Neue Bewertung eines "alten" Themas
Vor ein paar Jahren schrieb ich an dieser Stelle einmal, GPS werde die Papierkarte nicht ersetzen können, da man auf die Geräte keine topografische Karten laden könnte - oder überhaupt Karten in ähnlicher Qualität. Das stimmt mittlerweile so nicht mehr. Karten bis zum Maßstab 1:25.000 existieren und können heruntergeladen, gekauft oder selbst erstellt werden - für GPS-Smartphones oder GPS-Geräte.
Zu den größten Herausforderungen des "Reitens nach Karte" zählt
seit jeher die Königsdisziplin des Distanzreitens in der Tradition
der militärischen Meldereiterei, wo man seinen Weg selbst im Trab
und Galopp finden muss, jede Unterbrechung Zeit im Wettkampf
kostet und daher höchst unerwünscht und zu vermeiden ist : Die
unmarkierten Distanzritte. Hier können sich Mittel in ihrer
Brauch- ebenso wie ihrer Unbrauchbarkeit beweisen. Und
hier sieht man seit Jahren Reiter die auf moderne Technik setzen
und auf Papierkarten verzichten - freilich nicht alle!
Dieser Text soll eine kleine Orientierungshilfe geben was heute
mit GPS Technik am Pferd alles möglich ist, und wie vielschichtig
das Thema ist.
GPS ist nicht etwa nur ein Synonym für Gerätetypen einer
bestimmten Herstellerfirma.
Ebenso wie der routinierte Umgang mit der Karte, erfordert diese
Technik vom Benutzer spezielles Know-How. "Einschalten und
losreiten" genügt oder gelingt in den seltensten Fällen.
Zunächst ist einmal ein bißchen Begriffserklärung angebracht - ich
werde versuchen das möglichst wenig trocken zu machen.
Im Alltagssprachgebrauch wird GPS oft mit "Navigationsgerät
der Firma Garmin" gleichgesetzt, das ist ebenso
unvollständig oder unrichtig, als würde man alle Smartphones iPhone
nennen. Genauer betrachtet ist GPS ein satellitengestütztes
Positionserfassungssystem der US-amerikanischen
Militärbehörden. Die auf Umlaufbahnen um die Erde kreisenden
Satelliten senden feine Zeit- und Positionssignale, aus deren
Abstand mit GPS-Empfängern ausgestattete Geräte
(GPS-Geräte, Smartphones,...) ihre Position berechnen können.
Anstatt von GPS sollte man besser von Globalen Satelliten
Navigationssystemen reden (GNSS), denn es gibt
noch weitere: Neben GPS-Navstar noch das russische GLONASS, das
europäische Galileo und das chinesische Beidou. Die neuesten
Geräte können meist mit unterschiedlichen Signalquellen arbeiten.
Die Genauigkeit der Positionsberechnung ist einerseits
abhängig von der Qualität des Satellitenempfangs - Grundregel: je
mehr Satelliten empfangen werden desto besser - wie auch der
Signalstreuung durch den Betreiber der Satelliten, die nicht so
präzis ist, wie technisch möglich wäre. Eine Genauigkeit besser
als die bereitgestellten 5-50m kann mit den am Markt befindlichen
Geräten nicht erzielt werden (außer GIS-Geräten für
Vermessungsingenieure im deutlich vierstelligen Eurobereich). Die
Eigentümer der Satelliten (außer im Falle Galileo sind dies die
Militärbehörden) dürfen die Signale aus sicherheitspolitischem
oder militärischem Kalkül jederzeit verändern oder aussetzen, und
haben dies auch schon gemacht.
Diese Unsicherheit macht es erforderlich, auf allen Ritten wo der
Verlust der Orientierung zu Gefahren für Pferde oder Menschen
führen kann (z.B. bei Alpenüberquerungen abseits bekannter Wege)
Karten als "Backup" mitzuführen.
Anders als bei früheren Geräten liefert die neuere Empfänger-Generation (seit ca. 2011/2012) auch in dichtem Laubwald noch zumindest "brauchbare" Signale. Seitdem hat sich die Empfangsleistung der Geräte leider nicht weiter verbessert. Hierzu wäre erforderlich, diese mit leistungsfähigeren, größeren Antennen zu bestücken. Der dazu notwendige Platz scheint in modernen Smartphones aber nicht zur Verfügung zu stehen, da man diesen lieber für noch leistungsfähigere Cameras, stärkere Akkus etc. verwendet.
