taunusreiter TAUNUSREITER
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Neu Feb. 2022

Teil 7 - Von den Alpen bis zum Meer - 1092 km in 27 Tagen  -- Juli 2019

Fortsetzung von Teil 6

Herrenhaus

Do, 18.Juli (15. Tag): Finne bis Allstedt

Von Eckartsberga über die Finne schöne, breite unbefestigte Wege. Durch Braunsroda, was ich 1997 südlich umgangen habe. Zunächst auch angenehm schattig und frisch. Im Feld lange, etwas verwachsene Alleen. Erste Pause am Ortsausgang von Kahlwinkel auf einer schattigen, gut nachgewachsenen Mähwiese von 9:30-10:00 (13,5 km). Weiter nach Bucha.

In Memleben besuche ich die Kaiserpfalz (21,7 km), einen eindrucksvollen Bau aus dem 10. Jahrhundert. An einem Wohnhaus frage ich nach Wasser und fülle meine Flasche auf. Es ist schon sehr warm, leider hat die Schänke geschlossen. Pause 11:20-12:05 im Schatten der hohen Klostermauer. Eine neue Brücke über die Unstrut ist gerade im Bau, wir können als Fußgänger noch die alte benutzen.

Sehr schöner Weg am Weinhang entlang, danach kommt eine lange öde Waldung. An einer großen Kalihalde vorbei, die teils schon mit Wald bewachsen ist. Bis Ziegelroda viel junger Wald und trockene Ödnis. Ich muss eine alte, harte Straße durchs sonnendurchglühte Feld zum ehemaligen Flugplatz reiten, ohne bereitbaren Randstreifen, es gibt keinen Tropfen Wasser.

Ein VW-Bus mit Waldarbeitern kommt mir entgegen, die verwundert schauen. Ich frage nach dem im Openstreetmap eingetragenen „Imbiss am Flugplatz Allstedt“, den es aber wohl nur an  seltenen Flugtagen gibt. Das Gelände des Flugplatzes erreiche ich nach 36,8 km (Pause 14:20-15:15), einst ein großer Russenflugplatz wo sogar riesige Jets gelandet sind. Es existieren wilde Geschichten über Schmuggel in der Zeit nach dem offiziellen Abzug der Sowjets und vor der Wiedervereinigung. Das Gelände verfällt und verwächst zu Wildnis und Steppe. Für Kampfflugzeuge existuerten kleine Betonhöhlen, auch schon verfallen und völlig zugewuchert. Nicht im Traum ist hier an ein Biwak zu denken, wie von mir geplant. Stattdessen reite ich zum nächsten Ort weiter, zwischen Wald und der Ebene von Wölferstedt liegt, und wo ich auf Pferde hoffe, bzw. nach den Google Satellitenbildern auch erwarte.

Nach 43,2 km erreichen wir um 16:05 das Dorf. Von einer jungen Frau werde ich aus dem Auto (mit Ziegen-Aufkleber) angesprochen. Sie hat eine Pferdehaltung auf der staubtrockenen Höhe, wohin ich fast 2 km zurückreiten muss. Sie holt mich mit dem Auto ab, und wir bringen noch Wasser, Heu und 5 kg Hafer hin, das ist auch nötig. Ein hübscher 4j. Connemara-Vollbut-Mix und noch drei andere Pferde stehen direkt neben Khorsheet. Der Boden ist so hart, dass es fast unmöglich ist die Pfosten einzustecken. Ich bekomme noch Dusche und Abendessen „en Familie“ und eine Steckdose um das Handy zu laden. Gesamtzeit 9:04 Std., davon Pausen 1:46 Std., reine Reitzeit 7:18 Std., also ein langer Ritt heute. Trab 1:04 Std. (12,96 km), Galopp 1:00 min (346 m)

Memleben

Fr, 19.Juli (16. Tag): Am Rand des Ostharz


Khorsheet hat fast allen Hafer aufgefressen, etwa 5 kg, auf das Heu hat sie weitgehend verzichtet, doch ich habe sie viel grasen gesehen. Mit etwa noch 0,75 kg Haferreserve starte ich.

