Wozu soll die Karte dienen?
Um in einem Gelände, das man nicht ganz sicher kennt,
den besten Weg zu finden. Oder den schnellsten. Oder den
sichersten. Oder den schönsten, auf hufschonendem Geläuf. Oder
den einzigen, den es gibt (oder man zu Pferd benutzen kann).
Die Karte unterscheidet sich von der
Realität insofern, dass sie verkleinert,
verallgemeinert, und zweidimensional abgebildet ist.
Verkleinert, d.h. die
Realität ist in einem bestimmten Verhältnis (Maßstab)
abgebildet. Maßstab 1:25.000 bedeutet 1cm auf der Karte
entspricht 25.000cm (oder 250m) in der Natur. 1
Quadratkilometer Erdoberfläche ist auf einem Kartenkästchen
von 4cm Länge und 4cm Breite abgebildet.
Verallgemeinert, d.h. nicht
alle wichtigen Objekte können auf der Karte in der gewünschten
Genauigkeit erfasst werden. Und zwar ist dies abhängig vom
Komplexitätsgrad der Landschaft und dem Maßstab. Bei der Karte
1:50.000 ist ein Quadratkilometer Welt auf einer Fläche von
2cm mal 2cm abgebildet, d.h. einer viermal kleineren Fläche
als bei der Karte 1:25.000. Ein Standard-Kartenblatt deckt
einen Bereich von ca. 530 km² ab. Das ist gut wenn man auf
einer Mehrtagestour nicht so viele Karten in der Tasche haben
will, aber es ist klar dass nicht alle Objekte 4-mal kleiner
eingezeichnet werden können, sonst wäre die Karte nicht mehr
zu lesen. Welche topographischen Objekte überhaupt aufgeführt
sind, steht in der Zeichenerklärung. Wird der Kartenmaßstab
größer, müssen manche weglassen, oder generalisiert
werden wie der Kartograph das nennt. Welche
Informationen enthalten sind, hängt von den
Vermessungsvorschriften und dem Kartenzweck ab. Häufig sind es
aber gerade die für den Reiter wichtigen Dinge, wie kleine
Brücken, weniger wichtige Wege usw., die schon in Karten ab
1:50.000 oft nicht mehr aufgeführt sind. Besonders in
kleinräumigen Landschaften mit vielen Bergen, Bächen, Wegen,
Ortschaften usw. In großräumigen Landschaften ist die
Generalisierung meist weniger stark.
Zur Übersicht und Grobplanung:
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Generalkarte 1:200.000 (früherer
Shell/Mair Generalkarte, dann Marco Polo Straßenkarte, jetzt
ADAC Reiseatlas Deutschland) ist die detailreichste Autokarte,
die sämtliche PKW-befahrbare Straßen umfasst, sogar manche
befestigten Fahr- und Feldwege, und wichtige Höhen- und
Wanderwege noch grob eingezeichnet sind. Die Gelände- und
Walddarstellung erlaubt ein Abschätzen der Landschaft. Diese
Karte ist daher die zur großen Übersicht und Grobplanung
bestgeeignete.
© Generalkarte
MAIR 2005 auf CD (Nachfolger Marco Polo Straßenkarte
1:200.000)
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Topographische Übersichtskarte 1:200.000. Die
Verallgemeinerung der TK50, jedoch ohne touristische
Informationen und nur im Einzelblattschnitt erhältlich.
Zur Feinplanung und zum Reiten:
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Topographische Karte
1:25.000 (TK25) werden in Mittelgebirgslandschaften
bevorzugt, weil hier jeder Weg verzeichnet ist. Leider
erfolgt die Aktualisierung dieser "amtlichen"
Karten nur alle 5-15 Jahre und geschieht recht grob, daher
sind bei dieser Karte teilweise auch Wege verzeichnet die
in der Natur kaum noch sichtbar sind. Dafür sind aber
nahezu alle unbefestigten Wege eingetragen, es ist daher
die beste Karte für die "Barhufreiter". In schwierigen
Geländeformen erlaubt die TK25 eine bessere Beurteilung,
ob man auf den Wegen mit dem Pferd noch durchkommt.