Des weiteren ist nicht jeder in ein Gerät integrierte GPS Empfänger automatisch sofort einsatzbereit. Bei Geräten deren GPS Empfänger nicht häufig benutzt wird, muss erst die ungefähre Position der Satelliten geladen werden (s.g. "Quickfix"). Ohne Quickfix kann die Positionsbestimmung mehrere Viertelstunden lang dauern, "mit" dauert sie gewöhnlich 1-2 Minuten. Das Gerät sollte sich dabei unter freiem Himmel befinden und in seiner Position wenig gedreht werden. Ab einer Empfangszahl von 3-4 Satelliten ist der GPS-Empfang in der Regel möglich, ab 6 zuverlässig, mehr als 10-11 bringen kaum noch Vorteile hinsichtlich Positions-Genauigkeit.
Nicht wirklich mit "GPS" zu tun haben Geräte oder Apps die mit Mobiltelefonzellenortung arbeiten. Diese ist wesentlich ungenauer und setzt dementsprechend Empfang durch mehrere Mobilfunkmasten voraus, was im Gelände nur in seltensten Fällen gegeben ist. Ein ähnliches Problem in solchen Situationen entsteht, wenn der Positionsempfang zwar über GPS, aber der Kartenempfang über die Mobilfunkschnittstelle (Daten-Flatrate) erforderlich ist (siehe weiter unten unter "Online-Karten"). Die Netzabdeckung entlegener Gebiete, wo man üblicherweise reitet - aber auch Bäume fällt - und möglicherweise keinen Rettungsdienst erreicht - hat in den letzten 10 Jahren ebenfalls wenig Fortschritte gemacht oder sich sogar verschlechtert, und neue Mobilfunktechniken wie 5G arbeiten mit noch kleineren Reichweiten, es ist also eine weitere Verschlechterung des Mobilfunkempfangs in der Fläche absehbar.Eine Route beschreibt den genauen Weg, den ich reiten will (oder
laufen, radfahren, autofahren). Eine Route ausarbeiten kann
ich auf Papierkarten, am PC mit Hilfe entsprechender
Routenplanungs-Tools (z.B. MagicMaps oder Garmin Basecamp),
Portal, oder entsprechend mächtigen Apps, bei denen Planer (z.B.
GraphHopper) eingebaut sind. Übergreifende Planung erfordert große
Bildschirme, also den PC.
Gängige Dateiformate für Routendarstellungen sind .gpx
(Garmin), .kml (Google Earth), .ikt (MagicMaps), es gibt aber auch
viele andere. Sie sind oft nicht kompatibel, können aber auf
Plattformen wie gpsies hochgeladen und in ein für das eigene
Gerät/App passende umgewandelt werden.
Die einzelnen Punkte einer Route nennt man Wegpunkte oder
Waypoints (WPs).
Wenn ich eine Strecke reite (oder laufe oder fahre), das
GPS-Tracking (oder -Logging) auf meinem Gerät vor dem
Losgehen ein- und nach Abschluß wieder ausschalte,
dann ist das Ergebnis keine Route sondern ein Track.
Ein Track unterscheidet sich deutlich von einer Route,
und zwar auch (und in erster Linie) qualitativ :
Ein sorgfältige vorbereite Route ist - wenn es
keine Abbiege-Route ist - so genau, wie das nach der verwendeten
Kartengrundlage irgend möglich ist. Tracks sind
dagegen immer mit Meß-Ungenauigkeiten der gemachten
GPS-Poistionsbestimmungen behaftet. Diese betragen auch bei guten
Bedingungen je Punkt 5-50m, bei schlechten Bedingungen oder
unzureichender Bedienung des Geräts oft erheblich mehr.
Ein auf der Karte im Zoomlevel 17 angezeigter Track sieht aus, als
wäre ein Betrunkener die Strecke gelaufen und hätte sich häufig
nach rechts und links in den Wald verirrt. Das liegt an, teils
unvermeidbaren, Unzulänglichkeiten der GPS Messung, und führt
dazu, dass der Track fast immer länger ist als die
tatsächliche Strecke, oft in sehr erheblichem Umfang. Wenn
zwischendurch das Logging ausgesetzt hat, der Track also "Löcher"
hat (was ebenfalls vorkommt), kann er allerdings auch einmal
kürzer sein. Ein unkorrigierter Track gibt die gerittene Strecke
also nur ungenau wieder.