Sehr gepflegte Wege in der Ebene zwischen Winkel, Wölferstädt und Liedersdorf. Bei Bayernaumburg Edelkirschen Plantagen, die umzäunt ist - ich reite einmal falsch. Die Ernte ist in vollem Gange. Trotz der vorangegangenen Trockenheit scheint diese reichlich auszufallen. Die Kirschen sind köstlich. Auf der Höhe frühere Schäferei, jetzt gehobenes ländliches Anwesen. Ich mache auf einem schattigen Wiesenstück Pause, 8:30-45, 13,3 km.

Hinab in den Grund von Emseloh, verschwinden die Wege immer mehr. Ich hege schlimme Befürchtungen für meine Bahnunterführung, aber es gibt sie noch. Gleich danach verkehrsreiche Hauptstraße Richtung Sangerhausen. Das Tal hinauf Richtung Wippra ist voller Trinkwasserbrunnen und der Weg äußerst zerfahren. Wir können bloß Schritt reiten. Dann wird der Weg bis zur B86 besser. Am Straßenübergang kein Imbiß wie in der Open Streetmap Karte versprochen, und leider auch kein Gras. Dafür beginnt hier ein scheußlicher 7m breiter Schotter- Holzabfuhr-Highway, mit Gräben 18m breit, "Gefördert von der EU" verkündet stolz ein Schild. Dieser Waldautobahn müssen wir jetzt leider folgen, weil sie dem Verlauf der alten Kohlenstraße, Hauptverbindung nach Norden folgt. Rechts und links davon stehen soviele Holzpolter, dass sogar Khorsheet die Lust daran verliert und ihre Guckigkeit aufgibt.

An einer Wegbiegung mit kleiner Sitzraufe mache ich Rast (10:30-50 RP Am Pufferberg 24 km), Aber es gibt hier zu wenig gutes Gras, und ich reite ein Stück weiter zum RP Zollhaus: Der Platz ist besser, es gibt das kurze, von Khorsheet so geliebte Kleegras, und hier haben wir angenehme Pause, 11:00-11:55 25,7 km.

Nur 1.3 km weiter ein einsames Gehöft. Lust-Ludwigstrauch, typischer alter Landwirtschaftsbetrieb, es scheint sogar einige Pferde zu geben, und eine Frau schaut nach uns. Wir haben aber noch ein gutes Stück Weg durch den Ostharz vor uns: Ein kurzes Stück Ortsverbindungsstraße, dann wieder guten Waldweg, und hinab ins Tal der Wipper. Dort komfortable Brücke und Rinderwiesen. Auf der anderen Seite alter Fahrweg steil hoch, vorbei am eingezäunten Schloss Rammelburg (ca. 13:30). Der Name ist Programm: alles ist verrammelt. Das Schloss erscheint, soweit überhaupt sichtbar, verwunschen und recht baufällig. An einem kleinen Hof im Ort bekomme ich Hafer bei einer Familie. Ein herrlicher Typ mit jungem Schwarzwälderhengst zeigt mir den verwahrlosten ehemaligen Gutsstall, und erzählt die typisch ostdeutsche Guts- und Burggeschichte: In der Nachwendezeit vom Wessi aufgekauft der alles weiter vergammeln lässt. Er will seinen Hengst einreiten lassen, ich erzähle vom Ausbildungsstall wo ich vier Tage zuvor war, oder waren es schon fünf?  Zwischendurch kleine Regenschauer, aber es wird rasch wieder trocken. Nach ca. ½ Std. Pause weiter zum Hotel Rammelburg, das etwas außerhalb liegt. Es gibt auch einen Imbiß (14:30-15:00) 36,1 km, hier esse ich draußen Radler, Currywurst mit Pommes € 7,80. Die Regenwolken sind wieder weg. Khorsheet grast unauffällig; es gibt auch ein paar trockene Koppeln mit 2 Islandpferden. Sie gehören dem Hotelbesitzer, mit dem ich mich zwanglos unterhalte. Gleich unterhalb liegt das Einetal, wo ich wenig später und genau im Plan den Ritt beende.
37,8 km Gesamt 9:08 Std., davon Pausen 2:49, Reitzeit 6:19 Std. Trab 58:30 min (11,65 km), Galopp 1:30 min (523 m)
Keine Sitzraufen hier, obwohl in Openstreetmap eingetragen. Aber hier fehlt viel. Immerhin ist ein Bach mit Wasser vorhanden, wir klettern auch kurz hinein. Abends ist es bewölkt. Gutes Gras gibt es, es wächst etwas weitläufig, daher wird Khorsheet nicht eingekoppelt. Und da sie in meiner Nähe bleibt, darf sie ohne Zaun stehen bleiben, und ich höre die ganze Nacht, wie sie geräuschvoll in meiner Nähe grast - Die Treueste der Treuen! Ich mache mir einen Erbseneintopf. Schlechte Netzverbindung (4G), wie abends aber schon öfters.

