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TAUNUSREITER
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Update April 2019 |
Wenig bekannte ZITATE zur REITEREI
Anfang einer kleinen Sammlung - Wird erweitert und
fortgesetzt !
Gustav
Steinbrecht
in
STEINBRECHT, Gustav: Das Gymnasium des Pferdes (Georgi, 16. Aufl.
1995)
Der Deutsche
Reitmeister Gustav
STEINBRECHT,
dem typischen Reiter (wenn überhaupt) eher als Fachmann für
Dressur bekannt - und seine Meinung welches Geläuf ein
Reiter zum Wohle seines Pferdes zu suchen habe
"Pflicht des verständigen Bereiters und jeden Pferdefreunds ist,
stets das günstigste Reitgelände
aufzusuchen. Man scheue keine Mühe und Arbeit (...) und setze sich
auch gern der Gefahr der Pfändung
aus, wenn man statt der harten, trockenen Chaussee (=Fahrweg)
einen guten Feldweg benutzen kann.
Ein Reiter, der aus Gleichgültigkeit oder eigenen Bequemlichkeit
sein Pferd auf schlechten Wegen unnütz ermüdet oder gar zu schanden
reitet (...) ist kein echter Pferdefreund und verdient kein edles,
gutgerittenes Pferd (d.h. überhaupt kein Pferd!) zu
besteigen!"
Zur
Rangfolge der reiterlichen Hilfen (Treibende und verhaltende
Hilfen):
"'Vorwärts ist die Losung in der
Reitkunst, wie im ganzen
Weltall. Es müssen daher daher dem Reiter mehr Mittel zum
Vorwärtstreiben, als zum Verhalten zu Gebote stehen (S.19)"
Zum Thema:
"GUTE HAND"
"Wir hören oft
behaupten, daß jemand nicht besonders reite, aber eine sehr
gute Hand habe, oder umgekehrt, daß er ein sehr guter Reiter
sei, aber einen Fehler besitze, nämlich eine zu harte Hand.
Dies ist ein offenbarer Widerspruch, denn wer als Reiter eine
wirklich gute Hand besitzt, ist ein Meister der Reitkunst,
wenn er auch durch seine Haltung und sein Benehmen zu Pferde
dem Laien auch so sehr als mangelhafter
Reiter erscheinen
mag, wohingegen ein Reiter mit einer wirklich schlechten Hand
niemals im wahren Sinne des Wortes ein Reiter sein kann, mag
er auch durch Festigkeit des Sitzes, Schneid und Eleganz der
Erscheinung noch so sehr bestechen, weil sein Fehler nur aus Mangel an
Gefühl und Verständnis
für das Pferd hervorgehen kann (S.21)"
Über alle
Sorten von Hilfszügeln (ausgenommen am Kappzaum):
"Alle toten
Vorrichtungen und Hilfszügel, also solche, die durch
Festhalten oder -schnallen eine gleichförmige Wirkung äußern,
schaden ohne Ausnahme mehr als sie nützen, da sie sämtlich das
Maul des Pferdes verderben, denn die Einwirkungen durch
das Gebiß können nur von der lebenden und feinfühlenden Hand
des Reiters richtig abgewogen werden. (S.91)"
Zum Endzweck
der Pferdeausbildung:
"Es ist ein kleineres Verdienst, ein gut gebautes, junges
Pferd zu einem vorzüglichen Kampagne-
oder Schulpferd (=Gebrauchs-/Freizeitreitpferd oder Dressurpferd)
heranzubilden, als ein schwachses, unregelmäßig geformtes, wenn
auch nur bedingt, brauchbar zu machen (...)
Was die Natur dem Pferde versagt hat, kann der
Reiter ihm mit aller Geschicklichkeit nicht geben, und dies
vergessen so viele und begehen infolge davon, oder weil sie aus
Mangel an Erfahrung ihre Pferde verkennen, so grobe Fehler. Es ist
oft sehr schwer, begabte Pferde von wirklich mangelhaften zu
unterscheiden (...)"