Die Qualität des Tracks kann man in Kartenplanungsprogrammen
oder auf GPS-Portalen wie gpsies beurteilen und auch korrigieren.
Manchmal ist es auch nötig, Tracks zusammenzuführen, weil man z.B.
beim Gerät Batterien oder Akkus wechseln und neu starten musste,
oder das Gerät während einer längeren Pause zum Stromsparen
ausgeschaltet war. Unkorrigierte und offensichtlich
fehlerbehaftete Tracks nennt man auch "Roh-Tracks",
solche die man qualitativ überarbeitet hat und die somit reitbuch-
und dokumentationsfähig sind, korrigierte Tracks.
Betrachtet man deren einzelne Wegpunkte genau auf einer Karte,
lassen sie sich von Routen recht gut unterscheiden.
Die Tatsache, dass viele moderne Geräte oder GPS Portale Routen
und Tracks teils im gleichen Dateiformat und ohne größere
Unterscheidung speichern, trägt dazu bei dass Routen und
Tracks heutzutage oft zusammengeworfen und die Unterschied
nicht mehr verstanden werden. Eine manuell erzeugte Route, von
einer Strecke die man bereist abgeritten hat, etwa ohne GPS, ist
sowohl eine Route als auch ein Track...
Auch wenn einen das vielleicht "freut", viele KM geritten zu sein, oder man damit angeben kann, sollte man sich doch nicht der Illusion hingeben, dass ein Track jemals genauer sein könnte als die zugehörige Route. Schon teilweise in den 1850'er, spätestens 1900'er Jahren hatten topographische Karten eine Präzision erreicht, die eine Genauigkeit der Routenabmessung ermöglicht, die sich von heutigen nur im Bereichen von 1% unterscheidet, und im Bereich nicht perfekter technischer Reproduktion (ursprünglicher Druck, Scan, Verzeichnung, Projektionsfehler etc.) untergeht.
Frage dazu: Karten sind doch flach. Muss ich die Berge bei der Streckenlänge nicht berücksichtigen?? (- > Zur Antwort)Für jede POI-"Kategorie" kann man eine eigene Datei anlegen. Jede
Kategorie kann mit speziellen Symbolen/Icons in der Karte
gekennzeichnet werden, und es wird auch übersichtlicher. Solange
man aber nicht zuviele Punkte hat, kann man auch alles in eine
Datei packen, und über die Beschreibungsfelder unterscheiden. Die
Unübersichtlichkeit der Zuordnung kommt irgendwann von alleine...
Hier hebt man seine "Geheimtipps" auf, die man nicht auf Facebook
veröffentlicht sehen will, damit der Platz nicht bald überlaufen
ist. Mit wachsender Erfahrung nehmen sie an Umfang zu. Als Wander-
oder Geländereiter sollte man alle wichtigen
Ortsinformationen in POI-Dateien ablegen. POI's die ich
konkret anreiten möchte, kann man in der App auch in eine
"Zielliste" packen, wo dann die Entfernung (allerdings nur in
Luftlinie) angezeigt wird.
Smartphones sind
multifunktionale "All in One" Geräte : Mobiltelefon,
Schreib- und Diktiergerät, Datenbank, Musikplayer mit
Kopfhöreranschluss, Digicam, Webbrowser und Videoplayer. Bei den
besseren ist auch ein GPS eingebaut - und deren
Meßgenauigkeit ist, bei den neueren Geräten qualitativ absolut
vergleichbar mit den GPS-Empfängern der reinen GPS-Geräte wie
Garmin. Vermutlich stecken in allen Geräten die gleichen Empfänger
drin. Für Kartendarstellung und Navigation wird spezielle
Software benötigt, s.g. App's. Und zwar
GPS-Kartenprogramme (Straßen-Navigationsprogramme sind hier
falsch). Mittlerweile ist deren Anzahl bereits unübersichtlich.
Die App's funktionieren nur auf einer bestimmten Plattform (also
App's für Android nicht für iPhones oder auf dem Windows PC)
Früher war bei Smartphones für Kartenzwecke eine genügend großes
Display (4" Bildschirmdiagonale) und eine Auflösung von mindestens
480x800 Pixeln (200 dpi) für GPS Zwecke wichtig. Heute sind die
meisten Smartphones größer als man mit einer Hand bequem bedienen
kann, und die Punktdichte ist meist so klein, dass die Anzeige nur
mit jungen Augen noch gut erkennbar ist.