Ostharz

Sa, 20.Juli (17. Tag): Braunkohle-Seenland­


Khorsheet hat den Quetschhafer etwas über die Wiese verstreut und nicht ganz gefressen. Abritt 7:05. Wieder Sonne!

Anfangs unbefestigter, weiter unten im Tal befestigter Weg. Am Wiebeck-Bach Straßenübergang und idyllisches Forsthaus.

Durch Stangerode. Vorbei am Reit- und Sporthotel Nordmann, einem großen Betrieb mit festen Holzzäunen, aber nur wenige Pferde sind draußen zu sehen (geplantes Ausweichquartier). Steil oberhalb schöne Aussicht, kurzer Halt zum Nachsatteln auf dem Weg nach Ulzigerode, dann im Feld Abbiegung nach Endorf, steinharte Wege und schlechtes Pflaster. Danach wieder Fahrwege zum Traben. Die Sonne brennt bereits, aber es geht leichter Wind. Erste Pause am Wegrand im Feld zwischen Ermsleben und Aschersleben, 14 km, 9:20-45, Khorsheet frisst wenig, wie meistens in der ersten Pause, wenn sie nachts gut sattgeworden ist.

In Frose schöne Bahnhofsallee wo wir auf Gras reiten können, um die Ecke ist eine Bäckerei (10:40-11:05, 22km) Khorsheet bekommt 1kg Brot und Wasser, ich nehme 1 Käsestückchen, Dickmilch und 1 Joghurt.

Königsauer See 11:40-12:00 25,9 km. Hier ist alles eingezäunt und angeblich Bergbaugebiet. Im idyllischen See verfaulen Baumstämme. Ein paar kleinere Pferdekoppeln mit hochblütigen Pferden, anscheinend Trakehner. Nicht zu erahnen zu welchem Betrieb oder Besitzer sie gehören.

Am Concordia-See Touristen, Parkplätze und Radwege. Ich mache Mittagspause (12:30-13:25, 28 km), schwimme mit dem Pferd an der Bootswasserungssstelle eines Runde, und trinke eine Cola und ein Radler am See-Imbiß. Ich erfahre, dass der Badesee lange geschlossen war, wegen eines tödlichen Erdrutsches, in dem ein Haus versank, auf der gegenüberliegenden, steilen Seite.

Durch den schönen Ort Schadeleben, und weiter nordwärts auf die Höhe. Das Forsthaus lasse ich westlich liegen. Tierhaltung und Hafer scheint es dort nicht zu geben, ich tippe auf ein eher jagdliches Anwesen. Ich will noch durch den Wald (Hakelforst) und werde mein Glück nördlich davon versuchen, und hier in der Hitze nicht Zeit verschwenden. Außerdem habe ich noch 2 kg Futterreserve von Rammelburg dabei, falls alle Stricke reißen sollten.

Die Wege durch den Forst sind eher schwierig. Auf der anderen Seite am Waldrand Pause auf einem Grassteifen. 39,4 km 15:10-16:00. Das einzeln liegende Haus Hakeborn/ Waldfrieden ist bloß noch eine unbewohnte Ruine mit vertrockneter Schafweide, die nicht einladend ist. Ein Brunnen ist nicht zu erahnen, falls es den je gab. Der Himmel bedeckt sich. Ob es heute noch Gewitter gibt? Im Trab geht es auf guten Wegen nordwärts.