Historisch gab es sogar Meßtischblätter (in Bayern) die
für "Pfade für Reiter geeignet" und "Pfade für
Reiter ungeeignet" unterschiedliche Signaturen
verwendeten. Im Normalblattschnitt gibt es die TK25 leider
nicht mit Wanderwegen.
Herausgegeben werden sie von den Ämtern für Geobasisdaten
der jeweiligen Bundesländer in leicht unterschiedlicher
Form, mit dem unterschiedlichsten Aktualisierungsgrad
(einige Bundesländer aktualisieren sie gar nicht mehr) und
Herausgabeart. Einige stellen sie online und kostenfrei
zur Verfügung, andere nicht. Auf den jeweiligen Webseiten
sucht man sich dabei einen Wolf.
Die Nummerierungsschema der Karten ist bundeseinheitlich
und existiert schon etwa 100 Jahre, trotzdem existiert
kein bundesweites Übersichtstableau um vor dem Kauf der
Karten deren Abgrenzungen genau sichtbar zu machen. Die
Einzelblätter sind jeweils 6 geographische Minuten hoch
und 10 Minuten breit, was in etwa 11 km x 11 km entspricht
- die Karten sind alle unterschiedlich groß - und nach dem
Hauptpunkt der alten Preußischen Landesvermessung Potsdam-Rauenberg skaliert bzw.
geteilt.
Topographische Karte 1:25.000 © Hessisches
Landesvermessungsamt
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Topographische Karte 1:50.000 (TK50)
sind eine Ableitung/Vereinfachung der TK25 (4 TK25 Blätter
entsprechen 1 TK50-Blatt). Sie werden in flacheren
Landschaften zum Reiten bevorzugt, und sind als
Wanderwegausgabe oder Normalausgabe (ohne Wanderwege) von den
Landesvermessungsämtern erhältlich, erstere Ausgabeform ist zu
bevorzugen. Die TK50 erhalten zur Unterscheidung von der TK25
ein „L“ im Namen vorausgestellt, z.B. L5714 Limburg
a.d.L. Bei Wanderritten kann man grob davon ausgehen dass man
es gut schafft pro Tag eine Karte 1:50.000 der Länge nach zu
durchreiten (ca. 24km Luftlinie), wenn man eine feste Richtung
einschlägt und nicht größere sportliche Anforderungen stellt.
Ist der Blattschnitt ungünstig, benötigt man allerdings mehr.
Auch die TK50 kann Wege enthalten die nicht mehr vorhanden
sind, und viele schön reitbare Wege sind bei ihr schon
weggelassen.
Topographische
Karte 1:50.000 © Hessisches Landesvermessungsamt
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Spezialausgaben der TK mit Wanderwegen,
basierend auf den TK25 und TK50 in Sonderblattschnitten. Da
sie einen weiteren Bereich abdecken als die Normblätter mit
ihrem oft ungünstigen Blattschnitt, und zusätzliche wertvolle
Informationen touristischen oder kulturhistorischen Interesses
enthalten, sind sie (für Gebiete wo es sie gibt) am
empfehlenswertesten. Welche erhältlich sind, erfährt man bei
den jeweiligen Landesvermessungsämtern (Buchhandel, Internet).
Manche Karten dieser Art werden auch von Wandervereinen,
Zweckverbänden, Gemeindeämtern usw. herausgegeben und sind in
den Katalogen der Landesvermessung nicht geführt, obwohl sie
auf demselben Kartenmaterial basieren
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Andere Wanderkarten, die nicht auf
TK beruhen. Diese sind am anderen Kartenbild erkennbar (häufig
OpenStreetMap-basiert). Meist sind sie preiswerter, aber kaum
je geeigneter. Oft fehlen für die Reiter reizvolle oder
wichtige Wege.
