taunusreiter TAUNUSREITER
(c) Frank Mechelhoff 2019 - Kopien speichern nur zum privaten Gebrauch zulässig
Verwendung der Bilder und Texte in eigenen Websites oder zu geschäftlichen Zwecken ohne meine schriftliche Genehmigung nicht gestattet - das gilt auch für Google und andere Verwerter!
Kontakt: taunusreiter -at- yahoo.de

Neu Feb. 2020 (update Juni 2022)

Teil 6 - Von den Alpen bis zum Meer - 1092 km in 27 Tagen  -- Juli 2019

Fortsetzung von Teil 5

Frankenwarte

11. Tag (Sonntag)
Wilde Rodach und Frankenhöhe
Schöne Strecke, bergig.

Frühstück mit dem jungen Hausherrn, ich muss ihm etwas Geld förmlich aufdrängen, sie führen schließlich einen professionellen Pferdebetrieb, er hatte gestern abend noch Pizza bestellt und Bier spendiert. Das Pferd soll auch nicht für umsonst stehen, und zusätzlich nehme ich noch eine Tagesration Hafer mit. Leider vergesse ich das Mückenspray (0,5l-Flasche) einzupacken - manchmal ist es in unübersichtlichen Ställen schwierig alle Sachen beisammenzuhalten.

Aufbruch frühstücksbedingt erst um 9:10. Das Wetter am Morgen ist grau, und Regenwolken ziehen am Himmel. Aber es ist warm, ich kann weiterhin im T-Shirt reiten, der Regenmantel bleibt am Sattel verschnallt.

Heute wollen wir vom Main über die Haupthöhe des Frankenwalds; es steht ein anstrengender Tag an. Erster Aufstieg in Richtung Veitlahm; die Wege sind eher fest mit ein paar unmotivierten Reitverboten, alle nur in einer Richtung ausgeschildert und ohne benutzbare Alternativen. Erste Pause 10:40-55 auf einer Wiese zwischen Kirchleus und Unterdornlach, 8 km, viel Asphalt.

Ab Leite endlich bessere Wege, wo man traben kann. Über den breiten Kamm verliefen früher alte Straßen, es gibt gleich zwei „Hohe Straßen“ auf meiner Karte. Wir versuchen aber einen etwas kürzeren, dafür ruhigeren Weg zu nehmen, der einen Aufstieg mehr hat. Es geht auf Losau zu, Hauptort unterhalb der Höhe, die Straßenführung und der Übergang sind etwas abgeändert, fast immer werden Überquerungen damit schwieriger für Reiter. Aber es stehen wenigstens keine Zäune herum. Um 12:15 tränke ich am Brunnen, lasse das Pferd ein paar Hälmchen fressen, halte Ausschau ob es irgendwo ein Wirtshaus gibt, finde aber nichts. Das Dorf liegt totenstill bis auf ein paar kläffende Hunde. Geradeaus, steiler Aufstieg auf den Frankenwald, guter Boden für Khorsheet, ich lasse mich am Schweif mitziehen (Tailing). Statt des Mischwalds in den Tallagen weiter oben nun Bergnadelwald.

12:50-13:40 zweite Pause an einer Kleewiese östlich von Oberehesberg. Jetzt kommt die Sonne heraus. Entlang der Höhe geht es gut weiter. Durch den Kleinweiler Haid, kleine Wiesen, Pferdekoppeln und zwei (arabische?) Pferde. Ins Rodachtal hinab geführt, harte Wege. Ich nehme den „sicheren“ und längeren Hauptweg nach unten ins Tal, um nicht am Ende des steil bergab führenden Pfads, direkt vor der Wilden Rodach, an einem für Pferde unpassierbaren Steg zu stehen. Im Tal ein Rad- und Spaziergängerweg, zuerst sehr lauschig, mit zahlreichen Wasserstauungen aus der Flößerzeit, und tatsächlich mehrere wacklige Holzstege, über die wir gottlob nicht drüber müssen. Dann läuft direkt daneben die laute Hauptstraße, die nach Hof führt. Wir müssen drüber, und gleich wird's wieder steil.