Nach 44,6 km erreiche ich um 16:45 den Flecken Kroppenstädt, meinem Plan-Übernachtungsort. Ich lande bei einem alten Criolloreiter. Er will mir ein neuseeländisches, schwarzes Schaffell schenken, mein weißes „sei nix“. Wo soll das Pferd unterkommen? Er ziert sich etwas. Ich frage nach der gegoogelten Schäferei, die einen Kilometer entfernt am Ortsende liegt. Eine Schäferin, sagt er. Er ruft sie an. Spricht wenig, hört aber länger zu. „Er ist bei Dir, also kümmere Du Dich“ bekommt er anscheinend gesagt. Dann bekomme ich die Ziegenkoppel gegenüber vorm Haus, die sehr gutes Gras hat. Selbst meine Khorsheet wird es nicht schaffen die in einer Nacht abzufressen, nicht mal annähernd, und die frisst gern und viel. Zunächst säuft sie aber mal 16 l Wasser, weil es so schwül ist, ich schleppe zwei Eimer herüber.

Gesamtzeit 9:51 Std., davon Pausen 2:59, Reitzeit 6:52 Std., also nicht zu lang heute, trotzdem gute Leistung (und voll im Plan). Trab 59:45 min (12,45 km), Galopp 5:45 min (1,94 km)

Abends Essen im großem Dorfgasthaus, das ich erst nach langer Wanderung durch den alten Ortskern finde. Es liegt aber an der "alten" Umgehungsstraße. Bauernpfanne und 3 Radler, nicht billig, aber ich kann meine Powerbank auf 90% laden und mich auf der Toilette rasieren. Trotz aufziehenden Gewitterregens entschließe ich mich gegen ein Zimmer in der nahen Pension, denn unter einem großen überhängenden Busch am Rand meiner Wiese liege ich im Biwaksack fast regengeschützt. Man glaubt es gar nicht, dass da kein Wasser durchkommt, aber es ist so. Das Fußteil hält jetzt dicht, mit den neu abgeklebten Nähten. Es wäre auch schade wenn die viele Arbeit umsonst gewesen wäre. Kraftfutter war keins zu bekommen, aber ich füttere die etwa 2 kg übriggebliebene Reserve aus Rammelburg.

Börde-Steg

So, 21.Juli (18. Tag): Magdeburger Börde

Start 6:55. Es geht über die „Straße der Freundschaft“ – schön dass man ein paar der alten Namen behalten hat - zur neuen B81, die wir ein paar hundert Meter am Randstreifen entlang reiten müssen. Dann Abzweig landwirtschaftlicher Fahrweg nach Norden, Magdeburger Börde. Nach 8 km endet der Weg, und wir müssen uns 2 km durchs Feld schlagen, zuerst über die Ehle springen, dann auf Traktorspuren in Maisfeldern bis zur Bode vor Groß-Germersleben. Dort muss es zu DDR-Zeiten eine traktortaugliche Brücke gegeben haben, heute fährt man offenbar mehrere KM Umweg. Übrig behalten hat man einen schmalen Blechsteg, der in der Morgenfeuchte nass und rutschig wirkt, über den Khorsheet aber ruhig und tapfer ohne mit der Wimper zu zucken drüber geht, während ich wie ein alter Mann langsam vorausgehe, mich am Geländer festhaltend, ängstlich ob das Pferd nicht zu schnell wird, ausrutscht und auf dem Steg hinfällt.

Im Ort schöne Schloßruine, eingezäunt (Groß-Germersleben 10,5km 8:30)

Pause mache ich oberhalb des Ortes an einem verwilderten Gärtchen mit Gras, 15 min.

Ab hier alle Wege mit Sommerweg. Schwarzerde Magdeburger Börde. Neubau, eine alte Landarbeitersiedlung mit kleinen Höfen, es kommt mir vor als ob es die DDR oder Preußen noch gäbe. Ich frage nach Wasser zum Tränken, eine alte Pferdefrau bringt welches herbei, aber Khorsheet hat wenig Durst. Etliche Pferde im kleinen Ort.

Pause im Feld 10:25-40, 21,5 km, kurz vor dem idyllischen Kloster Meyendorf, heute Seniorenheim, großer Wirtschaftshof und Ausflugscafé.

11:20-55 Dreileben, große Linde, 27 km, ich liege im Schatten mit Pferd an der langen Leine, plötzlich kommt eine Familie mit 4 Pferden an der Hand die Straße entlang. Sie wollen sie anscheinend auf die Weide führen, und die Pferde benehmen sich wie irre, als sie Khorsheet sehen, die ganz friedlich grast und wie immer um größte Unauffälligkeit bemüht ist, und sich jetzt gern noch kleiner machen würde als sie ist, weil die anderen Pferde so komisch reagieren.

