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Neu 2021

Elefantenhaltung, so oder so... - wie es anfing


Wie wir unsere Pferde heute halten, auf großen Wiesen Tag und Nacht, Sommer wie Winter, hat zu tun mit den... Elefanten!

Und das kam so.

1972 zogen wir, d.h. meine Eltern mit meiner jüngeren Schwester und mir, von Berlin nach Hamburg. Wir wohnten in Stellingen, in der Stadt und doch mit viel Grün, und der Zoo war zehn Minuten Fußweg entfernt. Wir hatten eine Jahreskarte von Hagenbeck. In Hamburg geht man nicht "in den Zoo", sondern sagt, man gehe "zu Hagenbeck" oder "in Hagenbeck's Tierpark". Wir waren also oft da, und als Kinder liebten wir neben den Robben und dem später durch seine Fernsehauftritte berühmten See-Elefant besonders die Zwergziegen, weil die sich so gut füttern liessen und so verbettelt waren. Aber selbst die Ziegen wurden vergessen wenn einer der Elefanten die Zoowege entlangmarschiert kam, mit einer kleinen Plattform oben aufgeschnallt, auf denen Zoobesucher saßen - ich glaube, nur Kinder, wegen des Gewichts. Der Elefantentreiber rief "Achtung!" damit die Zoobesucher etwas Platz machten, und es war unendlich eindrucksvoll wie dieses große Tier mit runzliger Haut völlig ruhig und vorsichtig seinen Weg durch die Zuschauer nahm. Als Kinder versuchten wir natürlich, ihm möglichst nahe zu kommen, und hatten absolut das Gefühl, die Elefanten würden auch im Gedränge gut aufpassen, um niemanden mit ihrem großen Körper anzustossen oder zu verletzen.
Es wurde auch erklärt, dass man den Elefanten auf diese Art zu mehr Bewegung verhalf, um ihre Gesundheit in Gefangenschaft zu erhalten, und man diese Elefantenrunden (die gewiss extra kosteten, und wenige Jahre später eingestellt wurden) nur mit den zahmsten und ruhigsten Tieren mache.

Elefantenreiten-1975

Wir sahen die Elefanten auch beeindruckende Lasten transportieren, etwa Balken für den Bau neuer Gebäude, oder einfach bloß Baumstämme von einer Ecke des Geheges in die andere tragen. Das machten sie mit derselben Ruhe, wie sie die Besucher transportierten. Die für die Elefantenhaltung verantwortlichen Leute machten sich Gedanken darum, wie man die Elefanten nutzbringend einsetzen und zugleich artgerecht bewegen konnte, das war für alle erkennbar. Bei den öffentlichen Fütterungen war das Zoopersonal bestrebt, die Tiere für ihr Futter "arbeiten" zu lassen, anstatt es ihnen einfach vors Maul zu werfen.
Die Elefantengehege waren ziemlich groß, man sah die Tiere bloß von weitem, und im Sommer vielleicht gar nicht, weil sie sich dann in der Sonne lieber unterstellten. Ein oder zwei waren dann in kleinere Gehege abgestellt, näher an den Besuchern, aber von diesen durch einen tiefen Graben getrennt, nicht durch Gitter, und nahe genug dass man ihnen Brötchen in den Rüssel geben konnte, was natürlich für Kinder ein Erlebnis ist. Wir lernten zugleich auch, dass die einigermaßen artgerechte Unterbringung von großen Tieren dazu führt, dass die Tiere damit schlechter zugänglich sind, man sie mitunter schlecht zu sehen bekommt, oder vielleicht auch gar nicht. Ein Konflikt, mit dem jede Zootierhaltung arbeiten muss, denn natürlich besteht der Sinn eines Zoos darin, den Besuchern Tiere zu zeigen.