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Topographische Karten auf CD/DVD sind
seit einigen Jahren, gesammelt nach Bundesländern oder
Regionen relativ preisgünstig erhältlich, leider oft ohne
Wanderwege. Eine Software zum Betrachten und Arbeiten mit den
Karten ist meist vorhanden. Der Ausdruck ist meist nur in
schwacher Qualität möglich, damit die Kunden möglichst auch
die Papierkarten kaufen. Die Karten der Bundesländer sind
meist untereinander unkompatibel.
Man beginnt mit dem Kauf einer Karte
der heimatlichen Reit-Umgebung, am besten die genaueste Karte,
nämlich 1:25.000. Die Karte wird zuerst genau am Schreibtisch
studiert, wo kein Pferd die Konzentration ablenkt. Man sucht
zunächst den Stall/ Hof, versucht wichtige Punkte
wiederzufinden die man schon angeritten hat, Wege zu
rekonstruieren. Dabei bedient man sich zweckmäßigerweise der
Zeichenerklärung. Die besten Wege zum Reiten sind die
unefestigten Feld- und Waldwege: In der TK25 mit zwei
durchbrochenen Linien gezeichnet, in der TK50 mit einer
durchgezogenen Linie (auf
schwarzweißen Kartenkopien leicht mit Gewässern,
Hochspannungsleitungen, oder Höhenlinien verwechselbar).
Man wird sich wundern welch „unscheinbare“ Objekte alle in der
Karte verzeichnet sind, wie kleine Wegkreuze, Brunnenhäuschen,
kleinste Brücken, einzeln stehende Gebäude und Scheunen usw.
Je nachdem wie gut man seine Umgebung bereits kennt, macht man
sich auf diese Weise mit der Karte vertraut. Man fängt am
besten auch gleich damit an, Wege die man wiedererkannt hat
mit Bleistift zu markieren. Ausgehend von einer bekannten
Strecke, die man sicher kennt, kann man nun probieren eine
Abzweigung zu einem unbekannten Ziel zu planen. Diese neu
geplante Strecke kann man mit dem Lineal oder einem Kartenrädchen/ Kartenmesser (im Kartenhandel
erhältlich) so exakt wie möglich ausmessen. Die Strecke sollte
zunächst nicht länger sein, als man für gewöhnlich reitet. Man
sollte es sich nicht zu schwer machen, also
keine Straßenüberquerungen oder Gewebeanlagen, durch die man
sonst auch nicht reiten würde. Auf Wanderritten kommt man
manchmal nicht darum herum, aber wir wollen ja erst das
Kartelesen lernen...
Jetzt haben wir die Karte am Pferd
dabei. Weil es ziemlich umständlich ist, die Karte am Pferd
immer wieder auf- und umzufalten (und sie dabei auch leicht
Schaden nimmt, besonders bei schlechtem Wetter) haben wir sie
gleich richtig gefaltet in eine Kartentasche aus
durchsichtigem Vollkunststoff gesteckt die man in
Wandergeschäften kaufen kann (z.B. Ortlieb-Kartentasche).
Natürlich
soll
das Pferd beim Hantieren damit nicht nervös werden (besonders
bei Wind). Es wird es mit der Zeit aber lernen.
Einnorden heißt, ich drehe die Karte
vor mir so, wie die Landschaft vor mir ausgebreitet liegt. Der
Weg geradeaus zwischen den Ohren meines Pferdes führt auch auf
der Karte genau von mir weg. Die Karte halte ich jetzt
wahrscheinlich etwas verdreht, aber so kann ich mir am besten
das Bild von Karte und Landschaft in Übereinstimmung bringen.
Wie in der Realität ist auf der Karte rechts rechts, und links
ist links. Buchstaben und Schriften stehen jetzt womöglich
schräg oder auf dem Kopf.