Ich bin oft schon auf Kirschenalleen geritten, deren Kirschen schon faulig oder überreif waren und herunterfielen. Hier im Norden kommen endlich die guten, noch essbaren. Leider habe ich weiter im Norden keine mehr angetroffen. Ich überquere die viel befahrene, sechspurige A2, die erste Autobahn seit vielen Tagen. Fast dachte ich, es gibt keine mehr.

Tundersleben, ein großes Gut mit Landarbeitersiedlung, aber kein Mensch bei der Hitze draußen. Dann Nordgermersleben 37,5 km, ich frage an einem Haus mit Gartenschlauch nach Wasser, 13:20, Khorsheet säuft mehr als einen Eimer, 12 l.

Pause im Ort

Gleich um die Ecke gibt’s ein Schwimmbad das ich vorab schon ergoogelt habe, umgeben von netten Wiesen. Das Bad hat grünes Wasser vom nahen Bach, ist chlorfrei und nennt sich Ökobad, wir machen länger Pause, von 13:35-16:10 (38,5 km). Khorsheet lasse ich auf der schattigen Wiese am Parkplatz fressen und mache eine Proforma-Begrenzung aus Zaun, hauptsächlich um aufdringliche Besucher abzuhalten. Es sind aber alle höflich. Dann gehe ich ins Schwimmbad, das kühle Wasser es ist herrlich. Currywurst mit Pommes, Radler, als Nachtisch zwei Kugeln Eis 10,- Eintritt 3,-. Kontrolliere 2x das draußen fast freistehende Pferd und lasse dabei ausgepackten Schlafsack etc. in der Sonne trocknen. Ein toller Platz! Khorsheet ist abgesattelt – bei den sonst meist kürzeren Pausen zu Mittag bleibt der Sattel immer drauf.

Futter muss in jedem Fall heute noch beschafft werden, da wir keins mehr haben und die Ration heute morgen schon knapp war. Ich reite daher noch ein Stück weiter auf Bebertal zu. Leider jetzt viel loser Schotter auf allen Wegen, den es wohl irgendwo billig gab, und finde in den Talwiesen an der Beber Haflinger stehen will aber nicht mehr seitlich abbiegen. Nach dem Ort alte Schafstriften, jetzt größtenteils wie erwähnt geschottert, zur neuen B 245 (Umgehungsstraße). Jenseits davon Maisfelder und trockene Wiesen, die gerade gemulcht werden.

Kuhlager (43 km), ehemalige Ziegelei und Schäferei, jetzt einige Wohnstellen, teils mit Pferden ist meine Hoffnung auf Futter (17:15-30) und vielleicht auch auf Quartier – jedenfalls der geplante Etappenort für heute. Ich frage mich durch. Eine Frau mit Pferden gibt mir Müsli und Struktur-Energetikum, lehnt Geld hierfür ab kann mir aber keinen Platz für die Nacht anbieten. Sie wohnt nicht hier, und ihre alte Mutter würde der Schlag treffen, wenn sie am Morgen die Pferde versorgt und einen fremden Mann vorfände. Sie ist ehrlich besorgt, aber ich kann sie trösten: Mit vollem Futtersack reite ich gern noch etwas weiter, zum nächsten Wald bzw. Tal.

Dies ist zum Glück auch nicht eingezäunt. Der Bach ist leider ausgetrocknet, es gibt kein Wasser hier. Gut, dass Khorsheet gerade getränkt ist. Die Wiese ist ziemlich abgeweidet, aber an einer etwas geschützten Stelle, wo das Gras nachgewachsen ist, bleibe ich, hinter mir stehen ein paar Silageballen. Mit 47,2 km Strecke einer der längeren Reittage, dafür einer der flachsten bisher; wir konnten viel traben. Khorsheet wirkt nicht angestrengt, grast ganz in meiner Nähe, und ich lasse sie wie vorgestern wieder frei ohne Zaun stehen, weil ich darauf vertraue, dass sie bei mir bleibt und nicht etwa Wasser suchen geht. So ein braves, tolles Pferd! – Anfangs viele Bremsen, die sich zum Glück verziehen als es dunkel wird. Das Wetter bleibt schön. Es ist unser 6. wildes Biwak, und bleibt unser letztes auf dem Ritt. Weiter nördlich fand sich immer etwas passendes, wo man fragen konnte, bzw. die Landschaft war nicht mehr „wild“ genug zum Biwakieren…
Gesamt 11:21 Std., davon 4:17 Std. Pausen, Reitzeit 7:04 Std., Trab 1:23 Std. (17,35 km), Galopp 4:34 min (1,57 km)

Börde, Dorf

Mo, 22.Juli (19. Tag): Mittellandkanal, Kleiner Drömmling.