"Es ist daher mehr Grund
vorhanden, über Mangel an
verständigen und geschickten Reitern, als über die Pferde
Klage zu führen (S.57f)"
"Wenn man viele Reiter sieht, deren
Pferde zwar alles mögliche gehen,
aber durch totes Maul und schlaffe Bewegungen einen so traurigen, lebensmüden Eindruck machen,
so liegt das nur daran, daß den armen Tieren durch unvernünftige
Überbürdung das Herz gebrochen ist, und jeder Freund des edlen
Pferdes wird weit mehr denjenigen
Reitern Anerkennung zollen, deren Pferde nur natürliche Gänge, dabei
aber Kraft und Eifer
zeigen, sowie ein freundliches, munteres Gesicht machen (S. 235)"
"Der Reiter sei daher
bemüht, sich durch Belehrung und namentlich durch Selbstübung eine
sichere Beurteilung des rohen Pferdes vermittelst des Auges und
des Gefühls anzueignen, damit er sich nicht im Alter mit Bedauern
den Vorwurf machen muß, manch gutes Pferd ruiniert und sich oder
anderen dadurch großen Verlust zugefügt zu haben, der Sünde nicht
zu gedenken, die darin liegt, ein so nützliches und edles Geschöpf
zwecklos zu verkrüppeln (S.59)"
Über Pferderassen:
"In unserem Trakehner Gestütspferd besitzen wir (...) nächst (=nach) dem Araber, das beste Gebrauchsreitpferd der
Welt (S.57)"
Über
Widersetzlichkeiten und den Charakter des Pferdes
"Das edle Pferd ist ein kluges und mutiges Geschöpf,
das sich gegen absichtliche Tyrannei
oft bis zur Aufopferung
seiner Gesundheit und Kräfte verteidigt, dagegen dem
gerechten Herrn ein treuer Freund und Diener ist, dem es willig
beides opfert, wenn die Umstände es verlangen (S.77)"
Welche
sonstigen Voraussetzungen muß ein guter Reiter charakterlich
mitbringen, um Pferde gut zu korrigieren oder auszubilden ?
"Wer wirklich ein
Meister der Reitkunst werden will, muß deshalb neben vielen
anderen guten Gaben auch vor allem so veranlagt sein, daß ihm
schon die Bekämpfung von Schwierigkeiten an sich Vergnügen macht und seine Stimmung dadurch nicht nur nicht
getrübt, sondern sogar gehoben wird.
(!)"
"Üble Laune, Verbissenheit,
Ungeduld, mangelnde Selbstbeherrschung machen jeden wirklichen
Fortschritt in der Dressur (=Pferdeausbildung) unmöglich"
"Fortschritte macht Dein Pferd
nur, wenn Du auf gutem Fuße mit ihm stehst. Selbst wenn Du
seine schlechten Neigungen, sein natürliches Widerstreben
bekämpfst, muß Dein Umgang mit ihm stets von einer wohlwollenden
Gemütlichkeit angehaucht
sein (S.225)"
Steinbrecht zur PFERDEAUSBILDUNG
ALLGEMEIN
Anreiten:
"Zunächst handelt es sich darum,
die Schubkraft und damit die Gehlust des Pferdes in seiner natürlichen
Richtung entwickeln.
Jedes rohe Pferd wird unter dem Reiter verhaltener und gebundener
treten als an der Hand... Diese künstliche Anspannung der Muskeln
(..) hindert die freie Bewegung der Glieder, ist aber
nichtsdestoweniger die Folge eines instinktmäßig befolgten
Naturgesetzes. Wie der Lastträger die schwere Last nicht mit
durchgebogenem, sondern mit gekrümmten Rücken ohne Gefahr für
seine Gesundheit tragen kann, weil eine gewölbte Stütze besser
trägt als eine gerade, so wird das Pferd die ungewohnte Last
zunächst mit krummen Rücken aufnehmen, bis sie ihm durch Übung und
Gewohnheit keine Last mehr ist (S. 69)"
Die
"künstliche Richtung des Pferdes" (meint: Dressur-Grundschulung) (S.