Zweiter Aufstieg heute, wieder Tailing. Ich mache das nur selten, heute wegen der Steilheit des Geländes aber gleich dreimal. Fast nur hartbefestigte oder ausgewaschen-felsige Wege. Mittelschnaid, Dorf mit alten „Sommerfrische“ - Touristenhäusern. Das Feuerwehrhaus neben der Kirche hat an der Außenwand einen Wasserhahn; ich tränke das Pferd und fülle meine Flasche auf.

16:20-40 dritte Pause im Wald, an einer kleinen Wiese. Schon 36,8 km nach GPS, 715m, höchster Punkt jenseits der Alpen!

Aus dem Wald heraus oberhalb von Geroldsgrün die ersehnte Hochebene, einige Ferienhäuser und frühere Bauernhöfe. Nochmals getränkt und Wasserbeutel für heute abend aufgefüllt vor der Feriensiedlung Geroldsreuth an einem kleinen am Weg entlang plätschernden Waldbach.

Um 17:40 beende ich den Ritt an einem markanten Aussichtsturm mit Heide, der Frankenwarte, nach 42 km Strecke und 7:05 Std. Reitzeit.

Ich muss in der Nachmittagssonne wieder mal eine kleine Handwerksstunde einlegen und die Mittelverbindung der Vordertaschen nachnähen. Anschließend führe ich Khorsheet zum nahegelegenen Weiler zurück, zum Tränken an einem Haus. Auch hier kein Gasthaus, der Ort ist auch viel zu klein. Zurück an der Warte koche ich mir  Linseneintopf. Der Platz ist romantisch, die Abendsonne wirft lange Schatten, das Gras ist eher karg und erinnert an Schafheide, aber Khorsheet, die Anspruchslose, wirkt trotzdem glücklich und zufrieden, dann bin ich es auch. Wir liegen etwa 4 km hinter dem Plan.

Auerstedt

12. Tag (Montag): Thüringer HöheSchöne Strecke, und über die deutsche Hauptwasserscheide

Um 7:55 reite ich los. Das Wetter ist bedeckt, noch warm.

Schwedenwache war eigentlich der für gestern abend geplante Etappenort, ist aber eine öde eingezäunte Rinderweide auf trockener zugiger Höhe. Da hatten wir es auf der Frankenwarte viel besser und romantischer. Der Bauer fährt mit dem Traktor einher. Wir halten auf die ehemalige Zonengrenze zu, reiten über Wiesenwege, umgehen drei hohe Windräder östlich. Gute Waldwege und ein paar lauschige Waldwiesen, bevor es auf Schotter (Hauptfahrweg des Forsts) in ein Zwischental geht - Thüringische Muschwitz, Bundeslandsgrenze und älteres Hinweisschild „Grünes Band“, 9:05, 9 km. Die Schilder hat man ja überall an die festen Wege gestellt, einen durchgängigen Verbindungsweg (wie das „Band“ suggeriert) gibt es nicht, bzw. nicht mehr. Es ist ein neuerer Weg; die historischen Karten zeigen hier keinen Übergang. Als nächstes kommen wir an den Rennsteig (bekannte historische Straße und Höhenwanderweg), den wir heute aber nur queren.

Auf der Höhe umgehen wir Helmsgrün: Schöne Wege; an einer Wiese nach 15 km erste Pause (9:45-9:55), und vor Remptendorf nochmal von 11:15-25 (26,2 km). Durch die beiden Dörfer Heinersdorf und Eliasbrunn: sehr schöne schiefergedeckte Häuser, wahrscheinlich aufwendiger als die Kleinbauern sie früher hatten. Dann über eine eingleisige Bahnstrecke am früheren, restlos abgebauten Bahnhof zwischen zwei Dörfern, jetzt kein echter Übergang mehr, und über den sich anschliessenden ehemaligen Truppenübungsplatz: Keine Hinweisschilder, offenbar munitionsfreies Gelände - was leider nicht überall so ist - und weiter durch die Heide entlang der Hochspannungsleitungen.