Ein wichtiges Manko ist, dass die meisten Smartphones nicht wasserdicht und nicht sonderlich stoßgeschützt sind. Man kann sie in Gummihüllen oder Plastikgehäusen transportieren - in denen die Sichtbarkeit der Displays, und die Bedienbarkeit der Geräte dann stark eingeschränkt ist, was nicht praxisgerecht ist. Ich trage meins in einem selbstgemachten Holster aus Sattelleder am Gürtel. Regnet es, habe ich die Jacke drüber, und nehme es immer nur kurz raus. Qualitativ hochwertige Geräte haben glatte Aussenseiten, Metallgehäuse und kratzerunempfindliche Glasdisplays, und sind nicht mehr so staubempfindlich wie die älteren Exemplare. Wenn sie herunterfallen, bekommen die Glasdisplays aber hässliche Sprünge, aber leben meistens weiter.
Alternativ kann man abgedichtete "rugged" Gehäuse
kaufen, "Baustellen"-geeignet, die aber um einiges teurer sind
(aufgrund weit niedrigerer Stückzahlen). Oftmals wird mit den
Angaben (IP67 sollte es mindestens sein) auch Etikettenschwindel
betrieben. Die wirklichen GIS-tauglichen
"Profi" Geräte liegen preislich in ganz anderen Sphären
(obwohl deren technische Leistungsdaten sich von High End
Smartphones kaum wirklich unterscheiden) - hier kann man aber
erwarten, dass man bekommt, was man bezahlt.
Zu den Tablets, die eine Abwandlung der Smartphones sind, komme
ich weiter unten
GARMIN Geräte funktionieren nur mit GARMIN- oder anderen
Karten im .img (Vektor-) Format. OpenSource Alternativen sind
vorhanden (OpenStreetMap) und teils qualitativ schon recht gut,
aber teilweise auch noch sehr lücken- und fehlerhaft
Smartphones können je nach GPS App auch mit eingescannten
Karten betrieben werden, soweit diese korrekt kalibriert
(d.h. georeferenziert) wurden. Hierbei geht es im Wesentlichen
darum, die Eckdaten (LON/LAT) der Karte sowie deren Projektion
mitzuteilen. Bei der Kalibrierung gibt es Tendenzen zur
Vereinheitlichung der Standards, bzw. Hilfsprogramme zur Umrechung
von Kalibrierungsdaten, teilweise sogar für grössere Datenmengen
in Batchverarbeitung. Dennoch bleibt die Kalibrierung
selbstgescannter und heruntergeladener Karte eine häufig noch
mühselige Angelegenheit. Mehr hierzu
hier.
Es ist auch zu beachten dass die wenigsten Karten im Rohzustand Wanderweginformationen
bereitstellen, wie sie heute auf Papierkarten fast Standard
sind. Bei Wanderweginformationen handelt es sich im Prinzip um
Streckendaten (GPX o.ä.) die von den Wanderclubs, aber auch von
Plattformen wie LONVIA herunter
geladen werden können.
Wenn man nicht gleich ganze Länder oder Bundesländer im Maßstab
1:25.000 braucht, lassen sich viele Karten auch im Internet bei
den Landesvermessungsämtern, oder freie Karten von OpenStreetMap (OSM)
herunterladen. Bei OSM sind insbesondere die Karten für Wanderer
(mit Wanderwegmarkierungen) und Radfahrer (mit detaillierten
Höhenschichtenmodell) zu nennen.
In den letzten Jahren hat sich hier einiges getan, und
insbesondere ein Standard für Karten und
Kalibrierungsinformationen zum Einzelkarten-Download und zur
Darstellung auf Webseiten entwickelt, nämlich WMS (Web Map Service). Selbst
historische Karten werden über WMS von bestimmten Diensten
angeboten, z.B. dem Landesvermessungsamt Bayern. Die meisten
Landesvermessungsämter drücken sich aber darum, Karten kostenlos
zum Download anzubieten, oder verstecken diese Angebote
bestmöglich, weil man die Karten lieber als Papierausgabe
verkauft. Politisch gibt es einen Streit darum, ob die kostenlose
Bereitstellung von Geobasisdaten an die Bürger gewünscht ist oder
nicht, oder auf welchem Niveau.