72)
"Unter diesem Vorwärtsreiten
verstehe ich nicht ein
Vorwärtsreiten in möglichst eiligen und gestreckten Gängen,
sondern vielmehr die Sorge des Reiters, bei allen Übungen die
Schubkraft der Hinterbeine in Tätigkeit zu erhalten,
dergestalt, daß nicht nur bei den Lektionen auf der Stelle,
sondern sogar bei Rückwärtsbewegungen das Vorwärts, nämlich das Bestreben die Last
vorwärts zu bewegen, in Wirksamkeit bleibt. Man befähige das
Pferd daher durch Übung, seine Schubkraft durch Belastung bis zum Äußersten zu beschränken,
man unterdrücke sie niemals durch Überlastung...
Durch außer-acht-lassen dieser
beiden goldenen Regeln aus Unkenntnis oder Nachlässigkeit
entstehen bei der Dressur alle Fehler, die das Pferd
widersetzlich machen und oft sogar zugrunde richten. Der
Anhänger der natürlichen Richtung, der sein Pferd meist in freien Gangarten und auf
geraden Linien gebraucht, fehlt selten gegen diese Regeln... Der Bereiter
(Dressurreiter, FM) dagegen hat in dieser Beziehung von
vornherein eine schwere Aufgabe, da er sein Pferd in einem
begrenzten Raum (der Bahn, FM) arbeitet und fortwährend zum
Wenden, also zum künstlichen Vorrichten der Vorhand gezwungen
ist...
Der Reiter soll .. nicht mit
der Hand die Hinterhand zu belasten suchen, sondern durch
vortreibende Hilfen die Hinterbeine veranlassen, mehr unter die
Gewichtsmasse zu treten und sich dadurch zu belasten... Gegen
diese Regel wird vielfach gefehlt, namentlich von allen Reitern,
die wegen zu steifer Körperhaltung tote Schenkel haben und deshalb stets geneigt
sind, diesen Mangel durch verdoppelte Tätigkeit der Hand zu
ersetzen. Indem bei ihnen die nicht genügend angeregten
Hinterschenkel nicht weit genug unter die Last treten, um dadurch wirklich gebogen zu werden
(!), hat die Tätigkeit ihrer Hand weiter keinen Erfolg, als daß
sie dadurch den Gang ihres Pferdes stören und sich damit des
einzigen Mittels zur Erreichen des angestrebten Zieles berauben,
denn die Schubkraft kann nicht geregelt werden, wenn keine
vorhanden ist, und das Pferd kann nicht richtig gehen lernen
wenn es nicht geht. (!) (S.75)"
Rücken
"Man biege daher das
weiche, von Natur mit schlaffer Muskulatur ausgestattete
Pferd nur in freien oder jedenfalls sehr entschlossenen
Gangarten, damit es infolge der hierdurch erzeugten
Anspannung der Streckmuskeln gehindert wird, seiner
natürlichen Neigung zum Verbiegen zu folgen. Umgekehrt wird
man das von Natur aus straffe und sich infolgedessen
steifende Pferd im freien Gang erst dann beherrschen können,
wenn es gelungen ist, durch seitliche Biegearbeit in
gemäßigten Gangarten und Tempos die das Steifen
verursachende Spannung der Muskeln zu beseitigen. (S.81)...
Bevor der Reiter jedoch an
irgendeine Bearbeitung des Rückgrats denken kann, muß das
Pferd die durch die ungewohnte Belastung hervorgerufene
Spannung im Rücken aufgegeben haben, was sich dadurch
bemerkbar macht, daß es unter dem Reiter seine natürlichen
Gang wiederfindet. Die Spannung kann sich verschieden
äußern, und zwar darin, daß das Pferd den Rücken dabei
entweder einzieht oder krampfhaft aufwölbt, was beides (!) eine richtige
Rückentätigkeit verhindert. Die erste Erscheinung wird sich
namentlich bei solchen Pferden zeigen, die einen sehr langen
Rücken haben, wohingegen die umgekehrte Bauart meist die
entgegengesetzte Erscheinung, den zu stark aufgewölbten
Rücken zur Folge hat. (S.113)...