Ich habe mich beeilt, weil in Remptendorf ein kleiner Supermarkt ist, der ab 12:30 schließt. Für Khorsheet gibt's nette Wiese nebenan, da machen wir gleich Mittag (11:50-13:00), zumal schon 28 km geritten sind. Das Pferd bekommt noch frisch gekaufte Haferflocken und Äpfel, ich genehmige mir eine Maß lokal gebrautes, eisgekühltes Bier, erfahre von neugierigen Dörflern allerlei von Pferdehöfen der Umgebung, und wir haben gute Unterhaltung.

Der Weg nach Karolinenfield ist Baustelle, dann Asphalt, dann Schotter, durch den Wald ein kurzes Stück schön. Dort Gasthof (wohl Ruhetag) und viele Kühe, und insgesamt sehr viel Schotter. Weil der wirklich zum Kotzen ist zu laufen, und kein Zentimeter Randstreifen gelassen wurde, ein Stück mit dem Pferd quer durch eine abgefressene Weide : Steckpfahl hochgehoben, Pferd drunter durch geführt, und Pfahl wieder festgetreten. So geht das in Thüringen, alles kein Problem. Noch ein Grund also für festes Schuhwerk beim Wanderreiten.

Hinab zur Saale in Wahlsburg, dann steil bergauf, Straße. Vorbei an allerlei "Datschen" aus der DDR-Zeit, eine alte Villa ist jetzt "Katzenhotel"... Pause in Essbach, gegenüber großem Genossenschaftsbetrieb, 38 km, 14:40-15:00. Gewaltige Traktoren fahren ein und aus, wer hätte da Zeit einem Pferd Wasser oder Futter zu bringen? Einen Ort weiter, in Volkmannsdorf getränkt (Hof mit Haflingern).

Nach 45,7 km am Plothenbach 16:15-30 nochmal fressen lassen, die fünfte Pause heute. Wir trödeln jetzt offensichtlich, zehren vom am Morgen herausgerittenen Vorsprung, denn weiter als unser für heute geplanten Etappenort will ich nicht reiten, dann müsste ich nämlich noch gleich 7 km weiter, und das wirft dann für die folgenden Tage alles durcheinander. Es nützt aber auch nichts schon um 15:00 anzukommen, weil dann noch niemand da ist, den man nach Quartier fragen kann.

Im Ort sehe ich gleich ein paar Kleinpferde auf der Weide. Auf Nachfrage in einem großen Vierseithof bekomme ich rasch zu hören, wem sie gehören, und eine mit Lattenzaun umgebene Dorfwiese mit kurzem gutem Gras für Khorsheet von einer Freizeitreiterin angeboten. Sie hat auch etwas Müsli fürs Pferd, denn nach dem Biwak gestern ist mein Kraftfuttervorrat alle. Wo es hier soviele Fischteiche gibt, gehe ich Fisch essen in einem unweit gelegenen Restaurant, allerdings nicht Karpfen sondern Zander. Etwas weiter entfernt liegt noch eine Reitanlage, die einem Hufschmied zu gehören scheint. Aber mein Pferdchen hat’s hier gut, und wir müssen keine Umwege  machen. Die Gastgeberin und ihr Freund kommen noch mit einer Flasche Wein vorbei, und wir trinken im Sonnenuntergang auf die Pferde und ein langes Leben. Ich will nicht mehr Umstände machen als nötig, und übernachte beim Pferd auf der Wiese.


Allee
 

 

Di, 13. Tag : Plothener Teiche bis Hermsdorfer Kreuz.

Für Wiese, Pferdemüsli und noch etwas Fliegenmittel (kleine Sprühflasche) will ich Geld dalassen, aber die Gastgeberin weigert sich standhaft etwas anzunehmen. So danke ich einfach nur freundlich.

Um 7:35 breche ich auf.

Wir wollen auf der Wasserscheide zwischen Saale und Weißer Elster nach Norden, über diese Höhe verläuft auch die A9. Seit Betzenstein auf der Frankenalb sind wir westlich von ihr geritten, das soll auch heute noch so bleiben, nur sind wir näher heran. Oft in Sicht- aber kaum in Hörweite.

