gebe dem Pferd Rast bis zur Erholung (nur 1-2 Min). Erst dann kann ich eventuell einen neuen Belastungsreiz setzen.

Ein anderer wichtiger Parameter für Fitneß beim equiden Ausdauersportler ist das STEADY STATE. Ein fittes Pferd ist in der Lage, über mehrere Minuten gleichmäßig hoher Belastung mit Puls 180-190 zu laufen. Bei einem weniger fitten Pferd würde der Puls auf der gleichen Teststrecke immer stärker ansteigen, weil zunehmend Laktat mobilisiert wird um die Leistung halten können. Ein unfittes Pferd kann glücklich sein ein Steady-State bei Puls 150-160 zu erreichen. Excellente Pferde mit hoher HRmax. erreichen  an maximales Steady-State von 190-200, d.h. sie sind fähig über mehrere Minuten ein Laktatgleichgewicht bei Belastungen zu erhalten, bei denen die Muskeln eines weniger fitten den Dienst quittieren. Bevor das aufgrund von Laktat geschieht, heben die Pulswerte ab. Man soll sich in dem Zusammenhang übrigens kein Angst machen lassen von vielleicht schon gehörten “Laktatschwellen”: Laktat ist kein Feind des Athleten – sondern ist ein zusätzlicher Brennstoff der in FTH-Muskelzellen (fast twitch/ high oxydative) genutzt werden kann – ein Vorgang den man im dritten Trainingsjahr trainieren kann. Wodurch? Durch vorsichtiges Training an oder oberhalb der anaeroben Schwelle. Hier wird der HRM zum wirklich nützlichen Tool.

Die “wahren Gegner”

Die meisten Pferde können nicht an ihre Leistungsgrenze herangeritten werden, weil sie zu jung oder nicht genügend konditioniert sind, ihr Grundaufbau noch nicht abgeschlossen ist, sie mentale Schwierigkeiten haben (zu heissblütig), wegen Problemen mangelnder Rittigkeit und Ausbildung – oder aufgrund von Gangwerksproblemen, bekannten Schwachpunkten, alten ausgeheilten Verletzungen etc. die Rücksichten erfordern – oft über viele Jahre.

Gesetzt den Fall, wir haben das seltene Glück ein Pferd zu reiten das unbegrenzt einsatzfähig und belastbar ist, gibt es dennoch selbst für den Top-Athleten durch die Physiologie bedingte Grenzen.

Die wahren Gegner des equiden Ausdauerathleten sind:

  • ÜBERHITZUNG,

  • WASSER-/ ELEKTROLYTMANGEL,

  • ERSCHÖPFUNG DER ENERGIERESERVEN.


Keines dieser Probleme tritt auf kürzeren Ritten auf oder ist auf diesen trainierbar. Gemäß dem Grundsatz, das Pferd an alle Wettkampfbedingungen langsam heranzuführen und zu gewöhnen, ist es offensichtlich daß ein Trainingsprogramm nur aus kurzen schnell Ritten von 1-2 Std. hier nichts bewirkt. Das Tempo daß ein Pferd über 1-2 Std. gehen kann, oder selbst über 4 Std., kann es noch lange nicht über 8-10 Std. gehen. Die Gefahr der Erschöpfungsfalle ist dann sehr real.