Morgens, als ich schon sattle, kommt ein freundlicher Bauer mit seinem Pickup vorbei, der seine Rinderherde weiter unten im Tal hat und nach neuem Futter guckt. Dort sei alles voller Zäune und ich käme nicht durch; Wege sind ja gar keine eingetragen, bloß ein alter Bahnübergang den es wohl noch gibt. Deswegen muss ich zurück zur Straße und diese ein Stück entlangreiten, bzw. –führen, bis Bodendorf. Start 7:45

Das Dorfbild wird bestimmt durch ein altes Rittergut, durch das ein Weg führt, mit idyllischem kleinen See dahinter. Als ich vor dem Herrenhaus Fotos mache, kommt der Besitzer heraus, der mit britischem Akzent spricht. Er hat das Haus seit über 10 Jahren. Freundliches Gespräch mit ihm und seiner Gattin, die gerade beim Kaffee waren, und mir auch einen anbieten. Ich lehne freundlich ab, wei ich die Morgenkühle zum zügigen Reiten nutzen will und es noch zu früh für eine längere Pause ist.

Im Wald nach Zernitz sind teilweise die Wege verwachsen. An einem kleinen Waldsee Wasser aufgefüllt an einer Quelle, 9:05-20 5,8 km

Ab Bülstringen norddeutsche Sandwege und Kiefernwälder, in der Umgebung des Reiterhofs Schlubeck auch noch mit Hufspuren. Häufig kleinere Sandhügel, die durchaus Kraft kosten und anscheinend ehemalige Dünen sind. Gute weiche Wege. Khorsheet stört der Sand überhaupt nicht, ich lasse sie trotzdem eher auf dem Harten gehen, weil sie Sand nicht gewöhnt ist. 10:10-25 Wannhäuser Weg bei Neukrug/Wieglitz 13,8 km

In Calvörde geht es über die Mittellandkanal-Brücke. Im ersten Marktflecken nach der Magdeburger Börde muss ich jetzt wie vorausgeplant einkaufen (11:20-12:00). Es gibt zwei Märkte, ich gehe in beide. 1,5 kg Haferflocken und Mohrrüben gleich verfüttert, insgesamt 30,- bezahlt. Das Pferd bekommt auch Wasser.

Durch die Marschwiesen des Drömmling: Landschaftlich sehr schön, doch es gibt viele Fliegen die Pferd und Reiter belästigen. Vor Elsebeck Pause auf Kleewiesen an einem Schuppen 23 km 12:40-13:05. Sehr schönes Gelände. Durch Elsebeck, am Friedhof getränkt, und an der Straße nach Jeseritz.

Ich reite an einem großen Landwirtschaftsbetrieb (oder Molkerei) vorbei und rufe im nächsten Ort an, wo ich Etappe machen will. Dort soll es ebenfalls einen größeren Landwirtschaftsbetrieb geben. Anscheinend gehören die Betriebe aber alle zusammen. Mein Gespräch wird weitergeleitet. Der Mann am anderen Ende der Leitung fragt „Sind Sie nicht vor 10 Minuten hier vorbeigeritten?“ – ja, war ich, habe auch jemanden herausschauen sehen, aber am langen Zaun gab es kein Tor, sonst hätte ich direkt gefragt. Das Telefonat führt daher ebenso wenig weiter wie das letzte, zu diesem Zweck geführte…