Zwischen den Teichen führen schöne Wege, die aber in einem alten Windbruch enden. Ich führe durchs Geäst, dann ein paar schöne Wiesen (mit vielen Hochsitzen) und über eine stillgelegte Bahnstrecke mit schon halb vermoderten Holzschwellen. Kein wirklicher Durchgangsweg nach Norden. Über die L1077 wird es besser. Vor Linda Koppeln mit vielen Pferden an der Windmühle. Im Wald feste Wege, die einigermaßen gut zu traben sind. Auf einer großen Wiese mit Rinderkoppeln ein schöner Rastplatz mit „Pferdeparkplatz“: Erste Pause nach 10,7 km von 9:10-40.
Bei Traun verlasse ich die Waldhöhe. Schöne Aussicht hinab aufs Orlatal und das silberne Band der A9 in 2 km Entfernung

Die Straße ins Orlatal hinab, von Traun nach Kopitzsch führe ich 3 km. Kurz vor dem Ort begegnet mir ein Bäcker-Auto, das ich armfuchteldn anhalte: zwei Apfelstückchen für mich, und ein Brot für Khorsheet.

Die nächste Anhöhe hinauf kann ich wieder traben. Bis zum Wald gut, dann auf einem kurzen Stück Wege leicht verwachsen und schwer zu finden. Dann wieder gute Wege.

Auf einer etwas verwachsenen Wiese am Jägerdreieck (20,2 km) zweite Pause von 11:25-45. Noch eine Weile entlang der Waldhöhe, dann ins Tal bei Ottendorf, und gegenüber 100 Hm den Selig kurz und steil hoch (geführt). Auf der Höhe langer Canter über schöne Stoppelacker. Khorsheet ist von den Hügeln gar nicht angestrengt und schwitzt kaum. Trotzdem Pause auf einer schönen Wiese, kurz bevor es wieder in den Wald geht - 12:45-13:30 (27,8 km).

Unterquerung der A4 nahe zwischen Teufelsbrücke und Hermsdorfer Kreuz. Die „neue“ Teufelstalbrücke ist mir keinen Umweg wert. 1997 bin ich in diesem Tal mit Ligeira und Natascha geritten, habe noch die „alte“ architektonisch bedeutende Brücke von 1938 stehen sehen, und im Nachbarort übernachtet. Der stattdessen jetzt gerittene Weg ist sicher besser und weniger lärmig.

Schleifreisen ist der nächste Ort: Unglaublich steile Ortsstraßen aus sehr glattem, rutschigen Kopfsteinpflaster. Der Weg ins Tal verwirrt mich etwas, ich suche ihn in der falschen Richtung und wundere mich, warum da Häuser stehen. Ab und zu hat man einen echten „Karten-Blackout“. Durch den ganzen Ort bis in den Zeitzgrund führe ich. Dort harte Wege mit viel Stollenspuren, wahrscheinlich vom Pferdebetrieb Janismühle.

In einem dichten Waldgebiet westlich der A9 sind nur die geschotterten Wege benutzbar. Viel unaufgearbeiteter Windbruch liegt herum. An den „Drei grauen Ziegenböcken“ verkehrsreiche, gefährliche (schmale) Straße, aber ringsherum sind alle Wege zugewachsen. Das Lokal - historisches Straßenwirtshaus - hat, wie zu lesen ist, geschlossen und wird offenbar renoviert. Auf den umliegenden Wiesen steht meterhoch das Gras. Schmaler Waldweg unter der Stromleitung nach Serba, der wird wohl frei sein. Ich muss trotzdem eine querliegende Kiefer kleinsägen und lasse Khorsheet dabei fressen, 15:55-16:25, 42,1 km, die vierte Pause für heute.

Im ersten Ort nördlich des Jenaer Holzlands war für heute Rittende nach Plan. Der Ort erscheint mir nach der Karte kleinbäuerlich geprägt, und so ist es auch. Gleich im ersten Hof frage ich nach Quartier, denn auf der naheliegenden Wiese sehe ich Paddock-Panele stehen. Diese sind allerdings für Kühe, nicht für Pferde, klärt man mich auf. Der Nachbar hat zwei Kühe und ein paar Schafe, und gibt mir sein Gartenhaus mit Wiese zum Übernachten. Ein netter, gastfreundlicher Typ - Abendessen im nahen Dorfgasthof, gut und günstig, nur 12,- inkl. zwei kleine Bier!