Vier Jahre später zogen wir wieder um, nach Frankfurt. Da gingen wir natürlich wieder in den Zoo, obwohl der etwas weiter weg von unserer Wohnung war, aber mit U-Bahn und Straßenbahn auch nicht schwierig zu erreichen (heute hat der Zoo längst U-Bahn-Anschluß). Uns fiel gleich auf, dass dieser Zoo beträchtlich kleiner war als Hagenbeck, viel dichter von Häusern umgeben, nahe an der Altstadt und mit weniger Grün. Die Tiere hatten also weniger Platz. Die Raubtiere waren nicht in grünen Ausläufen, von den Zuschauern nur durch Gräben abgetrennt, sondern hinter Gittern in Boxen. Dort lagen sie unbeweglich herum und schienen die Besucher nicht zu bemerken. Ihr katzenhafter, ruhiger Gang und ihre Kletterfähigkeiten waren nicht zu erahnen, denn es gab keinen Anlass für sie, sich darin zu üben.
Und dann sahen wir sie, die Elefanten des berühmten Fernseh-Zoodirektors Grzimek, dessen Tiersendungen wir im Fernsehen nie verpassten, im "Elefantenhaus" - einen Auslauf im Freien gab es nicht. Die Elefanten standen in gekachelten Boxen, dicht nebeneinander, oft zu zweien, einige kurz angekettet, und manche webten unaufhörlich (eine psychische Störung aus Bewegungsmangel, wenn Tiere ständig von einem Bein auf das andere treten und dabei ihr Körpergewicht verlagern, ein Laufen auf der Stelle). Es stank, die Tiere standen in den eigenen Fäkalien. Sie hatten Schrammen und entzündete Gelenke und sahen mitleiderregend aus. Das waren nicht die ruhigen, stolzen Elefanten, die wir kannten.
Wir waren 12 und 9 Jahre alt, und unsere Eltern mussten wohl unsere entsetzten Gesichter und unsere Tränen in den Augen gesehen haben. Wir beschlossen auf der Stelle, dass man einen solchen Zoo, der seine Elefanten so hielt, nicht weiter unterstützen darf. Man muss gerechterweise sagen, als wir die Elefanten sahen, war Bernhard Grzimek als Zoodirektor bereits zwei Jahre pensioniert, was wir damals nicht wussten. Aber in den Jahren zuvor war die Elefantenhaltung sicher keine andere, und hatte ihm offenbar keine schlaflosen Nächte bereitet. Und wenn zur Verteidigung solcher Zustände angeführt wird, dass man auf diese Art doch wenigstens Kindern Elefanten zeigen kann, damit sie sie direkt und mit allen Sinnen erleben, sage ich, was ich wahrscheinlich schon als 12-Jähriger gesagt hätte, nämlich, dass man von Tieren, die auf diese Art gehalten werden, ein völlig falsches Bild bekommt, und auch nicht das geringste lernen kann (jedenfalls viel weniger als von gut gemachten Tiersendungen im Fernsehen). Es gab, glaube ich, auch damals schon das weitläufigere Elefantengehege im Opel-Zoo bei Kronberg, was nur 20 km von Frankfurt entfernt liegt, und mit der S-Bahn und etwas Fußweg oder Bus erreichbar ist. Es war also durchaus nicht nötig, in Frankfurt ebenfalls Elefanten zu halten, bloß um zu zeigen, dass man welche hat. 1984 gab der Frankfurter Zoo seinen letzten Elefanten ab - nach Hagenbeck.

Wegen der Elefanten also wäre für uns Stadtkinder, ohne direkten Bezug zur Landwirtschaft, das Reiten von Pferden, die doch noch mehr Bewegungstiere sind als Elefanten, die in Boxen gehalten wurden, niemals in den Sinn gekommen. Das war Ende der Siebziger, Anfangs der Achtziger Jahre aber überall noch Standard im Raum rund um Frankfurt -- außer in Seelenberg im Taunus, beim "Islandponyhof Gräf"...

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