Sehr schöne Sandwege in Richtung nach Sylpke. Dort gibt es einen der raren Übergänge (Fahrrad-Unterführung) über die Ost-West Schnellbahn (ICE-Strecke) Hannover-Berlin. Pause etwas vor dem Ort, 31 km 14:15-30 – Khorsheet legt sich hin, würde sich gern wälzen, und noch einmal ca. 30 Min in Sylpke vor der Bahn, wo zwei Pferde auf der Wiesen stehen, und ein Pickup, und ich warte ob die Besitzer kommen, die vielleicht reiten oder in der Nähe zu tun haben. Es kommt aber niemand, und ich reite weiter nach Solpke, unter der Bahn durch. Es ist noch nicht spät, aber der Ort liegt genau im Plan, und dahinter kommt viel Wald, nichts als Wald. Heute noch weiter zu reiten wäre sinnlos und würde meinen gesamten nachfolgenden Plan umwerfen, der bisher so gut gepasst hat und an den ich mich immer gehalten habe. Und genau passend finde ich am Ortsanfang einen größeren Hof mit Pferden, frage nach Quartier und werde gleich gastlich aufgenommen. 34,4 km. Gesamtzeit 7:32, Pausen 2:35 Std., Reitzeit 4:57 Std., also eine der kürzesten Etappen, aber mit viel Trab (1:32 Std und 17,31 km), Galopp 2:45 min (1,1 km)

Khorsheet kommt in eine Box – nach geleisteten 800 km ihre erste Boxenübernachtung auf diesem Ritt und seit langer Zeit überhaupt - mit Fenster zum Hof. Hafer und Heu sind etwas angelagert, aber meine etwas Staubempfindliche hustet trotzdem nicht. Die Gastgeber sind äußerst nett und schon im Pensionsalter. Früher hatte man mal viele Pferde, heute immerhin noch eine Handvoll. Abendessen im lokalen Restaurant mit schöner Terrasse, das ich mit dem angebotenen Fahrrad erreiche. Der Wirt brät mir Spare-Rips, obwohl eigentlich Ruhetag ist und ich der einzige Gast bin. Wieder zurückgeradelt, bekomme ich ein idyllisches Gästezimmer mit alten Bauernmöbeln angeboten, und es wäre unhöflich abzulehnen, zumal Khorsheet in der Box ruhig und brav frisst, und sich auch allein wohlzufühlen scheint.
Niedersachsenhaus

Di, 23.Juli (20. Tag) : Die Altmark, ein Reitparadies

Meine Gastgeber laden mich noch zum Frühstück ein. Ihre Kinder arbeiten in Wolfsburg, was nicht weit entfernt im Westen liegt und über die Schnellstraße gut erreichbar ist. Erst um 9:05 komme ich los. Geld für die Box wird strikt abgelehnt. Khorsheet geht wie an jedem Morgen mit strammen, langen Schritt und gespitzten Ohren aus dem Quartier raus, begierig auf den nächsten Tag. Auch hier ist das nicht anders, und mir geht das Herz auf. Am liebsten Schulter an Schulter und im Gleichschritt mit mir. Es ist schon warm und der Himmel wolkenlos. Gleich am Ortsende Sandweg entlang der Gasschneise nach Jeggau, schön zu reiten. Überall gibt es Pferde.

Weiter durch den Klötzer Forst, immer östlich der Ohre, Quarnebeck östlich umgehend, sehr gute Wege. Die in den Karten eingezeichneten Wege – in OSM kaum ersichtlich oder noch gar nicht eingetragen gewesen - sind alle vorhanden, gut passierbar und gepflegt.

Schwarze Berge, 40m hohe Sanddünen mit Heide und Kiefernwald. Khorsheet ist aufgekratzt, obwohl ich sie nicht hochsprinten lasse.

11:05-15 vor der L20 auf der Höhe nach Klötze, 16,3 km. Hier Zäune, Umweg, kurzes Stück Asphalt und harte Wege.

Immekath erreiche ich um 12:00 mittags (22,5 km), große Ziegelkirche. Im Ort lasse ich das Pferd 15 min in einer Hauseinfahrt fressen, sonst ist im ganzen Ort das Gras kurz gemäht, braun und durch die Hitze verbrannt. Drinnen lachen Kinder, wagen aber nicht die Tür zu öffnen. Am Ortsende frage ich nach Wasser und tränke.