Pferd liegt mit Sattel


Mi, 14. Tag:  Eckardtsberga, Mitte Deutschlands

Das Gartenhaus hat sogar Strom zum Aufladen der Powerbank! Früh am Morgen - ich bin bereits frisch rasiert und aufbruchfertig - kommt der Gastgeber mit frischen Brötchen vorbei. Er hat noch ein bisschen Wald, in den er heute früh zum Brennholzmachen hinausfahren will. Khorsheet ist satt geworden und bekommt den Rest Müsli im Futtersack verfüttert. -- Start 8:30

Alter Ortsverbindungsweg nach Silberthal und Droschka. Sehr schöne Wege und tolle Aussicht zum Kesselberg (Parkplatz/ Stellplatz mit Wiese) und durchs Feld über den Goldberg. Wir traben.

Dann sehr harte Wege im Wald bis zur Tautenburg Sternwarte, wobei wir wahrscheinlich einen Weg zu früh abgebogen sind. Große Ansammlung von Jägern sind mit SUV und Pickups unterwegs. Wir biegen auf einen etwas zugewachsenen Weg ab, machen nach 12,6 gerittenen KM die erste Pause von 10:20-35 an der Torbuche im Wald. Die Wege sind jetzt besser, und auf einem schönen unbefestigten Weg (teils mit Hufspuren) geht’s durch Schafwiesen hinab ins Saaletal, nach Dorndorf.

In der Kleinstadt muss ich 600 m Umweg machen. Die alte, schmale Stahlbogenbrücke (Carl-Alexander-Brücke von 1892), über die ich vor 22 Jahren schon geritten bin, und über die damals noch der gesamte Verkehr rollte, einspurig und per Ampel geregelt, soweit ich mich erinnere, ist zwecks Aufarbeitung gesperrt. Wir müssen zur neuen Brücke, und vor den Schienen warten und einen Regionalzug passieren lassen. Aus dem Ort hinauf steiler Weg; ich mache ein Foto mit der Burg von Dornburg im Hintergrund an derselben Stelle wie 1997, und Khorsheetchen steht sogar in gleichen Haltung wie vor 22 Jahren meine gute unvergessene Ligeira..

Im Feld gute Wege; zweite Pause auf einem Grasweg vor Hirschroda 20,3 km 11:55-12:20. Khorsheet hat nicht mehr Hunger.
Im verfluchten nächsten Ort wurde unglaublicherweise eine Ortsstraße zugebaut und verzäunt, ein ganzer Innenortsblock zur Sackgasse gemacht, deswegen habe ich im Ort 600 m Umweg auf abschüssigem, schlechten glatten Pflaster.

Dafür ist der nachfolgende Weg über die Höhe und durchs Windradgebiet besser zu reiten als von mir befürchtet. Nach mehreren Tagen muss ich wieder einkaufen, dazu einen kleinen Abstecher nach Bad Sulza machen, und am Ortsanfang von Darnstedt die Bahn überqueren. Im Tal gepflegter Radweg bis zum in den Talwiesen ganz ländlich gelegenen Markt. Ich lasse Khorsheet frei grasen, sie geht während ich im Markt bin ein paar dutzend Meter an die nahe Ilm, weil sie anscheinend Durst hat. Es gibt aber, was mir schon beim anreiten aufgefallen war, keinen Weg hinunter. Ein paar Kinder wundern sich dass sie frei herumläuft und passen auf sie auf. Dritte Pause von 13:45-14:25 30,5 km.