Nun ist es nützlich zu wissen dass die Oberseite der
Karte (oder der Schriften) mir jetzt genau anzeigt, wo in der
Natur Norden ist. Denn fast jede gute Karte (und alle
topographischen) sind nach Norden ausgerichtet.
Sind sie es ausnahmsweise nicht, muss eine
Kompassrose mit der Nordrichtung auf die Karte aufgedruckt
werden.
Bin ich schon etwas geübter im Kartelesen, muss ich
die Karten nicht mehr an jedem Wegabzweig drehen und neu
einnorden, um mir ein Bild von der Landschaft und meinem
weiteren Weg zu machen. Ich norde die Karte sozusagen in
meinem Kopf virtuell ein. Nur wenn ich stark nach Süden reite
(also „die Karte herunter“) stecke ich die Karte umgedreht in
die Kartentasche, um rechts und links bei Abbiegungen nicht zu
verwechseln.
Das Geradeausreiten ist ja noch
einfach. Die Probleme fangen immer an den Kreuzungen an.
Wonach orientiere ich mich zuerst? Im Feld nach: Deutlich
sichtbaren Objekten wie Gewässer und Berge, Straßenkreuzungen,
Hochspannungsleitungen, Waldrändern und deren Verlauf,
Wegzeichen wie Kreuze, einzeln liegende Häuser, Scheunen,
Gehöfte, Mühlen, Hochhäuser oder Industrieanlagen, weithin
sichtbare Punkte wie Burgen, Türme, Schornsteine usw. In der
„Feinorientierung“ zusätzlich nach dem Kreuzen von Straßen,
Fahrwegen, aber auch besondere Bodenformen, soweit sie in der
Karte verzeichnet sind (Feld, Wiese und Weide, Hopfen und
Gartenanpflanzungen, Ödland, Heide usw.)
Im Wald ist die Orientierung schwieriger wegen fehlender
Aussicht. Die besten Karten unterscheiden nur nach Nadel- und
Laubwald, und das ist nicht ausreichend, oder oft ungenau.
Soweit Berge, Talverläufe sowie Bäche nicht erkennbar sind,
bleibt nur, die Wegrichtungen und markante Wegkreuzungen
selbst als Orientierungspunkte zu nehmen.
Dies kann z.B. ein langes Stück Weg
sein auf dem wo Geländestellen fehlen, die genau identifiziert
werden können, wie z.B. markante Kreuzungen, Bildstöcke,
Straßenübergänge usw. – typischerweise im Wald. "Es sieht
alles gleich aus". Hier muss man lernen abzuschätzen wieviel Meter man in einem bestimmten
Zeitabschnitt zurücklegt.
Schritt: ca.
6 km/h in 5
Min.: 500 m
auf der TK25: 2 cm
Trab:
ca. 12 km/h in 5
Min.: 1000 m
auf der TK25: 4 cm
Galopp:
ca. 20 km/h in 1
Min.: 350 m
auf der TK25: 1,4 cm
Die genannten Geschwindigkeiten und
Zeiten sind nur ein grober Anhalt: Man muß mit der Zeit
lernen, die Geschwindigkeit seines Pferdes in den typischen
„Arbeitsgängen“ abzuschätzen...
Eine andere Methode ist, Kreuzungen
abzuzählen. Aber sehr oft kommt es vor, dass ein Querweg
zugewachsen ist, man die Kreuzung nicht erkennt, oder sich
verzählt. Dann ist es besser, man nimmt zusätzliche
Kartendetails in die Kontrolle mit ein, wie z.B. Mulden im
Gelände, Kurven des Weges, Winkel von Kreuzungen usw. Das
benötigt schon ein klein wenig detektivischen Spürsinn, erhöht
aber auch den Spaß!
Blattschnitte
(Deutsche Bundesländer)