Weiter geht es wieder durch Wald, und beim großen Wirtschaftshof von Schloss Neumühle, wo auch einige Pferde stehen - vielleicht ein Pensionsstall - führe ich das Pferd nochmals an den Bach zum Saufen. Das Schloss selbst sehe ich nicht und mag auch keinen Umweg machen. Sein Besitzer ließ es 1938 bauen nachdem er viel Land verkaufte auf dem das Volkswagenwerk errichtet wurde.

In der Nähe mache ich von 13:35-15:35 Mittagsrast, auf einer Waldwiese bei Groß-Wismar (31,4 km), früher Forsthaus und jetzt wohl jagdliches Anwesen.

Bisher in der Altmark hervorragendes Reiten möglich, eine tolle Urlaubsgegend. Wie mag es künftig aussehen wenn die Wölfe noch zunehmen?

In Hohenböddestedt, Planquartier für heute, soll es einen Pferdemann geben, sagte mein Gastgeber heute morgen. Ich muss mich aber eine Weile durchfragen, obwohl der Weiler nur aus fünf verschiedenen Anwesen besteht, in einem bekomme ich Wasser um mein Pferd zu tränken (17:30). Eins der Anwesen mit abweisendem Rolltor und Schild vom Hannoveraner-Züchterverband. Ich klingele, aber niemand öffnet. Warte eine Weile, lasse Khorsheet derweil grasen, dann kommt ein großes Auto, fährt durch das Tor, was sich gleich wieder schließt. Ich klingele nochmals.
Ein Mann öffnet „Und was wünschen Sie?“ Ich erkläre, dass ich mit meiner Vollblutaraberstute hier, bei einem Hannoveraner-Mann klingele um ein Übernachtungsquartier zu erbitten. Er schickt mich leicht pikiert weiter, was mir heuer überhaupt noch nicht vorgekommen ist (und auf dem Ritt auch kein zweites Mal passieren wird). Aufenthalt etwa 25 min.

Wanzleben

Ich führe die 1,5 km Landstraße am Zügel, in Richtung des genannten Hofs, der kurz vor dem nächsten Ort liegt, etwas unwillig, denn eigentlich ist es abseits meiner Strecke. Am Hof werde ich freundlich aufgenommen, nach heute 46,4 km, Gesamtzeit 9:09 Std, Pausen 2:53, Reitzeit 6:16 Std., also eine längere Tagesetappe, mit viel Trab (1:44 Std. 21,44 km) Galopp 1:30 min (468 m).

Ein riesiger alter Vierseithof. Der Hof gehört einem Mann mittleren Alters, und eine junge Frau führt Regie. Das Pferd bekommt eine Box. Hafer gibt's auch.
Abends sitzen alle im Hof. Die Frau des Futtermeisters liegt im Krankenhaus und muss dringend operiert werden. Hier halten alle zusammen, so kommt auch der wortkarge Hannoveranerzüchter von vorhin vorbei; er hat das Formular des Krankenhauses zum Unterschreiben mitgebracht, weil er offenbar als einziger Drucker und Internetanbindung hat, und nimmt es unterschrieben gleich wieder mit zum Einscannen und Abschicken. Es gibt mehrere Runden Bier, ich vergesse meine Zigaretten (und habe seitdem 1 ½ Jahre keine geraucht), und bekommen die etwas staubige Sattelkammer als Schlafplatz angeboten, in der ein gut gepolstertes Sofa steht. Wie schon gestern, macht es Khorsheet nichts aus hier fast alleine zu stehen, denn die übrigen Pferde stehen draußen auf der Hauskoppel.

Vor dem Zubettgehen krame ich mein Handwerkzeug heraus und polstere den Armeesattel an der Trachte rechts etwas ab, damit er nicht drückt, denn die Haare darunter sind schon ziemli
ch dünn gescheuert, trotz des Rentierfells, das ich als unterste Satteldecke verwendet. Sie ist nicht empfindlich, aber die Sache ist für mich seit ein paar Tagen Anlass zur Sorge. Davon abgesehen hat Khorsheet aber auch nicht die kleinste Schramme (nicht mal die Gurtlage ist irgendwie gereizt, wie sonst auf langen Ritten manchmal) und sie hält sich in glänzendster Form, körperlich wie mental, wirkt absolut unterfordert, und ist in jeder Pause unablässig bestrebt, ihr Grasbäuchlein zu pflegen!

Ohren vom Araber -
        Altmark - Hohenböddenstädt


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