An der Ortsausgangstraße leider keine Häuser wo man nach Wasser fragen könnte. Über die nächste Höhe hinweg schöne Wege, Trab und Canter bis zum nächsten Ort. Ich führe übers klirrende Pflaster, als ein stämmiger Handwerksmeister aus einem Hof tritt. Ich frage freundlich nach Wasser, und er fragt zurück, ob das ein Vollblutaraber ist. Er hatte auch mal welche, und fuhr sie sogar vor der Kutsche. Jetzt hat er Haflinger für die Tochter. Im Nachbarhof stehen sie. Ich bekomme Wasser und auch Schwarzhafer. Damit ist jetzt fürs heutige Biwak alles parat. Ich will bloß noch etwa 4 km reiten. Ein paar ältere Leute zeigen mir den Weg Richtung frühere LPG am Ortsausgang. Dann geht es noch zum Aussichtspunkt Vier Linden, der sehr schön inmitten trockener Schafweiden liegt (vierte Pause 16:05-25) wo ich mein Pferdchen nochmal fressen lasse. Für eine Übernachtung ist das Gras hier indes zu karg. Die "Schlacht von Jena und Auerstedt" fand hier statt, sie endete katastrophal für die Preußen. Napoleon hatte einfach die besser ausgebildeten Offiziere.

Nur eine Viertelstunde weiter liegt die Holländermühle von Eckartsberga, die ich um 16:55 nach 6:50 Std. Reitzeit und 38,6 km erreiche. Hier ist das zweite Viertel meiner Streckenkarte zuende, und wir haben somit, genau plangemäß, nicht nur die Hälfte der Strecke geschafft, sondern auch "die Mitte Deutschlands" erreicht.

Das Gras um die Mühle und die kleine Sitzraufe ist so trocken und der Hafer so spelzig, dass Khorsheet 15 Liter Wasser extra braucht, das ich mir mit der Gießkanne vom leerstehenden Nachbarhaus hole.

1997 war ich auch hier, und musste mein 4-jähriges Packpferd Natascha von hier heimbringen weil sie hinten lahmte. Der Restaurator der Mühle, Schmied Peter Hähnert, erklärte mir damals Konstruktion und Bau. Er weilt, wie ich erfuhr, seit einigen Jahren nicht mehr unter den Lebenden. Das Stahlrad der Mühle wurde zwischenzeitlich abgebaut. Es sei verschollen gewesen aber mittlerweile wieder aufgetaucht, höre ich.

Plötzlich rollen kleine Jeeps und SUV's aus allen Richtungen an, und zünftig grünloden gekleidete Damen und Herren entsteigen diesen. Die Jagdhornbläser vom Hegering geben sich ein Stelldichein, und erfreuen die Besucher der Mühle mit einem Ständchen: Einen älteren Herrn mit Zopf, der von alten DDR-Zeiten schwärmt, und mir zur gemeinsamen Brotzeit eine Scheibe seines eben gekauften Kräuterbrot abschneidet, seine Enkelin und mich. Khorsheet steht an der Seite, grast und guckt dabei mit gespitzten Ohren dem Treiben anscheinend beiläufig zu.
„Wird es denn nicht scheu, wenn wir anfangen zu blasen?“ fragen die Jäger – „Wenn da die richtigen Signale rauskommen, dann wird es strammstehen und Haltung annehmen“ lautet neine Antwort, und genauso ist es auch. Wir haben noch nette Unterhaltung; die Jäger lassen Schnaps umgehen und ich hole den Sherry aus der Satteltasche.

Als es schon dunkel ist, ich habe mittlerweile Paddock aufgebaut und das Pferd sicher verstaut, kommt einer der Jäger wieder zurück, der eigentlich ein Wildschwein schießen wollte, und fragt, ob er mir seinen 10-Liter-Kanister, den er wohl fürs Händewaschen im Auto hat, über Nacht fürs Pferd dalassen soll. Ich danke ich ihm herzlich, und stelle ihn beim Aufbruch wie verlangt leer hinters Gebüsch, und die „entliehene“ Gießkanne hinters Gartentor des benachbarten Hauses.


Holländermühle


Eckartsberga 1997
Foto 1997, mit Ligeira als Reitpferd, und Packpferd Natascha


Holländermühle
      Eckardtsberga 2022
Foto 2022 /Juni, von Maren Brümmer, die mit ihrer Trakehnerstute Auri meine Strecke in umgekehrter Richtung (1060 km in 29 Tagen) ritt: Die Flügel sind wieder montiert, und eine neue Sitzraufe.


Weiter mit Teil 7

Zurück zur Seite "Wander- und Distanzreiten"

Zurück zur Hauptseite
-->