Pferde zu trainieren 50 km in 3 Std. zu gehen, oder 80 km in 6 Std., ist kein allzu großes Kunststück: LSD für ein Jahr zur Entwicklung des Fundaments, Leistungstraining ein Jahr. Das ist mit jedem günstig veranlagten Pferd erreichbar. Was darüber hinausgeht, da wird irgendwo “Elite” feststellbar: Nicht in einem rassistischen Sinne, bestimmte Zuchtlinien oder Rassemerkmale betreffend, sondern im athletischen Sinne: Der Wille absolut vorwärtszugehen, auch unter Schwierigkeiten, und der Fähigkeit des Körpers zur Höchstleistung bar jeder antrainierten Dressur: Ein Pferd das bei 30° C mit 140 Puls zwei Stunden vorwärtstrabt, jeder reiterlichen Anforderung nachkommt, im Puls befriedigend regeneriert, aber bläst wie eine Dampflok (Überhitzung!), ist eben trotzdem schlechter als eins, das unter die gleiche Leistung aus eigenem Antrieb erreicht, dabei bis Puls 160 beschleunigt, mehr schwitzt, vielleicht auch im Ziel langsamer im Puls regeneriert – aber einen tiefen Atemzug nimmt und dann ruhig steht, oder frißt. Erster ist komplett an der Grenze zur Alkalose. Letzteres ist – physiologisch und mental - der bessere Athlet. Aber es ist schlechter durch einen Wettkampf zu bringen, weil die Tierärzte einen solchen Typ nicht erkennen, und er vielleicht strapazierter aussieht als der andere. Der echte Athlet säuft auch nicht bevor ihm wirklich warm wird, und wenn das 40 km und mehr dauert!  Der Steppentyp säuft seltener als der Warmblüter oder das Pony, dann aber verhältnismäßig größere Mengen - selbst auf der Weide mit Überfluß an Wasser. Er wirkt eher dehydriert, läuft aber trotzdem. Wenn er das Wasser wirklich  braucht, fängt auch er an zu saufen. Der Typ der schon nach 10 km Wasser braucht, säuft entweder später nicht ausreichend oder braucht solche Wassermengen, daß er nie lebend eine Wüste durchqueren könnte... Die Beduinen hätten den anderen Typ gewählt.

Was die Erschöpfung der Energiereserven angeht, da gibt es verschiedene Schulen, was man tun kann. Die einen favorisieren große Mengen Rauhfutter vor und während des Wettkampfes, andere setzen auf Öl, das letzte und vielleicht beste Konzept ist Kohlenhydrate-Ergänzung in konzentrierter Form (Carbo-Charge). Einig sind sich alle daß Energieerschöpfung kein gottgegebenes Schicksal ist wie man das vor 20 Jahren dachte. Einen “toten Punkt” gibt es nicht notwendigerweise...

TRAININGS-LOG (Das Reitbuch)

Man kann ein Pferd nicht in einen starren Trainingsplan stecken, der Woche für Woche festgelegte Leistungen vorsieht, und sei er noch so maßgeschneidert. Erstens funktioniert das Pferd anders, es gibt immer wieder Notwendigkeiten zurückzuschalten, zweitens sind die Trainingsbedingungen des Geländereiters (Wetter, Geläuf etc.) in den meisten Fällen so inkonstant dass lineare Leistungsentwicklung kaum feststellbar ist. Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück, ist üblich. Abrupte Änderungen im Trainingsspielplan aber sind der Feind jedes, besonders des equiden Athleten. Bei hochblütigen Tieren ist auch auf mentale Umstände Rücksicht zu nehmen. Um den Überblick zu behalten und wenigstens im Nachhinein Belastungen abschätzen zu können, haben intelligente Distanzreiter seit Jahrzehnten Trainingstagebücher geführt. Früher auf Papier, heute auf dem PC (Datenbank oder Excel-Sheet). Die Auswertungsfunktionen sind vielfältiger. Das gibt dem Trainer die Freiheit, intuitiv festzulegen (oft erst nach dem Losreiten) ob er heute einen langen oder kurzen, anspruchsvollen oder relaxten Ritt macht, je nach Laune und Tagesform – und erlaubt ihm dennoch, wenn er hinterher ruhig am Schreibtisch sitzt, eine genaue Belastungskontrolle.

DR02

Abb. Ausschnitt eines Trainingstagebuchs. Es gibt noch weitere Spalten, Tabellenblätter, und Grafiken zur Analyse

Außerdem gibt es viele andere Notizen die in einem Trainings-Log nützlich sind – Bemerkungen zum Verhalten, Zeitpunkt und Details des Hufbeschlages, Gabe von Medikamenten und Wurmkuren, Fütterungsänderungen, alle Gesundheitsprobleme. Kein Mensch kann das alles im Kopf behalten. All das dient der Erforschung von Ursachen und Wirkungen, nämlich solchen guter wie schlechter Leistung.