Die richtige, wohl
begründete Rippenbiegung erkennt der Reiter sogleich an
seinem sicheren, bequemen Sitz mit leichtem, natürlichen Hang
nach innen, den ihm das Pferd durch die Abspannung (!) seiner
Muskeln von selbst geben muß.. Die Annehmlichkeiten im Sitz
entspringen aus dem durch richtige Rippenbiegung stets
bedingten elastischen Arbeiten des inwendigen Hinterbeines,
das dadurch mehr
unter die Gewichtsmasse
geschoben wird...
Ist das Rückgrat des
Pferdes durch seitliche Biegearbeit gelöst und biegsam
gemacht worden und der Reiter dadurch imstande, sich das
Pferd jederzeit geradegerichtet zu halten, so wird damit
auch die zwanglos federnde Tätigkeit des Rückens wesentlich
gefördert sein. Der von den Hinterbeinen
erzeugte Schwung kann
nunmehr ungehindert durch Rücken und Hals hindurch bis zu
Genick und Maul
gelangen und veranlaßt das
Pferd, das Genick herzugeben und am Gebiß zu kauen. Damit
werden Vorder- und Hinterhand in Verbindung gebracht und der
Reiter ist nunmehr in der Lage, sowohl durch lebhafte
Schenkelhilfen die Hinterbeine zu kraftvollen Abfedern zu
bringen und den dadurch erhöhten Schwung durch Rücken und Hals nach vorne
fluten zu lassen, als auch wieder durch Arrets und
Zurückverlegen seines Gewichts einen Teil jenes Schwunges
durch den ganzen Pferdekörper hindurch nach rückwärts
zurückzuleiten und dadurch nicht nur die federnde Tätigkeit
des Rückens, sondern auch der Hinterbeine zu steigern (!).
(S.117f)
Wir finden Pferde mit
tiefem Rücken und langer Lende, die in ihren Leistungen
gegen gut gebaute nicht zurückstehen, weil sie durch Energie
oder besondere Vorzüge ihrer Hanke jene Mängel ausgleichen,
sofern (!) der Reiter es nur versteht, die schwachen Teile
zu schonen und die stärkeren dafür mehr arbeiten zu lassen..
Den
richtigen Maßstab für die Beschaffenheit des Rückens gibt
uns nur die Ausdauer, mit der er höhere Gewichte zu tragen
und fortzubewegen vermag (!)...
Aus diesen Gründen ist es
für den Bereiter besonders wichtig, die wahre Beschaffenheit
des Rückens zu ermitteln und dadurch die Richtung der
Vorhand, seinen eigenen Sitz und das Tempo der Gangarten
richtig zu wählen (!)... S.119f
Der Rückenzwang ist häufig
die Ursache, daß unerfahrene Reiter ihre Pferde falsch
beurteilen und daher auch falsch arbeiten. Sie halten oft
dem weichen und schwachen Rücken, wenn sie durch ihn
tüchtig aus dem Sattel geprellt werden, solange er durch die
Spannung der Muskeln gewölbt ist, für kräftig und belasten ihn zu stark...
(S.122)
Ein weicher
Rücken kann durch kräftige Hinterschenkel teilweise
unschädlich gemacht werden - ein starrer Rücken wird, wenn
er mit einer kräftigen Hinterhand verbunden ist,
gleichzeitig mit dieser biegsam werden, in Verbindung mit
schwachen Hanken aber wird er unbezwingbar sein, da er diese
eher zugrunde richtet als nachgibt. (S.123)... "
(Gegen die - heute
wieder sehr landläufige - Vorstellung, das Pferd müsse zum
"Aufwölben" des Rücken bewegt werden wendet sich noch
stärker Spohr und bezeichnet dies in der "Logischen
Reitkunst" ausdrücklich als Irrtum. Mit aufgewölbtem Rücken
kann das Pferd in Schritt und Trab nicht vorwärts gehen.