HEARTRATE-LOG’s

Wie schon erwähnt, die intelligenteren der Heartrate-Monitore erlauben heute Speicherung der Werte und anschließend Überspielen auf PC, Analyse und graphische Auswertung. Das ist alles in der humanen Leichtathletik schon länger üblich und etabliert sich sehr langsam auch im (viel konservativeren) Pferdetraining.

Anders als in der Bahn oder auf dem Laufband, ist je nach Geländeform die Belastungskurve eines Trainingsrittes sehr schwankend, es sei denn man ritte rücksichtslos gegenüber Geläuf und Steigungen. Ein intelligenter Reiter macht so etwas nicht und hat deshalb Schwierigkeiten, Leistungen zu vergleichen. Es geht aber.

DR03

Abb. Zeit/ Herzfrequenzdiagramm eines anspruchsvollen Trainingsrittes. Die höheren Zacken repräsentatieren Steigungen und  schnellere Gangarten

Nach einiger Erfahrung stellt man fest, daß jede Trainingsstrecke ähnlich aussehende Herzfrequenzkurven erzeugt, da Gelände und Geläuf vorgeben an welchen Stellen wie schnell geritten werden kann. Es gibt Funktionen, Kurven zu überlappen um sie besser vergleichen zu können, oder sie in andere Grafikprogramme zu exportieren und dort ausschnittsweise zu vergleichen. Dies erlaubt eine sehr präzise Trainingsüberwachung, wie Vergleich mehrerer Athleten untereinander, was auch vielleicht für Sichtungsverfahren u.ä. anwendbar wäre.

Letzter Schliff ist die Belastungskontrolle über die Saison mit Auswertung nach Belastungsbereichen (Basisausdauer, aerobes Training, erhöhte Belastung, anaerobe Grenze, Maximaltraining).

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Abb. Saisonauswertung nach Belastungsbereichen

DIE ZUKUNFT

Es  gibt noch andere Möglichkeiten HRM zu nutzen, um Pferde optimaler zu trainieren, ihre Leistung zu verbessern und sie gesund zu erhalten. Die Entwicklung steht nicht still, und wer moderne Techniken früher und sinnvoller nutzt als andere hat einen Vorsprung, zumindest auf lange Sicht. Während ich dies schreibe, bin ich bereits einen Schritt weiter am experimentieren, mit neuartigen Fütterungszusätzen, Glucosemetern, Thermistoren und anderem. Es wird sich zeigen, ob sie etwas bringen, doch ohne es ausprobiert zu haben werde ich es nicht erfahren. Trainer sollten an neuen Dingen aufgeschlossen sein, und ihre Pferde besser zu trainieren als letzten Monat, nicht nur um sie schneller zu machen sondern zum Wohle der Tiere. “Geheimnisse” die es lohnen würde für sich zu behalten gibt es nicht mehr. Ich kann mir leisten Tips zu geben, weil ich weiß, wie ich mein Pferd durch einen Trainingsplan mit hoher Workload bekomme, ohne es zu überfordern. Das Pferd braucht dazu eine Aufbauzeit von mehreren Jahren. Reiter X kann das nicht in 5 Wochen nachmachen wenn er einem festen Plan folgt (die früheren starren Trainingspläne haben geholfen, viele Pferde zu verschleißen). Ein denkender Reiter kann immer von den Erfahrungen anderer profitieren, auch wenn er deren Techniken nicht sofort umsetzen kann. Erfahrungsaustausch ist selber eine Schlüsseltechnologie, und engagierte Trainingsgemeinschaften, Vereine oder moderne Netzwerke in denen Informationen auch über Ländergrenzen hinweg ausgetauscht werden, auch Newsgroups wie Ridecamp, haben hohen Wert. Informationen werden immer schneller verbreitet und müssen demzufolge auch schnell gespeichert, verarbeitet und auf ihren Gehalt geprüft werden. Jeder Reiter sollte noch dazulernen können. Soweit es Pferde betrifft, bleiben wir solange wir leben Anfänger. Ich bin gespannt dazuzulernen.

Frank Mechelhoff, Pferdskopf Endurance Stables, Schmitten/ Taunus, im Januar 2000


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