Vielmehr findet ein wechselndes Auf- und Abspannen des
rechten und linken
Rückenmuskels statt, das
im Interesse der vollen Hergabe des Rückens gleichermaßen
und nicht einseitig gefördert werden muss)
Schwäche
"Groß ..können die Hindernisse
sein. die dem Bereiter duch mangelhaften Bau dieser
Gliedmaßen entgegentreten. Sie entspringen entweder aus
mangelhafter Winkelstellung, aus mangelhaftem Verhältnis der
einzelnen Teile untereinander, oder aus Schwäche.
Ist die Schwäche Folge einer im Allgemeinen schlaffen Textur des
gesamten Organismus, so vermag die menschliche Kunst nichts
dagegen zu tun, denn sie kann aus einem Feldstein keinen
Diamanten schaffen. Ist sie aber nur Folge der Jugend, der
schlechten Ernährung oder der Untätigkeit, so vermag eine
allmähliche, wohl abgemessene Übung unendlich viel dagegen. Sind
die Hinterschenkel in der Bildung ihrer Knochen und Gelenke
offenbar zu schwach im Verhältnis zum übrigen Körper, so gehört ein solches Pferd ins
Geschirr (=darf nicht geritten werden)... (S. 125) "
Sprunggelenk:
"So weise es die Natur auch für
seine Tätigkeit gebaut hat, so leidet es unter dem Reiter bei
falschem Gebrauch doch am meisten..
Dies erklärt sich sehr leicht
dadurch, daß es bei allen stärkeren Biegungen und Anstrengungen
des Hinterschenkels die Arbeir allein zu leisten hat, wenn die
oberen, stärkeren Gelenken nicht zur richtigen Mitwirkung
angehalten werden. Die Reiter, die der natürlichen Richtung
huldigen, werden daher (..) bei ungünstiger Winkelung die
Sprunggelenke der Hinterbeie zugrunde richten, wenn sie ihre
Pferde zuviel galoppieren und
springen lassen. Die Anhänger der künstlichen Richtung werden
ebenfalls vor allem das Sprunggelenk schädigen, sofern sie durch
vorzeitige Belastung oder Überlastung der Hinterhand bei ihrer
Arbeit Fehler machen.. (S.130)"
Anmerkungen zum Steinbrecht
Steinbrecht hat sein Buch nicht selbst (fertig) geschrieben. Die
zweite (schlechtere) Hälfte stammt von Paul Plinzner, der auch die
zeitgenössische Kritik hierfür abbekommen hat. Später haben noch
H.v.Heydebreck und viele andere an dem Buch herumgedoktert, immer
nach der Devise "Vorne halten, hinten treiben" den Wortlaut
geändert, und Anmerkungen verfasst. Ich denke dass Steinbrecht dies
so nicht gewollt hätte. Man muss es mit viel Vorbehalt (und am
besten die unkommentierte Originalausgabe von 1885) lesen.
Peter
Spohr
PETER SPOHR (Oberst der Artillerie a.D.) ist in manchen Dingen mit
Steinbrecht - dessen
Anweisungen im I. Teil des Buches (wahrscheinlich von ihm selbst
geschrieben) zum Sitz und zur Hilfengebung im heutigen Zeitalter
der "Kraftreiterei" als ungewohnt milde, einfühlsam und sensibel
gelten - nicht einverstanden, und kritisiert ihn (bzw.
Plinzner) als Erfinder der "unbedingten Beizäumung" und des
Von-Vorne-nach-Hinten-Reitens. Nicht einmal für den Soldaten,
dessen kurze Dienstzeit kein langwieriges Reitenlernen und keine
ausgefeilte Dressur zulässt, sei diese Methode zu gebrauchen. Fest
auf dem Boden der preußischen Reitinstruktion stehend, hat er
dennoch zu unzähligen Detailfragen eine eigene, stets gut
begründete Meinung.
Über das "Prinzip der Übereinstimmung der
Hifen" und "Aussetzen der Hilfen" (Zügel ohne Bein, Bein ohne
Zügel) (Logik der Reitkunst, Teil II, S.24)
Ein völlig durch- und
gehorsamgerittenes Pferd muss auf Zügel- und Schnenkel-Hilfen
bei passivem Verhalten des Reiters im Sitz, es muss auf Zügel-
und Gesäss-Hilfen bei passiven Schenkeln, ja es muss ohne
Zügel auf Sitz- und Schenkel-Hilfen allein gehen und
sich tummeln lassen.
Die höchsten Leistungen sowohl in Bezug auf Schnelligkeit, wie
auf Kürze der Bewegungen (Tummeln auf der Stelle) wird
allerdings auch das bestgerittene Pferd nur auf die in sich
übereinstimmenden Hilfen von Zügeln, Sitz und Schenkeln
hergeben."
Über den Sitz des Reiters in der Ausbildung und Korrektur des
Pferdes (Logik, Teil III, S.50)
„Wesentlich
ist
beim
Zureiten und Korrigieren des Pferdes, dass der Reiter auch durch die
Art seiner Sattelbelastung alle Leistungen des Pferdes erleichtert
und unterstützt. Wenn daher bei einem annähernd normal gebauten
Pferde die gleichmäßige Belastung des Sitzdreiecks bei den Gängen
auf gerader Linie genügt, so muß z.B. bei überbauten oder
lendenschwachen Pferden das Gewicht vorwiegend auf die Spalte
(Spitze des Sitzdreiecks) verlegt werden, um die Tragfähigkeit der
Hinterhand und das Untersetzen der Hinterbeine zu erleichtern. (...)
Daher ergibt sich dass auch beim normal gebauten Pferde ein leicht
vornübergebeugter Spaltsitz dann am Platze ist, wenn es vorzugsweise
im Untertreten und im Hankengebrauch geübt werden soll. Die
Hankengelenke vorzugsweise oder gar von Hause aus durch starkes
Niedersitzen auf die Gesäßknochen biegen zu wollen ist ein großer
Fehler“
Über die
Funktion der Bauchmuskeln und deren Zusammenspiel mit den
Rückenmuskeln (Logik, I. S.34)
„Überhaupt sind die
Bauchmuskeln als Antagonisten (d.h.
Gegenspieler) der Rückenstrecker anzusehen, indem sie durch ihre
Zusammenziehung den Rücken
aufwölben und das Untersetzen der Hinterbeine befördern,
während sie bei Streckbewegungen des Rückens und der
Hinterbeine (d.h. einen Bewegungsmoment später) nachlassen müssen." [meine Hervorhebung und Erläuterung in
()]
Über das
"Aufwölben des Rückens" (Logik I, S.53)
„Es muss aber hierbei betont werden, dass bei allen Gangarten,
wo das Untertreten und Abschieben der Hinterbeine abwechselnd
erfolgt, also bei allen Schritt- und Trabarten (worunter Spohr auch
Piaffe, Passage u.ä. Gänge zusammenfasst), die infolge des
Untersetzens eintretende Aufwölbung
und Verkürzung der
einen Rücken- und Rippenseite mit der Streckung, Dehnung und Senkung der andern Seite zusammentrifft. Die
Rückenwirbelsäule verbleibt daher, auf beiden Seiten in entgegengesetzter, bei
regelmässigen Gängen sich völlig
ausgleichender Weise beeinflusst, in ihrer geraden Hauptrichtung.
Abweichungen von dieser können nur durch ungleichen Muskelgebrauch eintreten. Die
Rückenwirbelsäule kann nach oben gewölbt werden, wenn die Streckbewegung, sie kann nach
unten durchgedrückt werden, wenn das Unterschieben mangelhaft erolgt (...)"
sowie Logik II, S.22 (Über die
Sitzhilfen)
„Auf den Irrtum, im
Schritt und Trabe, wo doch immer nur ein Hinterbein im Untertreten,
das andere im Abschieben begriffen ist, von einer Aufwölbung des Rückens im Ganzen,
also auch der Rückenwirbelbrücke(=säule) zu reden, habe ich im
Teil I, S.48-54 aufmerksam gemacht und nachgewiesen, dass die
Rückenwirbelbrücke dabei gerade gerichtet bleibt. Auch ist dort
(S.83) ausgeführt, dass nur im Galopp von einem Auf- und Abwölbens
des gesamten Rückens (...) die Rede sein kann."
[Hervorhebungen des Autors im Original gesperrt und Fettdruck,
meine Erläuterung in ()]
Über die Intelligenz beim Pferd (Logik III,
S.5)
„Das Pferd ist ein geistig hochstehendes Tier,
dessen Intelligenz sich umso mehr entwickelt, je mehr der Mensch
es seines Umgangs würdigt. Wenn man bei uns des Pferdes
Intelligenz meist als die des Hundes nachstehend erachtet, so ist
das lediglich eine Folge des Umstandes, dass wir das Pferd in den
Stall verwiesen haben und diesen verhältnismässig selten besuchen,
während der Hund mit uns die Stube teilt und in dem Grad
intelligenter wird, je mehr er infolgedessen auch eines intimeren
Verkehrs von seinem Herrn gewürdigt wird.
Wo das Pferd, wie bei den nomadisierenden Arabern, mit seinem
Herrn und dessen Familie im selben Zelt zusammenwohnt, Tag und
Nacht mit ihnen verkehrt, zeigt es genau die geistige
Aufgewecktheit des Haushundes."
"Was man nicht erklären kann, das sehe ich als Nonsens an"
weiteres zu Peter
Spohr
Über den allgemeinen Umgang mit dem Pferd, über "Dominanz" und
"Respekt" (Logik III) :
Nur wer des Pferdes
bester Freund ist, wird es auch zu seinem besten Freunde
machen können.
Praktisch ergeben sich dazu einige wichtige Regeln:
- Beschäftige dich möglichst
viel und freundlich
mit deinem Pferde.
- Begrüße es freundlich und scheide freundlich von ihm.
- Was das Tier noch nicht leisten kann und noch nicht
leicht und freundlich leistet, das verlege nie an das Ende der Lehrstunde!
Diese schließe stets mit
sicher Gekonntem, mit
freudig Geleistetem, damit Gelegenheit zu Lob und
Gunstbezeugung sei!
- Strafe, wenn Strafe sein muss, mit Ernst, unter Umständen
mit Strenge, niemals im Zorn
oder mit aufbrausender Heftigkeit! Und der Strafe folge stets die Versöhnung!
- Wenn es nicht gelingt, das Gewollte zu erreichen und der
Moment des Scheidens naht, dann fordere man eine andere, der
nicht erreichten möglichst nahestehende Leistung, deren man
sicher ist, um durch sie Gelegenheit zu erhalten, als Freund
von dem Tier zu scheiden, mit Lob und Belohnung die Lehrstunde
zu schließen.
- Dulde keine
unfreundliche Behandlung des Tieres von seiten anderer, am
wenigsten von seinem Wärter!
(praktischer
Tierarzt,
Reiter
und Pferdeverhaltensforscher)
Über den "Adel" beim Pferd
"Ein anderes, hieraus abzuleitendes Prädikat des Edlen
ist der Fleiß. Auch die beste körperliche
Veranlagung ist wenig wert, wenn sie mit Trägheit verbunden ist.
Schnelligkeit nützt nicht viel, wenn sie nur mühsam aus einem
Lebewesen herausgeholt werden kann, wenn sie nicht willig
angeboten wird. Das faule Tier kann niemals als edel gelten,
selbst wenn es mit Sporn und Peitsche getrieben große
Schnelligkeit entwickeln sollte. Fleiß und guter Wille gehören
demnach zum Begriff des Edlen. Aus diesem Grund muß mancher
fleißige, unermüdliche Kaltblüter für edler gelten als ein fauler
Warmblüter"